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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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war. In Betreff des zweiten Borwurfs vermissen wir außer der schon erwähnten
Eisenbahn nach Düppel z. B. auch die Eisenbahn nach Norden und die An¬
wendung der Luftballons zur Recognoscirung. welche sich in Amerika so bewährt
hat. die Benutzung des Dampfes zu militärischen Arbeiten u. s. w. Die An¬
lage der erstenParallele hat auf einer größern Entfernung von den Schanzen
stattgefunden als nach dem weiten Borschieben der Vorposten am 28. erwartet
werden sonnte. Mannigfach machen überhaupt die Arbeiten vor Düppel den
Eindruck, als wenn man immer noch nicht an eine schließliche Erstürmung der
Schanzen dächte.

Vor Fridericia haben wir ein kleines und deshalb wirkungsloses Bom¬
bardement erlebt, einem entschiedenen Vorgehen hier scheinen Hemmnisse höherer
Alt entgegengetreten zu sein. In der Verfolgung nach Jütland hinein haben
d'c Oestreicher nicht den zu machenden Ansprüchen genügt. Die Energie der
Oestreicher hat in dem ganzen Kriege sich überhaupt mehr in der Gcsechtsthätig-
keit als in den allgemeinen Leistungen documentirt. --

Die nach Jütland detachirte preußische Kavallerie hat es wohl an der
rechten und weitgreifenden Thätigkeit fehlen lassen, welche allein bei stehenden
Quartieren in Feindes Land gegen Ueberfälle sicherstellt. -- Die preußische
Flotte hat nicht wieder von sich hören lassen, trotz der gewiß belebenden Gegen-
wart des Prinzen Admiral in Swinemünde. Deshalb folgen hier einige all¬
gemeine Sätze über die moderne Kriegführung, in denen an früher Gesagtes
angeknüpft wird, die Nutzanwendungen auf die Campagne in Schleswig werden
sich ergeben.

In den Bemerkungen über die gezogenen Schußwaffen wurde ausgesprochen,
daß das Gefecht die doppelte Aufgabe bat. erst die Gegner zu tödten und dann
die Auflösung der Ordnung in dem übrigbleibenden Theil herbeizuführen.
Zur Erfüllung dieser Zwecke sind dem Heere folgende Mittel gegeben: die Waf¬
fen, die Schutzwehren "gegen die Wirkung der feindlichen Waffen ze.; das mora¬
lische Element in der Truppe.

Ueber die Waffen ist das Wesentlichste gesagt. Die Schutzwehren bestehen im
gewöhnlichen Gefecht nur aus den im Terrain gegebenen Gegenständen: vorzüglich
Wasser. Mauerwerk und Erde. Alle drei werden als Schutz gegen Kugeln und
Annäherung verwandt, entweder wie sie zufällig gegeben sind, oder in künst¬
licher Verarbeitung. Es ist die Absicht, sie das nächste Mai in Betracht zu
ziehen, bei Besprechung des Werthes von Festungen.

Das wichtigste der Mittet für den Sieg im Gefecht ist das moralische
Element der Truppe. Dasselbe besteht in der Gcfechtsfreudigkeit. in dem Ver¬
trauen des Soldaten zu sich, zu seinen Führern und zu seinem Feldherrn, und
in dem Glauben an die Gerechtigkeit seiner Sache, sowie in dem Glauben an
seine politischen Leiter.


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war. In Betreff des zweiten Borwurfs vermissen wir außer der schon erwähnten
Eisenbahn nach Düppel z. B. auch die Eisenbahn nach Norden und die An¬
wendung der Luftballons zur Recognoscirung. welche sich in Amerika so bewährt
hat. die Benutzung des Dampfes zu militärischen Arbeiten u. s. w. Die An¬
lage der erstenParallele hat auf einer größern Entfernung von den Schanzen
stattgefunden als nach dem weiten Borschieben der Vorposten am 28. erwartet
werden sonnte. Mannigfach machen überhaupt die Arbeiten vor Düppel den
Eindruck, als wenn man immer noch nicht an eine schließliche Erstürmung der
Schanzen dächte.

Vor Fridericia haben wir ein kleines und deshalb wirkungsloses Bom¬
bardement erlebt, einem entschiedenen Vorgehen hier scheinen Hemmnisse höherer
Alt entgegengetreten zu sein. In der Verfolgung nach Jütland hinein haben
d'c Oestreicher nicht den zu machenden Ansprüchen genügt. Die Energie der
Oestreicher hat in dem ganzen Kriege sich überhaupt mehr in der Gcsechtsthätig-
keit als in den allgemeinen Leistungen documentirt. —

Die nach Jütland detachirte preußische Kavallerie hat es wohl an der
rechten und weitgreifenden Thätigkeit fehlen lassen, welche allein bei stehenden
Quartieren in Feindes Land gegen Ueberfälle sicherstellt. — Die preußische
Flotte hat nicht wieder von sich hören lassen, trotz der gewiß belebenden Gegen-
wart des Prinzen Admiral in Swinemünde. Deshalb folgen hier einige all¬
gemeine Sätze über die moderne Kriegführung, in denen an früher Gesagtes
angeknüpft wird, die Nutzanwendungen auf die Campagne in Schleswig werden
sich ergeben.

In den Bemerkungen über die gezogenen Schußwaffen wurde ausgesprochen,
daß das Gefecht die doppelte Aufgabe bat. erst die Gegner zu tödten und dann
die Auflösung der Ordnung in dem übrigbleibenden Theil herbeizuführen.
Zur Erfüllung dieser Zwecke sind dem Heere folgende Mittel gegeben: die Waf¬
fen, die Schutzwehren "gegen die Wirkung der feindlichen Waffen ze.; das mora¬
lische Element in der Truppe.

Ueber die Waffen ist das Wesentlichste gesagt. Die Schutzwehren bestehen im
gewöhnlichen Gefecht nur aus den im Terrain gegebenen Gegenständen: vorzüglich
Wasser. Mauerwerk und Erde. Alle drei werden als Schutz gegen Kugeln und
Annäherung verwandt, entweder wie sie zufällig gegeben sind, oder in künst¬
licher Verarbeitung. Es ist die Absicht, sie das nächste Mai in Betracht zu
ziehen, bei Besprechung des Werthes von Festungen.

Das wichtigste der Mittet für den Sieg im Gefecht ist das moralische
Element der Truppe. Dasselbe besteht in der Gcfechtsfreudigkeit. in dem Ver¬
trauen des Soldaten zu sich, zu seinen Führern und zu seinem Feldherrn, und
in dem Glauben an die Gerechtigkeit seiner Sache, sowie in dem Glauben an
seine politischen Leiter.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/75>, abgerufen am 23.07.2024.