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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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preußischen Armee gethan hat, und was zu thun ihr noch übrig bleiben dürfte.
Vorläufig verweisen wir auf diese von sehr unterrichteter Feder geschriebenen
Aufsätze.

Die genannte Militärzeitung hat in Uebereinstimmung mit vielen Tages¬
blättern auch sehr gründliche Erörterungen über die Nothwendigkeit des Baues
einer großen deutschen Bundesfestung Rendsburg gegeben. In Bezug auf den,
unter der Ueberschrift "Festungen und Schanzwerke" in diesen Blättern gegebenen
fünften Brief muß hier noch einmal ausgesprochen werden, daß Festungen
überhaupt eine Last für die eigne Armee sind, wenn sie nicht unmittelbar auf
dem Kriegsschauplatz liegen, und daß man also Festungen nur da anlegen muß,
wo die Armee wahrscheinlich einen Krieg in der Defensive, also einem überlegnen
Feinde gegenüber zu führen hat. Von dem Tage an, wo Schleswig-Holstein
einen eigenen deutschen Fürsten hat, ist es an sich stark genug, sich jedem
Feinde auf der Halbinsel entgegenzustellen, und bedarf es keiner Festung. Die
Schwäche unsres deutschen Vaterlandes liegt nicht in- seinen Grenzen gegen
Norden, sondern in seiner mangelnden Einheit, und bleiben wir hei dem rein
Militärischen stehen, in der fehlenden Einheit der deutschen Heeresorganisation.
Sind wir im Stande die vielen Kontingente unserer Fürsten zu einer einheit¬
lich denkenden und handelnden Armee zu machen, so brauchen wir keinen Feind
zu Lande zu fürchten, von welcher Seite er kommt; und so lange die einzelnen
Contingente ihren kleinstaatlichen Geist bewahren, so lange fehlt ihnen die
Fähigkeit der Hingabe an das große Ganze, der Opferfähigkeit für einen ein¬
fachen Befehl, und so lange macht kein todtes Mauerwerk uns widerstands¬
fähiger.

Militärisch schwach ist Deutschland zur See. Alle Millionen, welche es
zu seiner Vertheidigung aufzubringen vermag, verwende es für die Flotte, aber
für eine Flotte, welche nicht an einer Kirchthurmspolitik krankt und nicht durch
die Diplomatie von Nassau, Kurhessen oder Hannover in ihren Bewegungen
geleitet wird, sondern die in einer kräftigen Hand liegt, in welcher die Größe
des Ganzen die Kraft des Einzelnen hebt.




preußischen Armee gethan hat, und was zu thun ihr noch übrig bleiben dürfte.
Vorläufig verweisen wir auf diese von sehr unterrichteter Feder geschriebenen
Aufsätze.

Die genannte Militärzeitung hat in Uebereinstimmung mit vielen Tages¬
blättern auch sehr gründliche Erörterungen über die Nothwendigkeit des Baues
einer großen deutschen Bundesfestung Rendsburg gegeben. In Bezug auf den,
unter der Ueberschrift „Festungen und Schanzwerke" in diesen Blättern gegebenen
fünften Brief muß hier noch einmal ausgesprochen werden, daß Festungen
überhaupt eine Last für die eigne Armee sind, wenn sie nicht unmittelbar auf
dem Kriegsschauplatz liegen, und daß man also Festungen nur da anlegen muß,
wo die Armee wahrscheinlich einen Krieg in der Defensive, also einem überlegnen
Feinde gegenüber zu führen hat. Von dem Tage an, wo Schleswig-Holstein
einen eigenen deutschen Fürsten hat, ist es an sich stark genug, sich jedem
Feinde auf der Halbinsel entgegenzustellen, und bedarf es keiner Festung. Die
Schwäche unsres deutschen Vaterlandes liegt nicht in- seinen Grenzen gegen
Norden, sondern in seiner mangelnden Einheit, und bleiben wir hei dem rein
Militärischen stehen, in der fehlenden Einheit der deutschen Heeresorganisation.
Sind wir im Stande die vielen Kontingente unserer Fürsten zu einer einheit¬
lich denkenden und handelnden Armee zu machen, so brauchen wir keinen Feind
zu Lande zu fürchten, von welcher Seite er kommt; und so lange die einzelnen
Contingente ihren kleinstaatlichen Geist bewahren, so lange fehlt ihnen die
Fähigkeit der Hingabe an das große Ganze, der Opferfähigkeit für einen ein¬
fachen Befehl, und so lange macht kein todtes Mauerwerk uns widerstands¬
fähiger.

Militärisch schwach ist Deutschland zur See. Alle Millionen, welche es
zu seiner Vertheidigung aufzubringen vermag, verwende es für die Flotte, aber
für eine Flotte, welche nicht an einer Kirchthurmspolitik krankt und nicht durch
die Diplomatie von Nassau, Kurhessen oder Hannover in ihren Bewegungen
geleitet wird, sondern die in einer kräftigen Hand liegt, in welcher die Größe
des Ganzen die Kraft des Einzelnen hebt.




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[0124] preußischen Armee gethan hat, und was zu thun ihr noch übrig bleiben dürfte. Vorläufig verweisen wir auf diese von sehr unterrichteter Feder geschriebenen Aufsätze. Die genannte Militärzeitung hat in Uebereinstimmung mit vielen Tages¬ blättern auch sehr gründliche Erörterungen über die Nothwendigkeit des Baues einer großen deutschen Bundesfestung Rendsburg gegeben. In Bezug auf den, unter der Ueberschrift „Festungen und Schanzwerke" in diesen Blättern gegebenen fünften Brief muß hier noch einmal ausgesprochen werden, daß Festungen überhaupt eine Last für die eigne Armee sind, wenn sie nicht unmittelbar auf dem Kriegsschauplatz liegen, und daß man also Festungen nur da anlegen muß, wo die Armee wahrscheinlich einen Krieg in der Defensive, also einem überlegnen Feinde gegenüber zu führen hat. Von dem Tage an, wo Schleswig-Holstein einen eigenen deutschen Fürsten hat, ist es an sich stark genug, sich jedem Feinde auf der Halbinsel entgegenzustellen, und bedarf es keiner Festung. Die Schwäche unsres deutschen Vaterlandes liegt nicht in- seinen Grenzen gegen Norden, sondern in seiner mangelnden Einheit, und bleiben wir hei dem rein Militärischen stehen, in der fehlenden Einheit der deutschen Heeresorganisation. Sind wir im Stande die vielen Kontingente unserer Fürsten zu einer einheit¬ lich denkenden und handelnden Armee zu machen, so brauchen wir keinen Feind zu Lande zu fürchten, von welcher Seite er kommt; und so lange die einzelnen Contingente ihren kleinstaatlichen Geist bewahren, so lange fehlt ihnen die Fähigkeit der Hingabe an das große Ganze, der Opferfähigkeit für einen ein¬ fachen Befehl, und so lange macht kein todtes Mauerwerk uns widerstands¬ fähiger. Militärisch schwach ist Deutschland zur See. Alle Millionen, welche es zu seiner Vertheidigung aufzubringen vermag, verwende es für die Flotte, aber für eine Flotte, welche nicht an einer Kirchthurmspolitik krankt und nicht durch die Diplomatie von Nassau, Kurhessen oder Hannover in ihren Bewegungen geleitet wird, sondern die in einer kräftigen Hand liegt, in welcher die Größe des Ganzen die Kraft des Einzelnen hebt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/124>, abgerufen am 28.09.2024.