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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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an den Kämpfen ihres Heeres theilnehmen würden. Sie fragte dann, wer von
uns derjenige sei, welcher schon in Spanien gewesen, woraus sie sich in spa¬
nischer Sprache an mich wandte, ihr Interesse, so wie das von ganz Spanien
für Preußen betonend. Etwa zehn Minuten unterhielt sich die Königin mit
mir und dem gleichfalls fertig spanisch sprechenden Graf Galen über die letzten
Nachrichten aus Afrika und über die von der Armee überstandenen Leiden und
Beschwerden. Der König sprach inzwischen französisch mil den übrigen Herren.
Dann richtete sie wieder einige Abschiedsworte in französischer Sprache an die
andern Offiziere, was ich benutzte, um dem König mein Compliment zu machen,
worauf wir in gnädigster Weise entlassen wurden.

Wiederum wurden wir, dieses Mal aber ohne Aufenthalt, durch die ver¬
schiedenen Gemächer hindurchgeführt, in welchen Granden und Damen, Adju¬
tanten und Hofleute noch in derselben Ordnung wie vorher aufgestellt waren;
dann waren wir befriedigt.

Der Gindruck, welchen die Königin auf uns gemacht hat, ist, wie gesagt,
ein entschieden günstiger. Der König seinerseits, ein sehr kleiner, überaus fein
gebauter Herr, überrascht förmlich, wenn er zu sprechen beginnt, durch den
scharfen Ton seiner ungewöhnlich hohen Stimme. Er soll übrigens ein geistig
begabter Herr sein, der mehr gelernt hat, als das sonst bei spanischen Prinzen
der Fall zu sein Pflegt. .Auch spricht er geläufig französisch, während wir sonst
meistens ein ziemlich mittelmäßiges, bei einzelnen hochgestellten Personen, sofern
sie sich überhaupt auf eine fremde Sprache einlassen, selbst ein recht gebrochenes
Französisch zu hören bekamen.

Von Madrid ging es wieder mit der Eisenbahn nach Aranjuez, wo die
Diligence bestiegen werden mußte. Der Wagen dieser Postgelegcnheit ist ganz
nach französischer Art eingerichtet d. h. in Coup", Inneres, Rotonde und
Imperiale getheilt, die Bespannung aber wieder echt spanisch. Zehn bis zwölf
Thiere. Pferde und Maulthiere bunt durcheinander ziehen das zwanzig Personen
fassende Gefährt. Die Pferde, meistens klein. hager und zottig, während die
Maulthiere starkknochig, und rund nach spanischer Sitte auf der ganzen oberen
Hälfte des Körpers geschoren sind, so daß eine gerade horizontale Linie diesen
Theil, der ganz kahl und grauglänzend ist, von der unteren braunen und rauhen
Hälfte abschneidet.

Drei Männer gehören zu den Pferden, der Mayoral und der Adelantero,
die auf der ganzen Fahrt bleiben und der Zagal, der auf jeder Station wechselt.
Der erstere, der eigentliche Kutscher und Conducteur, war ein ernster Fünfziger,
erfüllt vom ganzen Gefühl seiner Autorität. Schweigend und würdevoll nahm
er auf jeder Station die Zügel der Stangenpferde aus den Händen der Knechte
entgegen, und nur sparsam beantwortete er unterwegs die Fragen der Reisenden,
gegen deren Cigarren er dagegen keineswegs unempsindsam war. Sein Schweigen


an den Kämpfen ihres Heeres theilnehmen würden. Sie fragte dann, wer von
uns derjenige sei, welcher schon in Spanien gewesen, woraus sie sich in spa¬
nischer Sprache an mich wandte, ihr Interesse, so wie das von ganz Spanien
für Preußen betonend. Etwa zehn Minuten unterhielt sich die Königin mit
mir und dem gleichfalls fertig spanisch sprechenden Graf Galen über die letzten
Nachrichten aus Afrika und über die von der Armee überstandenen Leiden und
Beschwerden. Der König sprach inzwischen französisch mil den übrigen Herren.
Dann richtete sie wieder einige Abschiedsworte in französischer Sprache an die
andern Offiziere, was ich benutzte, um dem König mein Compliment zu machen,
worauf wir in gnädigster Weise entlassen wurden.

Wiederum wurden wir, dieses Mal aber ohne Aufenthalt, durch die ver¬
schiedenen Gemächer hindurchgeführt, in welchen Granden und Damen, Adju¬
tanten und Hofleute noch in derselben Ordnung wie vorher aufgestellt waren;
dann waren wir befriedigt.

Der Gindruck, welchen die Königin auf uns gemacht hat, ist, wie gesagt,
ein entschieden günstiger. Der König seinerseits, ein sehr kleiner, überaus fein
gebauter Herr, überrascht förmlich, wenn er zu sprechen beginnt, durch den
scharfen Ton seiner ungewöhnlich hohen Stimme. Er soll übrigens ein geistig
begabter Herr sein, der mehr gelernt hat, als das sonst bei spanischen Prinzen
der Fall zu sein Pflegt. .Auch spricht er geläufig französisch, während wir sonst
meistens ein ziemlich mittelmäßiges, bei einzelnen hochgestellten Personen, sofern
sie sich überhaupt auf eine fremde Sprache einlassen, selbst ein recht gebrochenes
Französisch zu hören bekamen.

Von Madrid ging es wieder mit der Eisenbahn nach Aranjuez, wo die
Diligence bestiegen werden mußte. Der Wagen dieser Postgelegcnheit ist ganz
nach französischer Art eingerichtet d. h. in Coup«, Inneres, Rotonde und
Imperiale getheilt, die Bespannung aber wieder echt spanisch. Zehn bis zwölf
Thiere. Pferde und Maulthiere bunt durcheinander ziehen das zwanzig Personen
fassende Gefährt. Die Pferde, meistens klein. hager und zottig, während die
Maulthiere starkknochig, und rund nach spanischer Sitte auf der ganzen oberen
Hälfte des Körpers geschoren sind, so daß eine gerade horizontale Linie diesen
Theil, der ganz kahl und grauglänzend ist, von der unteren braunen und rauhen
Hälfte abschneidet.

Drei Männer gehören zu den Pferden, der Mayoral und der Adelantero,
die auf der ganzen Fahrt bleiben und der Zagal, der auf jeder Station wechselt.
Der erstere, der eigentliche Kutscher und Conducteur, war ein ernster Fünfziger,
erfüllt vom ganzen Gefühl seiner Autorität. Schweigend und würdevoll nahm
er auf jeder Station die Zügel der Stangenpferde aus den Händen der Knechte
entgegen, und nur sparsam beantwortete er unterwegs die Fragen der Reisenden,
gegen deren Cigarren er dagegen keineswegs unempsindsam war. Sein Schweigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/109>, abgerufen am 28.09.2024.