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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Commandanten ernannte. Er selbst rückte mit etwas mehr als 300 Passeirern
am 10. April nach Sterzina,, wo er Tags nachher, durch die dortigen Einwoh¬
ner verstärkt, 600 Bayern unter dem Major Speicher angriff. Nachdem 5 der
letztern getödtet und 2S, darunter auch der Major, verwundet waren, ließ sie
Hofer auffordern, sich zu ergeben. Da dies barsch abgelehnt wurde, gerieth er
auf den Einfall, zum Schutze seiner Bauern gegen die feindliche Kanone drei
Heuwagen vorzuschieben, woran er sich auch mit eigener Hand betheiligte. Erst
nach einem ferneren Verluste von 200 Mann und auf die Vorweisung der
Originalordre des Erzherzogs Johann ergab sich der Feind. Dieser Erfolg
machte dem passeirer Commandanten Muth, sich auch einer neuen größern Ab¬
theilung Franzosen und Bayern entgegenzustellen, die nachmittags unter Ge¬
neral Bisson von Mauls anrückte. Er sandte ihr den passeirer Hauptmann
Georg Lauer entgegen, allein da sich die meisten seiner Bauern alsbald zer¬
streuten, mußte er sich zurückziehen, und der Feind übernachtete noch am selben
Abend in Sterzing. Hofer hielt sich während dessen eine Stunde seitwärts in
Gasteig, und überließ auch am folgenden Tage dem Lauer und anderen, den
Feind aus seinem Zuge nach Innsbruck zu beunruhigen, wo er sich nebst den
dortigen Bayern am 13. April den Schützen ergab. Ersterer befand sich am
selben Tage in Sterzing und ordnete auf allerhöchsten t'. k. Befehl allenthal¬
ben "Andachten und Kreuzzüge" an. Bald nachher ging er nach Passeier, um
neue Landstürmer zu sammeln, rückte mit 430 Mann unter dem Oberstlieutenant
Leiningen an die südliche Landesgrenze und stand am 27. im Gefecht bei
Pilcante unweit Ala. Der Ruhm jenes Tages gebührt aber nicht ihm, sondern
dem wackern Schützenhauptmann Gaffer, der die Oestreicher vor einer Nieder¬
lage rettete und die Franzosen zurückdrängte.

Mittlerweile war Erzherzog Karl durch den "fünftägigen Feldzug" Napo¬
leons an der Donau zum Rückzug genöthigt, und General Wrede drang am
11. Mai über Elmau von neuem mit einem starken bayerischen Armeecorps
durch das untere Jnnthal gegen Innsbruck vor. Die Oestreicher unter Chasteler
wurden am 13. Mai bei Wörgl geschlagen und wichen von dort an fortwäh¬
rend vor der bayerischen Uebermacht zurück, wobei sie zuletzt bei Volders nur
daraus bedacht waren, den Bauern, die sie geflissentlich seitwärts auf die An¬
höhen beordert, auf ihrem Rückzug über die ellenbögener Straße zu entwischen.
Chasteler hatte sich bereits nach Steinach begeben, und erließ von dort voll
Angst und Verwirrung die widersprechendsten Befehle. Der panische Schrecken,
der ihn ergriffen, erreichte seinen höchsten Grad, als er durch den Schützen¬
major Teimer erfuhr, Napoleon habe ihn in die Acht erklärt und befohlen, ihn
als Chef einer Räuber- und Mörderhände 24 Stunden nach seiner Verhaftung
zu erschießen. Auch die sogenannte Intelligenz verlor den Muth und sann nur
noch auf Unterwerfung. Die Innsbrucker sandten dem bayerischen General


Commandanten ernannte. Er selbst rückte mit etwas mehr als 300 Passeirern
am 10. April nach Sterzina,, wo er Tags nachher, durch die dortigen Einwoh¬
ner verstärkt, 600 Bayern unter dem Major Speicher angriff. Nachdem 5 der
letztern getödtet und 2S, darunter auch der Major, verwundet waren, ließ sie
Hofer auffordern, sich zu ergeben. Da dies barsch abgelehnt wurde, gerieth er
auf den Einfall, zum Schutze seiner Bauern gegen die feindliche Kanone drei
Heuwagen vorzuschieben, woran er sich auch mit eigener Hand betheiligte. Erst
nach einem ferneren Verluste von 200 Mann und auf die Vorweisung der
Originalordre des Erzherzogs Johann ergab sich der Feind. Dieser Erfolg
machte dem passeirer Commandanten Muth, sich auch einer neuen größern Ab¬
theilung Franzosen und Bayern entgegenzustellen, die nachmittags unter Ge¬
neral Bisson von Mauls anrückte. Er sandte ihr den passeirer Hauptmann
Georg Lauer entgegen, allein da sich die meisten seiner Bauern alsbald zer¬
streuten, mußte er sich zurückziehen, und der Feind übernachtete noch am selben
Abend in Sterzing. Hofer hielt sich während dessen eine Stunde seitwärts in
Gasteig, und überließ auch am folgenden Tage dem Lauer und anderen, den
Feind aus seinem Zuge nach Innsbruck zu beunruhigen, wo er sich nebst den
dortigen Bayern am 13. April den Schützen ergab. Ersterer befand sich am
selben Tage in Sterzing und ordnete auf allerhöchsten t'. k. Befehl allenthal¬
ben „Andachten und Kreuzzüge" an. Bald nachher ging er nach Passeier, um
neue Landstürmer zu sammeln, rückte mit 430 Mann unter dem Oberstlieutenant
Leiningen an die südliche Landesgrenze und stand am 27. im Gefecht bei
Pilcante unweit Ala. Der Ruhm jenes Tages gebührt aber nicht ihm, sondern
dem wackern Schützenhauptmann Gaffer, der die Oestreicher vor einer Nieder¬
lage rettete und die Franzosen zurückdrängte.

Mittlerweile war Erzherzog Karl durch den „fünftägigen Feldzug" Napo¬
leons an der Donau zum Rückzug genöthigt, und General Wrede drang am
11. Mai über Elmau von neuem mit einem starken bayerischen Armeecorps
durch das untere Jnnthal gegen Innsbruck vor. Die Oestreicher unter Chasteler
wurden am 13. Mai bei Wörgl geschlagen und wichen von dort an fortwäh¬
rend vor der bayerischen Uebermacht zurück, wobei sie zuletzt bei Volders nur
daraus bedacht waren, den Bauern, die sie geflissentlich seitwärts auf die An¬
höhen beordert, auf ihrem Rückzug über die ellenbögener Straße zu entwischen.
Chasteler hatte sich bereits nach Steinach begeben, und erließ von dort voll
Angst und Verwirrung die widersprechendsten Befehle. Der panische Schrecken,
der ihn ergriffen, erreichte seinen höchsten Grad, als er durch den Schützen¬
major Teimer erfuhr, Napoleon habe ihn in die Acht erklärt und befohlen, ihn
als Chef einer Räuber- und Mörderhände 24 Stunden nach seiner Verhaftung
zu erschießen. Auch die sogenannte Intelligenz verlor den Muth und sann nur
noch auf Unterwerfung. Die Innsbrucker sandten dem bayerischen General


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/13>, abgerufen am 28.09.2024.