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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Schützenlinie, sondern vor derselben und zeigten ihr den Weg den gegenüber¬
liegenden Berg hinauf.

"Prächtige Kerle diese spanischen Soldaten!" ruft General Goeben aus.
"In vollem Lauf -- das Gepäck war im Lager zurückgeblieben -- stürmte
die ganze Guerillalinie hinter den fliehenden und im Fliehen immer wieder
ladenden und feuernder Marokkanern der über Steingeröll und Felsblöcke weg
und durch das dichte Ginstergestrüpp hindurch, alle Hornisten das elektnsirende
Attake! blasend und Alles unaufhörlich g.ä<zliiirtcz! (vorwärts!) rufend, bis oben
auf die Höhe hinauf, von der die Feinde links hin nach dem, in einer Einsen-
kung aus dem Kranz seiner grünen Gärten schneeweiß hervorleuchtenden Samsa
hinabeilten."

Die Bewegung gelang nicht vollständig und der größte Theil der gegen¬
überstehenden Mauren entkam glücklich, da die geschlossenen Bataillone nicht
rasch genug nachkamen. Es wäre um so leichter gewesen die Mehrzahl gefangen
zu nehmen, als die links Ausweichenden eine steile Felswand vor sich fanden
die sie nur mühsam, und sich gegenseitig helfend, aber immer noch ladend und
feuernd, hinaufkletterten.

Es trat wieder eine Pause ein, bis gegen drei Uhr eine allgemeine Vor¬
wärtsbewegung begann, die den Feind vollends von dem jenseitigen Höhen¬
rücken verdrängte, und nun stand die ganze spanische Linie in einer, viele hundert
Fuß tief eingeschnittenen Thalsenkung, vor sich abermals einen Höhenzug, der
aber beträchtlich höher und steiler war. Er war ganz bedeckt mit Tausenden
weißgekleideter Marokkaner, meistens Fußgänger, von denen sich ein Theil auf
dem Abhang eingenistet hatte, und ein lebhaftes Feuer unterhielt, ohne viel zu
treffen; die größere Anzahl aber langsam zum Kamm emporstieg, auf dessen
Rand schon viele standen und saßen, die langen Flinten im Arm, und gegen
den wolkenlosen Himmel in jedem Umriß sichtbar. Die Spanier hatten die
Verfolgung und das Feuer eingestellt, und der Kampf schien zu Ende; denn
schon brach der Abend an.

O'Donnell aber, der jetzt gerade im ruhigen Schritt angeritten kam, be¬
schloß den Feind auch noch aus dieser Stellung zu vertreiben. Er hatte seinen
guten Grund dazu. Die Spanier, die ohne Gepäck, Zelte und ohne Lebens¬
mittel ausgerückt waren, konnten auf dem Schlachtfelde nicht bleiben und mußten
in das Lager zurückkehren. Es war nun zu befürchten, daß die Marokkaner,
sofort dieser Bewegung folgend, sich wieder in der Umgebung des Lagers einnisten
und sich schließlich den Sieg zuschreiben würden. "So gingen wir wieder vor¬
wärts," erzählt Goeben, "und ein malerisch schönes Bild war es, wie die
Felszacken und Kämme im Halbkreis vor uns in den letzten Strahlen der unter¬
gehenden Sonne glühten und auf ihnen die weißen Gestalten der Marokkaner
sich bewegten, jeder Einzelne scharf hervortretend. Ihr wildes Geschrei, wohl


Schützenlinie, sondern vor derselben und zeigten ihr den Weg den gegenüber¬
liegenden Berg hinauf.

„Prächtige Kerle diese spanischen Soldaten!" ruft General Goeben aus.
„In vollem Lauf — das Gepäck war im Lager zurückgeblieben — stürmte
die ganze Guerillalinie hinter den fliehenden und im Fliehen immer wieder
ladenden und feuernder Marokkanern der über Steingeröll und Felsblöcke weg
und durch das dichte Ginstergestrüpp hindurch, alle Hornisten das elektnsirende
Attake! blasend und Alles unaufhörlich g.ä<zliiirtcz! (vorwärts!) rufend, bis oben
auf die Höhe hinauf, von der die Feinde links hin nach dem, in einer Einsen-
kung aus dem Kranz seiner grünen Gärten schneeweiß hervorleuchtenden Samsa
hinabeilten."

Die Bewegung gelang nicht vollständig und der größte Theil der gegen¬
überstehenden Mauren entkam glücklich, da die geschlossenen Bataillone nicht
rasch genug nachkamen. Es wäre um so leichter gewesen die Mehrzahl gefangen
zu nehmen, als die links Ausweichenden eine steile Felswand vor sich fanden
die sie nur mühsam, und sich gegenseitig helfend, aber immer noch ladend und
feuernd, hinaufkletterten.

Es trat wieder eine Pause ein, bis gegen drei Uhr eine allgemeine Vor¬
wärtsbewegung begann, die den Feind vollends von dem jenseitigen Höhen¬
rücken verdrängte, und nun stand die ganze spanische Linie in einer, viele hundert
Fuß tief eingeschnittenen Thalsenkung, vor sich abermals einen Höhenzug, der
aber beträchtlich höher und steiler war. Er war ganz bedeckt mit Tausenden
weißgekleideter Marokkaner, meistens Fußgänger, von denen sich ein Theil auf
dem Abhang eingenistet hatte, und ein lebhaftes Feuer unterhielt, ohne viel zu
treffen; die größere Anzahl aber langsam zum Kamm emporstieg, auf dessen
Rand schon viele standen und saßen, die langen Flinten im Arm, und gegen
den wolkenlosen Himmel in jedem Umriß sichtbar. Die Spanier hatten die
Verfolgung und das Feuer eingestellt, und der Kampf schien zu Ende; denn
schon brach der Abend an.

O'Donnell aber, der jetzt gerade im ruhigen Schritt angeritten kam, be¬
schloß den Feind auch noch aus dieser Stellung zu vertreiben. Er hatte seinen
guten Grund dazu. Die Spanier, die ohne Gepäck, Zelte und ohne Lebens¬
mittel ausgerückt waren, konnten auf dem Schlachtfelde nicht bleiben und mußten
in das Lager zurückkehren. Es war nun zu befürchten, daß die Marokkaner,
sofort dieser Bewegung folgend, sich wieder in der Umgebung des Lagers einnisten
und sich schließlich den Sieg zuschreiben würden. „So gingen wir wieder vor¬
wärts," erzählt Goeben, „und ein malerisch schönes Bild war es, wie die
Felszacken und Kämme im Halbkreis vor uns in den letzten Strahlen der unter¬
gehenden Sonne glühten und auf ihnen die weißen Gestalten der Marokkaner
sich bewegten, jeder Einzelne scharf hervortretend. Ihr wildes Geschrei, wohl


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[0149] Schützenlinie, sondern vor derselben und zeigten ihr den Weg den gegenüber¬ liegenden Berg hinauf. „Prächtige Kerle diese spanischen Soldaten!" ruft General Goeben aus. „In vollem Lauf — das Gepäck war im Lager zurückgeblieben — stürmte die ganze Guerillalinie hinter den fliehenden und im Fliehen immer wieder ladenden und feuernder Marokkanern der über Steingeröll und Felsblöcke weg und durch das dichte Ginstergestrüpp hindurch, alle Hornisten das elektnsirende Attake! blasend und Alles unaufhörlich g.ä<zliiirtcz! (vorwärts!) rufend, bis oben auf die Höhe hinauf, von der die Feinde links hin nach dem, in einer Einsen- kung aus dem Kranz seiner grünen Gärten schneeweiß hervorleuchtenden Samsa hinabeilten." Die Bewegung gelang nicht vollständig und der größte Theil der gegen¬ überstehenden Mauren entkam glücklich, da die geschlossenen Bataillone nicht rasch genug nachkamen. Es wäre um so leichter gewesen die Mehrzahl gefangen zu nehmen, als die links Ausweichenden eine steile Felswand vor sich fanden die sie nur mühsam, und sich gegenseitig helfend, aber immer noch ladend und feuernd, hinaufkletterten. Es trat wieder eine Pause ein, bis gegen drei Uhr eine allgemeine Vor¬ wärtsbewegung begann, die den Feind vollends von dem jenseitigen Höhen¬ rücken verdrängte, und nun stand die ganze spanische Linie in einer, viele hundert Fuß tief eingeschnittenen Thalsenkung, vor sich abermals einen Höhenzug, der aber beträchtlich höher und steiler war. Er war ganz bedeckt mit Tausenden weißgekleideter Marokkaner, meistens Fußgänger, von denen sich ein Theil auf dem Abhang eingenistet hatte, und ein lebhaftes Feuer unterhielt, ohne viel zu treffen; die größere Anzahl aber langsam zum Kamm emporstieg, auf dessen Rand schon viele standen und saßen, die langen Flinten im Arm, und gegen den wolkenlosen Himmel in jedem Umriß sichtbar. Die Spanier hatten die Verfolgung und das Feuer eingestellt, und der Kampf schien zu Ende; denn schon brach der Abend an. O'Donnell aber, der jetzt gerade im ruhigen Schritt angeritten kam, be¬ schloß den Feind auch noch aus dieser Stellung zu vertreiben. Er hatte seinen guten Grund dazu. Die Spanier, die ohne Gepäck, Zelte und ohne Lebens¬ mittel ausgerückt waren, konnten auf dem Schlachtfelde nicht bleiben und mußten in das Lager zurückkehren. Es war nun zu befürchten, daß die Marokkaner, sofort dieser Bewegung folgend, sich wieder in der Umgebung des Lagers einnisten und sich schließlich den Sieg zuschreiben würden. „So gingen wir wieder vor¬ wärts," erzählt Goeben, „und ein malerisch schönes Bild war es, wie die Felszacken und Kämme im Halbkreis vor uns in den letzten Strahlen der unter¬ gehenden Sonne glühten und auf ihnen die weißen Gestalten der Marokkaner sich bewegten, jeder Einzelne scharf hervortretend. Ihr wildes Geschrei, wohl

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/149>, abgerufen am 28.09.2024.