Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.des Hauses, hatten aber statt der Tapeten weiße Kalkwände, und das Möble- Das Mittagsessen, das in Gesellschaft mit vier oder fünf Spaniern euv' Alicante ist eine ganz hübsche Stadt von 20,000 Einwohnern. Die Haupt¬ Grenzboten III. 1864. 13
des Hauses, hatten aber statt der Tapeten weiße Kalkwände, und das Möble- Das Mittagsessen, das in Gesellschaft mit vier oder fünf Spaniern euv' Alicante ist eine ganz hübsche Stadt von 20,000 Einwohnern. Die Haupt¬ Grenzboten III. 1864. 13
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des Hauses, hatten aber statt der Tapeten weiße Kalkwände, und das Möble-
ment war sehr einfach. Der Fußboden, aus glasirten Ziegeln bestehend, war
mit dünnen Matten bedeckt, und Stühle von geflochtenen Stroh oder Rohr
standen an den Wänden umher. Außerdem konnten sich sämmtliche drei Zimmer
zusammen eines Tisches rühmen, so wie eines kleinen Spiegels in Gold¬
rahmen, der nebst vier schwarz eingerahmten, wunderlich bunt gesudelten
Wilhelm Tell in verschiedenen gefährlichen Lagen seines Lebens vorstellenden
Bildern, wie wir sie alle in früher Jugend auf Messen und Jahrmärkten in
den Bilderbuden bewundert haben, den einzigen Schmuck der kahlen Wände
bildete. Zwei Waschbecken, das eine von Zinn, und ein Wasserglas für alle
vier Reisenden setzten neben den Betten, die aus guten Wollmatratzen und
reinlichem, jedoch wunderbar rohem Bettzeug bestanden, und einer altmodischen
Commode den dargebotenen Comforts die Krone auf. Der Salon war übrigens
nicht ausschließliches Eigenthum der Reisenden. Er hatte nicht weniger als
fünf Thüren, von denen die eine, eine durch eine Gardine verhängte Glasthüre,
sich bei näherer Prüfung unverschlossen zeigte. Offene Koffer, Kleider und
Wäsche standen und lagen in demselben herum, und als der Rittmeister Toilette
machte und sich in einem Zustande befand, wo man nicht geneigt ist, sich der
Gesellschaft zu zeigen, erschienen die Inwohner in der Salonthür. Es war ein
junges Ehepaar aus Catalonien. das unbefangen grüßend durch den Salon
ging und in dem Zimmer verschwand.
Das Mittagsessen, das in Gesellschaft mit vier oder fünf Spaniern euv'
genommen wurde, war so echt spanisch, wie das ganze Wirthshaus. Das
Hauptgericht war der nationale Puchero, ein Gericht aus Rindfleisch, Hammel¬
fleisch, Speck und Würstchen, aus Blumenkohl, Kichererbsen und anderem
Gemüse, gewürzt mit spanischem Pfeffer. Zwiebeln und Knoblauch. Dann
kamen verschiedene Ragouts von zweifelhaftem Stoff und Braten ebenso zwei¬
felhafter Natur, doch jedenfalls darunter Kaninchen. Zum Desert schließlich
Kuchen und mannigfache Süßigkeiten, so wie ausgezeichnetes Obst, darunter
frische Datteln. Als Eigenthümlichkeit ist noch zu erwähnen, daß aus die
Bemerkung der Reisenden, für die Dienerschaft genügten zwei Gerichte, die
Wirthin erwiderte: „Es sei Landessitte, den Domestiken dasselbe zu geben, wie
der Herrschaft." Das wiederholte sich auch in Madrid, wo das Frühstück aus
fünf, das Mittagsessen aus acht bis zehn Schüsseln bestand. Die strammen
Westphalen und Brandenburger, welche die Offiziere aus ihren Regimentern
als Burschen mitgenommen hatten, befanden sich natürlich ganz wohl dabei.
Alicante ist eine ganz hübsche Stadt von 20,000 Einwohnern. Die Haupt¬
straßen sind gepflastert, und es fehlt ihnen nicht an großen stattlichen Häusern,
die im unteren Geschoß nach spanischer Sitte reich vergitterte Fenster haben,
während längs der oberen Stockwerke Balkone hinlaufen, häufig mit Blumen
Grenzboten III. 1864. 13
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