Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

fähigkeit der in übermäßig großer Zahl vorhandenen Offiziere scheint er, un¬
beschadet ihrer persönlichen Tapferkeit, nicht besonders viel zu halten. Daß
an der oberen Leitung mehr auszusetzen war, deutet er mehr an, als daß er
es ausspräche. Seltsam erschien es ihm, daß, während in der Friedensgarnison
in Spanien jeder selbst auf die Wache ziehende Trupp mit Spitze und Seiten¬
patrouille marschirte, als ob er in eine vom Feinde besetzte Stadt rückte, im
Felde, selbst unmittelbar vor dem Feinde, der Sicherheitsdienst bis zum Leicht¬
sinn vernachlässigt wurde.

Die Uniformirung der spanischen Jnfanteristen findet Herr v. Goeben
sehr praktisch. Sie besteht aus einem Poncho genannten Mantelrock, der um
die Taille mit einer Schnur zuzuziehen und mit einem die Schulter bedecken¬
den Mantelkragen versehen ist. Er ist braun, mit rothem Stehkragen, und
wird unter ihm eine gelbe Arbeitsjacke getragen. Die Beinkleider sind hell¬
blau, bei den Jägern aber seltsamerweise roth und weit, und schwarze enge
Gamaschen bekleiden das Bein vom Knie ab. Die Fußbekleidung besteht aus
ungewichsten Schuhen oder aus Sandalen, aus Hanf geflochten und mit bun¬
ten Bändern festgebunden, den sogenannten Alpargatas, die bei trockenem
Wetter ausnehmend praktisch sind. Eine wollene Decke, die Manta genannt,
und ein niedriges Käppi von Filz, nach dem Erfinder General Ros de Olano
der Ros genannt, nicht schön, aber leicht und bequem, vervollständigen den
Anzug des spanischen Jnfanteristen. Außerdem besitzt er noch einen dunkel¬
blauen Ueberrock mit rothem Kragen und rothen umgeschlagenen Rabatten,
der aber nicht mit ins Feld genommen wird, sondern hauptsächlich als Parade-
cmzug dient. Die Bewaffnung bestand während des marokkanischen Feldzuges
nur bei den Jägern aus gezogenen Mimi6büchsen; die Linie hatte noch glatte
Gewehre.

Die Reiterei besteht aus Kürassierer, Ulanen, Jägern und Husaren, doch
hält es schwer, diese Benennungen mit der Uniformirung auszusöhnen. Die
Kürassiere tragen keinen Küraß, sondern einen blauen Rock, dazu einen Helm
von altrömischer Form. Die Jäger sind nicht grün uniformirt, sondern pran¬
gen in einer himmelblauen Husarenjacke und hellrothen Beinkleidern, die UH-
lanen haben statt der polnischen Czapka einen funkelnden Helm auf dem Kopfe.
Die Pferde sind ein guter Schlag und gut gehalten, lauter Hengste. Die
Artillerie, die schon viele gezogene Batterien besitzt, ist nur mit Maulthieren
bespannt.

Die Veranlassung, wslche die beiden eben beschriebenen Heere in kriege¬
rische Conflicte brachte, waren die Reibungen, welche zwischen der spanischen
Besatzung von Ceuta und den das nahe Gebirge bewohnenden Kabylen fort¬
während stattfanden. Lange Zeit waren derartige Differenzen an Ort und
Stelle geschlichtet worden, d. h. man hatte sich so lange hemmgeschossen, bis


Grenjboten III. 1864. 18 -

fähigkeit der in übermäßig großer Zahl vorhandenen Offiziere scheint er, un¬
beschadet ihrer persönlichen Tapferkeit, nicht besonders viel zu halten. Daß
an der oberen Leitung mehr auszusetzen war, deutet er mehr an, als daß er
es ausspräche. Seltsam erschien es ihm, daß, während in der Friedensgarnison
in Spanien jeder selbst auf die Wache ziehende Trupp mit Spitze und Seiten¬
patrouille marschirte, als ob er in eine vom Feinde besetzte Stadt rückte, im
Felde, selbst unmittelbar vor dem Feinde, der Sicherheitsdienst bis zum Leicht¬
sinn vernachlässigt wurde.

Die Uniformirung der spanischen Jnfanteristen findet Herr v. Goeben
sehr praktisch. Sie besteht aus einem Poncho genannten Mantelrock, der um
die Taille mit einer Schnur zuzuziehen und mit einem die Schulter bedecken¬
den Mantelkragen versehen ist. Er ist braun, mit rothem Stehkragen, und
wird unter ihm eine gelbe Arbeitsjacke getragen. Die Beinkleider sind hell¬
blau, bei den Jägern aber seltsamerweise roth und weit, und schwarze enge
Gamaschen bekleiden das Bein vom Knie ab. Die Fußbekleidung besteht aus
ungewichsten Schuhen oder aus Sandalen, aus Hanf geflochten und mit bun¬
ten Bändern festgebunden, den sogenannten Alpargatas, die bei trockenem
Wetter ausnehmend praktisch sind. Eine wollene Decke, die Manta genannt,
und ein niedriges Käppi von Filz, nach dem Erfinder General Ros de Olano
der Ros genannt, nicht schön, aber leicht und bequem, vervollständigen den
Anzug des spanischen Jnfanteristen. Außerdem besitzt er noch einen dunkel¬
blauen Ueberrock mit rothem Kragen und rothen umgeschlagenen Rabatten,
der aber nicht mit ins Feld genommen wird, sondern hauptsächlich als Parade-
cmzug dient. Die Bewaffnung bestand während des marokkanischen Feldzuges
nur bei den Jägern aus gezogenen Mimi6büchsen; die Linie hatte noch glatte
Gewehre.

Die Reiterei besteht aus Kürassierer, Ulanen, Jägern und Husaren, doch
hält es schwer, diese Benennungen mit der Uniformirung auszusöhnen. Die
Kürassiere tragen keinen Küraß, sondern einen blauen Rock, dazu einen Helm
von altrömischer Form. Die Jäger sind nicht grün uniformirt, sondern pran¬
gen in einer himmelblauen Husarenjacke und hellrothen Beinkleidern, die UH-
lanen haben statt der polnischen Czapka einen funkelnden Helm auf dem Kopfe.
Die Pferde sind ein guter Schlag und gut gehalten, lauter Hengste. Die
Artillerie, die schon viele gezogene Batterien besitzt, ist nur mit Maulthieren
bespannt.

Die Veranlassung, wslche die beiden eben beschriebenen Heere in kriege¬
rische Conflicte brachte, waren die Reibungen, welche zwischen der spanischen
Besatzung von Ceuta und den das nahe Gebirge bewohnenden Kabylen fort¬
während stattfanden. Lange Zeit waren derartige Differenzen an Ort und
Stelle geschlichtet worden, d. h. man hatte sich so lange hemmgeschossen, bis


Grenjboten III. 1864. 18 -
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189240"/>
          <p xml:id="ID_456" prev="#ID_455"> fähigkeit der in übermäßig großer Zahl vorhandenen Offiziere scheint er, un¬<lb/>
beschadet ihrer persönlichen Tapferkeit, nicht besonders viel zu halten. Daß<lb/>
an der oberen Leitung mehr auszusetzen war, deutet er mehr an, als daß er<lb/>
es ausspräche. Seltsam erschien es ihm, daß, während in der Friedensgarnison<lb/>
in Spanien jeder selbst auf die Wache ziehende Trupp mit Spitze und Seiten¬<lb/>
patrouille marschirte, als ob er in eine vom Feinde besetzte Stadt rückte, im<lb/>
Felde, selbst unmittelbar vor dem Feinde, der Sicherheitsdienst bis zum Leicht¬<lb/>
sinn vernachlässigt wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_457"> Die Uniformirung der spanischen Jnfanteristen findet Herr v. Goeben<lb/>
sehr praktisch. Sie besteht aus einem Poncho genannten Mantelrock, der um<lb/>
die Taille mit einer Schnur zuzuziehen und mit einem die Schulter bedecken¬<lb/>
den Mantelkragen versehen ist. Er ist braun, mit rothem Stehkragen, und<lb/>
wird unter ihm eine gelbe Arbeitsjacke getragen. Die Beinkleider sind hell¬<lb/>
blau, bei den Jägern aber seltsamerweise roth und weit, und schwarze enge<lb/>
Gamaschen bekleiden das Bein vom Knie ab. Die Fußbekleidung besteht aus<lb/>
ungewichsten Schuhen oder aus Sandalen, aus Hanf geflochten und mit bun¬<lb/>
ten Bändern festgebunden, den sogenannten Alpargatas, die bei trockenem<lb/>
Wetter ausnehmend praktisch sind. Eine wollene Decke, die Manta genannt,<lb/>
und ein niedriges Käppi von Filz, nach dem Erfinder General Ros de Olano<lb/>
der Ros genannt, nicht schön, aber leicht und bequem, vervollständigen den<lb/>
Anzug des spanischen Jnfanteristen. Außerdem besitzt er noch einen dunkel¬<lb/>
blauen Ueberrock mit rothem Kragen und rothen umgeschlagenen Rabatten,<lb/>
der aber nicht mit ins Feld genommen wird, sondern hauptsächlich als Parade-<lb/>
cmzug dient. Die Bewaffnung bestand während des marokkanischen Feldzuges<lb/>
nur bei den Jägern aus gezogenen Mimi6büchsen; die Linie hatte noch glatte<lb/>
Gewehre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_458"> Die Reiterei besteht aus Kürassierer, Ulanen, Jägern und Husaren, doch<lb/>
hält es schwer, diese Benennungen mit der Uniformirung auszusöhnen. Die<lb/>
Kürassiere tragen keinen Küraß, sondern einen blauen Rock, dazu einen Helm<lb/>
von altrömischer Form. Die Jäger sind nicht grün uniformirt, sondern pran¬<lb/>
gen in einer himmelblauen Husarenjacke und hellrothen Beinkleidern, die UH-<lb/>
lanen haben statt der polnischen Czapka einen funkelnden Helm auf dem Kopfe.<lb/>
Die Pferde sind ein guter Schlag und gut gehalten, lauter Hengste. Die<lb/>
Artillerie, die schon viele gezogene Batterien besitzt, ist nur mit Maulthieren<lb/>
bespannt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_459" next="#ID_460"> Die Veranlassung, wslche die beiden eben beschriebenen Heere in kriege¬<lb/>
rische Conflicte brachte, waren die Reibungen, welche zwischen der spanischen<lb/>
Besatzung von Ceuta und den das nahe Gebirge bewohnenden Kabylen fort¬<lb/>
während stattfanden. Lange Zeit waren derartige Differenzen an Ort und<lb/>
Stelle geschlichtet worden, d. h. man hatte sich so lange hemmgeschossen, bis</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenjboten III. 1864. 18 -</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0145] fähigkeit der in übermäßig großer Zahl vorhandenen Offiziere scheint er, un¬ beschadet ihrer persönlichen Tapferkeit, nicht besonders viel zu halten. Daß an der oberen Leitung mehr auszusetzen war, deutet er mehr an, als daß er es ausspräche. Seltsam erschien es ihm, daß, während in der Friedensgarnison in Spanien jeder selbst auf die Wache ziehende Trupp mit Spitze und Seiten¬ patrouille marschirte, als ob er in eine vom Feinde besetzte Stadt rückte, im Felde, selbst unmittelbar vor dem Feinde, der Sicherheitsdienst bis zum Leicht¬ sinn vernachlässigt wurde. Die Uniformirung der spanischen Jnfanteristen findet Herr v. Goeben sehr praktisch. Sie besteht aus einem Poncho genannten Mantelrock, der um die Taille mit einer Schnur zuzuziehen und mit einem die Schulter bedecken¬ den Mantelkragen versehen ist. Er ist braun, mit rothem Stehkragen, und wird unter ihm eine gelbe Arbeitsjacke getragen. Die Beinkleider sind hell¬ blau, bei den Jägern aber seltsamerweise roth und weit, und schwarze enge Gamaschen bekleiden das Bein vom Knie ab. Die Fußbekleidung besteht aus ungewichsten Schuhen oder aus Sandalen, aus Hanf geflochten und mit bun¬ ten Bändern festgebunden, den sogenannten Alpargatas, die bei trockenem Wetter ausnehmend praktisch sind. Eine wollene Decke, die Manta genannt, und ein niedriges Käppi von Filz, nach dem Erfinder General Ros de Olano der Ros genannt, nicht schön, aber leicht und bequem, vervollständigen den Anzug des spanischen Jnfanteristen. Außerdem besitzt er noch einen dunkel¬ blauen Ueberrock mit rothem Kragen und rothen umgeschlagenen Rabatten, der aber nicht mit ins Feld genommen wird, sondern hauptsächlich als Parade- cmzug dient. Die Bewaffnung bestand während des marokkanischen Feldzuges nur bei den Jägern aus gezogenen Mimi6büchsen; die Linie hatte noch glatte Gewehre. Die Reiterei besteht aus Kürassierer, Ulanen, Jägern und Husaren, doch hält es schwer, diese Benennungen mit der Uniformirung auszusöhnen. Die Kürassiere tragen keinen Küraß, sondern einen blauen Rock, dazu einen Helm von altrömischer Form. Die Jäger sind nicht grün uniformirt, sondern pran¬ gen in einer himmelblauen Husarenjacke und hellrothen Beinkleidern, die UH- lanen haben statt der polnischen Czapka einen funkelnden Helm auf dem Kopfe. Die Pferde sind ein guter Schlag und gut gehalten, lauter Hengste. Die Artillerie, die schon viele gezogene Batterien besitzt, ist nur mit Maulthieren bespannt. Die Veranlassung, wslche die beiden eben beschriebenen Heere in kriege¬ rische Conflicte brachte, waren die Reibungen, welche zwischen der spanischen Besatzung von Ceuta und den das nahe Gebirge bewohnenden Kabylen fort¬ während stattfanden. Lange Zeit waren derartige Differenzen an Ort und Stelle geschlichtet worden, d. h. man hatte sich so lange hemmgeschossen, bis Grenjboten III. 1864. 18 -

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/145
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/145>, abgerufen am 28.09.2024.