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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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wir es beinahe schwer wurde, ihn dann meiner Regel gemäß noch um etwas
zu überbieten.

Um so mehr stach dagegen der außerordentlich gnädige Empfang seitens
der Königin ab. Es ist bekannt, daß sie diese" Krieg gegen die Ungläubigen
als einen heiligen Krieg', als eine Fortsetzung der Glaubenskämpfe ihrer großen
Vorgänger gegen die spanischen Araber betrachtet, und daß sie in seiner glor¬
reichen Durchführung die herrlichste Aufgabe ihrer Negierung sieht. Und Graf
Galen sagt mir, daß der Entschluß unsres Prinz-Regenten, preußische Offiziere
zu dem in Afrika kämpfenden Heere zu entsenden, der Königin persönlich große
Freude gemacht habe.

Wir zogen also mit unserem wenig höflichen Führer durch eine Anzahl
enger und winkliger Gänge, bis wir den Fuß der schönen Haupttreppe aus
schwarzgefleckten Marmor erreichten, aus deren Mitte, da wo sie sich in zwei
Arme theilt, die beiden marmornen Löwen liegen, auf deren einen Napoleon
nach seinem Einzuge in Madrid die Hand legte, ausrufend: jetzt habe ich dich.
Löwe von Castilien! Oben traten wir in den großen Saat der Garden, in welchem
zehn bis zwölf Adjutanten und Ordonnanzoffiziere in goldglänzenden Uniformen
am Kamin standen. Durch denselben hindurch wurden wir in ein zweites, etwas
kleineres Gemach geführt, in welchem wir etwa zehn Minuten weilten. Wir wur¬
den dort einigen hindurchgehenden Granden, so wie dem greisen Herzog von San
Miguel vorgestellt. Generalcavitän der Armee, unserem General-Feldmarschall ent¬
sprechend, und Oberbefehlshaber der Hellebardiergarde. einst den Carlisten durch
seine Tüchtigkeit wie durch rücksichtslose Grausamkeit ein gefürchteter Gegner.

Nunmehr übernahm es der Einführer der Gesandten, ein Marquis von
mir unbekanntem Namen, da die bei uns hinterlassenen Karten nach hiesigem
Brauch nur besagen: Introäuewr LlnlZcrsuÄoi <zö, el LäMem gtzriei'iU
tlo t'g,8til!l>. Ja Uuvva, u. s. w. Er geleitete uns durch einen weiteren großen
Saal, wie die vorhergehenden mit sehr glänzender, aber etwas abgenutzter
Ausstattung, in welchem wohl zwanzig Herren und Damen vom Hof, sämmt¬
lich der Grandezza Spaniens angehörig, in einer langen Reihe an der Wand
hin standen. In einer Ecke des Saales trat er in eine Thür, machte eine
tiefe Verbeugung und ließ uns eintreten in ein Cabinet, einen sehr kleinen
Raum, in welchem die Königin, ihr zur Linken der König, ihr Gemahl, uns
stehend empfing.

Der Gesandte trat mit uns in das Cabinet ein, während der Introductor
an der Thür desselben stehen blieb.

Die Königin, mittelgroß und stark, lebhaft und namentlich durch den Aus¬
druck gewinnenden Wohlwollens, welcher ihre Züge verschönt, entschieden viel
besser aussehend, als man sie auf Porträts, Münzen und sonst dargestellt steht,
lichtete einige französische Worte an uns, ihre Freude aussprechend, daß wir


wir es beinahe schwer wurde, ihn dann meiner Regel gemäß noch um etwas
zu überbieten.

Um so mehr stach dagegen der außerordentlich gnädige Empfang seitens
der Königin ab. Es ist bekannt, daß sie diese» Krieg gegen die Ungläubigen
als einen heiligen Krieg', als eine Fortsetzung der Glaubenskämpfe ihrer großen
Vorgänger gegen die spanischen Araber betrachtet, und daß sie in seiner glor¬
reichen Durchführung die herrlichste Aufgabe ihrer Negierung sieht. Und Graf
Galen sagt mir, daß der Entschluß unsres Prinz-Regenten, preußische Offiziere
zu dem in Afrika kämpfenden Heere zu entsenden, der Königin persönlich große
Freude gemacht habe.

Wir zogen also mit unserem wenig höflichen Führer durch eine Anzahl
enger und winkliger Gänge, bis wir den Fuß der schönen Haupttreppe aus
schwarzgefleckten Marmor erreichten, aus deren Mitte, da wo sie sich in zwei
Arme theilt, die beiden marmornen Löwen liegen, auf deren einen Napoleon
nach seinem Einzuge in Madrid die Hand legte, ausrufend: jetzt habe ich dich.
Löwe von Castilien! Oben traten wir in den großen Saat der Garden, in welchem
zehn bis zwölf Adjutanten und Ordonnanzoffiziere in goldglänzenden Uniformen
am Kamin standen. Durch denselben hindurch wurden wir in ein zweites, etwas
kleineres Gemach geführt, in welchem wir etwa zehn Minuten weilten. Wir wur¬
den dort einigen hindurchgehenden Granden, so wie dem greisen Herzog von San
Miguel vorgestellt. Generalcavitän der Armee, unserem General-Feldmarschall ent¬
sprechend, und Oberbefehlshaber der Hellebardiergarde. einst den Carlisten durch
seine Tüchtigkeit wie durch rücksichtslose Grausamkeit ein gefürchteter Gegner.

Nunmehr übernahm es der Einführer der Gesandten, ein Marquis von
mir unbekanntem Namen, da die bei uns hinterlassenen Karten nach hiesigem
Brauch nur besagen: Introäuewr LlnlZcrsuÄoi <zö, el LäMem gtzriei'iU
tlo t'g,8til!l>. Ja Uuvva, u. s. w. Er geleitete uns durch einen weiteren großen
Saal, wie die vorhergehenden mit sehr glänzender, aber etwas abgenutzter
Ausstattung, in welchem wohl zwanzig Herren und Damen vom Hof, sämmt¬
lich der Grandezza Spaniens angehörig, in einer langen Reihe an der Wand
hin standen. In einer Ecke des Saales trat er in eine Thür, machte eine
tiefe Verbeugung und ließ uns eintreten in ein Cabinet, einen sehr kleinen
Raum, in welchem die Königin, ihr zur Linken der König, ihr Gemahl, uns
stehend empfing.

Der Gesandte trat mit uns in das Cabinet ein, während der Introductor
an der Thür desselben stehen blieb.

Die Königin, mittelgroß und stark, lebhaft und namentlich durch den Aus¬
druck gewinnenden Wohlwollens, welcher ihre Züge verschönt, entschieden viel
besser aussehend, als man sie auf Porträts, Münzen und sonst dargestellt steht,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/108>, abgerufen am 28.09.2024.