Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.Sir Reynolds und Angelika Kauffmann von der Kaiserin in Thätigkeit gesetzt, eine Sir Reynolds und Angelika Kauffmann von der Kaiserin in Thätigkeit gesetzt, eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0159" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189254"/> <p xml:id="ID_505" prev="#ID_504" next="#ID_506"> Sir Reynolds und Angelika Kauffmann von der Kaiserin in Thätigkeit gesetzt, eine<lb/> Förderung, die Dank dem Zeitgeschmäcke nur dem graziösen Mittelgute zu nutze<lb/> kam. Glückliche Zufälle, die selbst bei den ungemessenen Mitteln solcher Sammler<lb/> in dieser Angelegenheit das Beste thun müssen, machten es dem Kaiser Alexander<lb/> dem Ersten möglich, die schon sehr stattliche Gallerie aufs glänzendste zu bereichern,<lb/> und zwar gerade nach der Seite hin, wo sie noch mangelhaft war. Er brachte<lb/> unter anderem die kleine kostbare Sammlung der Kaiserin Josephine zu Malmaison<lb/> an sich, welche ihren Ursprung zum großen Theil aus dem kasscler Cabinet her¬<lb/> leitete. Die Perlen derselben waren außer etlichen Mcisterarbcitcn von Teniers, Ter-<lb/> burg, G. Dow, Metsü, Potter, Berchem ze., namentlich eine Reihe schöner Italiener<lb/> und Claude Lorrains bewunderte vier Jahreszeiten. Ergänzend gesellten sich unter<lb/> Kaiser Nikolaus hierzu die Bilder aus der Hinterlassenschaft der Herzogin von Saint-<lb/> Lcu, (der weiland Königin Hortcnse). Es waren meist vortreffliche Italiener, die<lb/> bald durch Zulauf der Sammlung des „Friedensfürsten" eine mehr zahlreiche als<lb/> ansehnliche Gesellschaft aus der Zeit der sinkenden Italienischen Kunst erhielten. Ferner<lb/> aber wurde von dem Dänen Coeöweldt Rafaels „heilige Familie ans dem Hause<lb/> Alba" angekauft neben verschiedenen andern guten Sachen. Mit der Gallerie<lb/> Barbnrigo aus Venedig fanden dann auch mehre schöne Tizians ihre Unterkunft an<lb/> der Newa, und bedeutende Ergänzungen in allen Malerschulen wuchsen der Eremitage<lb/> aus der Versteigerung der Hinterlassenschaft des Marschalls Soult und des Königs<lb/> der Niederlande zu. Zu gleicher Zeit bereicherte das Vermächtniß des Fürsten<lb/> Tatistchcff die kaiserliche Sammlung um viele gute Bilder. Dem Kaiser Nikolaus<lb/> verdankt dieselbe — was sehr zu betonen ist — ihre Vereinigung in Petersburg.<lb/> Während die Kunstschätze bis dahin in den einzelnen Palästen fast über das ganze<lb/> Reich hin verstreut waren, wurde seit 1840 eine gemeinschaftliche Stätte aus der<lb/> Stelle der alten Eremitage errichtet. Das Bauwerk, von Leo v. Klenze ausgeführt,<lb/> findet im Eingänge eine kurze Kritik, die sicherlich ohne Bedenken unterschrieben<lb/> werden kann. Die Aufgabe für die Architekten war wenig beneidenswerth. Das<lb/> Museum sollte neben den kaiserlichen Palast zu stehen kommen, welcher in reichen<lb/> Barockstil ausgeführt ist, und sollte mit diesem wo möglich harmoniren, da die weitere<lb/> Umgebung des Ortes gleichfalls stilvcrwandt ist. Da der Kaiser dem Künstler jedoch<lb/> freie Hand ließ, so scheint derselbe in der Meinung, daß dies absolut unmöglich<lb/> sei, sich von der Ansicht haben leiten lassen, man könne ganz Heterogenes neben¬<lb/> einander besser ertragen als zwei Erscheinungen, welche nur eine erzwungene Aehn-<lb/> lichkeit zeigten: ein ästhetisches Axiom, welches unter verzweifelten Gegebenheiten eine<lb/> gewisse Richtigkeit haben mag. Klenze war in dieser Beziehung sehr abgehärtet;<lb/> kam er doch von München; und so wird die Leidenschaft, griechisch zu bauen, seine<lb/> etwaigen Scrupel nicht allzuschwer überwunden haben. Daß jedoch das ganze<lb/> Gebäude mit seinen classischen Verhältnissen, welche allerdings einigem russv-asiatischen<lb/> Prunkbeiwcrke sich gefügt zu haben scheinen, an jener Stelle den Eindruck einer<lb/> exotischen Pflanze macht, glauben wir Herrn Waagen aufs Wort. Einsichtige<lb/> werden auch darin mit ihm übereinstimmen, daß an jenem Platze nur ein Nenaissancc-<lb/> gcbüude hätte stehen dürfen. Nicht blos, weil die Renaissance in der That die<lb/> verträglichste Stilgattuug ist, sondern weil hier, wo es galt, einen ernsten und<lb/> großartigen Bau neben kolossale barocke Massen zu setzen, die Frührenaissance ü, 1a.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0159]
Sir Reynolds und Angelika Kauffmann von der Kaiserin in Thätigkeit gesetzt, eine
Förderung, die Dank dem Zeitgeschmäcke nur dem graziösen Mittelgute zu nutze
kam. Glückliche Zufälle, die selbst bei den ungemessenen Mitteln solcher Sammler
in dieser Angelegenheit das Beste thun müssen, machten es dem Kaiser Alexander
dem Ersten möglich, die schon sehr stattliche Gallerie aufs glänzendste zu bereichern,
und zwar gerade nach der Seite hin, wo sie noch mangelhaft war. Er brachte
unter anderem die kleine kostbare Sammlung der Kaiserin Josephine zu Malmaison
an sich, welche ihren Ursprung zum großen Theil aus dem kasscler Cabinet her¬
leitete. Die Perlen derselben waren außer etlichen Mcisterarbcitcn von Teniers, Ter-
burg, G. Dow, Metsü, Potter, Berchem ze., namentlich eine Reihe schöner Italiener
und Claude Lorrains bewunderte vier Jahreszeiten. Ergänzend gesellten sich unter
Kaiser Nikolaus hierzu die Bilder aus der Hinterlassenschaft der Herzogin von Saint-
Lcu, (der weiland Königin Hortcnse). Es waren meist vortreffliche Italiener, die
bald durch Zulauf der Sammlung des „Friedensfürsten" eine mehr zahlreiche als
ansehnliche Gesellschaft aus der Zeit der sinkenden Italienischen Kunst erhielten. Ferner
aber wurde von dem Dänen Coeöweldt Rafaels „heilige Familie ans dem Hause
Alba" angekauft neben verschiedenen andern guten Sachen. Mit der Gallerie
Barbnrigo aus Venedig fanden dann auch mehre schöne Tizians ihre Unterkunft an
der Newa, und bedeutende Ergänzungen in allen Malerschulen wuchsen der Eremitage
aus der Versteigerung der Hinterlassenschaft des Marschalls Soult und des Königs
der Niederlande zu. Zu gleicher Zeit bereicherte das Vermächtniß des Fürsten
Tatistchcff die kaiserliche Sammlung um viele gute Bilder. Dem Kaiser Nikolaus
verdankt dieselbe — was sehr zu betonen ist — ihre Vereinigung in Petersburg.
Während die Kunstschätze bis dahin in den einzelnen Palästen fast über das ganze
Reich hin verstreut waren, wurde seit 1840 eine gemeinschaftliche Stätte aus der
Stelle der alten Eremitage errichtet. Das Bauwerk, von Leo v. Klenze ausgeführt,
findet im Eingänge eine kurze Kritik, die sicherlich ohne Bedenken unterschrieben
werden kann. Die Aufgabe für die Architekten war wenig beneidenswerth. Das
Museum sollte neben den kaiserlichen Palast zu stehen kommen, welcher in reichen
Barockstil ausgeführt ist, und sollte mit diesem wo möglich harmoniren, da die weitere
Umgebung des Ortes gleichfalls stilvcrwandt ist. Da der Kaiser dem Künstler jedoch
freie Hand ließ, so scheint derselbe in der Meinung, daß dies absolut unmöglich
sei, sich von der Ansicht haben leiten lassen, man könne ganz Heterogenes neben¬
einander besser ertragen als zwei Erscheinungen, welche nur eine erzwungene Aehn-
lichkeit zeigten: ein ästhetisches Axiom, welches unter verzweifelten Gegebenheiten eine
gewisse Richtigkeit haben mag. Klenze war in dieser Beziehung sehr abgehärtet;
kam er doch von München; und so wird die Leidenschaft, griechisch zu bauen, seine
etwaigen Scrupel nicht allzuschwer überwunden haben. Daß jedoch das ganze
Gebäude mit seinen classischen Verhältnissen, welche allerdings einigem russv-asiatischen
Prunkbeiwcrke sich gefügt zu haben scheinen, an jener Stelle den Eindruck einer
exotischen Pflanze macht, glauben wir Herrn Waagen aufs Wort. Einsichtige
werden auch darin mit ihm übereinstimmen, daß an jenem Platze nur ein Nenaissancc-
gcbüude hätte stehen dürfen. Nicht blos, weil die Renaissance in der That die
verträglichste Stilgattuug ist, sondern weil hier, wo es galt, einen ernsten und
großartigen Bau neben kolossale barocke Massen zu setzen, die Frührenaissance ü, 1a.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |