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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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schwingenden Wimpern besetzt. Bei der Reife der Antheride werden die Sperma-
tozoiden haltenden Zellchen aus dem berstenden Scheitel der Antheridie durch
den Druck der Zelle der seitlichen Wandungen ausgetrieben. In einen Wasser¬
tropfen gelangend, reißt die Wand des Zellchcns, welches das Spermatozoid
einschließt. Dieses befreit sich, und schießt in reißend schnellen Drehungen in
der Flüssigkeit umher. Erreichen die Prothallien der Farrn ein etwas höheres
Alter, so wachsen sie, die bis dahin eine einfache Lage von Zellen waren, in
der Gegend hinter der Einkerbung des Vorderrandes auch in die Dicke. Es
bildet sich hier ein nach unten vorspringendes Kissen von Zellgewebe, und
auf diesem entstehen keimbereitende Organe, Archegonien. Sie sind zusammen¬
gesetzt aus einer, in das Gewebe des Prothallium eingebetteten Centralzelle,
einer diese umhüllenden Rindenschicht, und einem diese beiden überragenden Cy¬
linder aus vier Längsreihen von Zellen, die, in ihren Berührungskanten aus¬
einanderweichend, einen auf die Centralzelle zu führenden Kanal bilden. In
der Centralzelle des Archegonium entstand schon zuvor eine freie, der Wand
angeschmiegte Zelle, ein Keimbläschen. Bei der Reife bricht der Scheitel des
Archegonium aus, infolge eines von den Zellen seiner Seitenwandungen nach
Innen geübten Druckes. Der Zugang zu der Centralzelle des Archegonium ist
jeyt den Spermatozoiden geöffnet. Die in Masse im Wasser, z. B. in Thau¬
tropfen, die an die Unterfläche des Prothallium sich sammelnden, herumschwür-
menden Spermatozoiden gelangen gelegentlich in den Halskanal, und dann bis
in die Centralzelle des Archegonium. Ihr Eintritt in den Kanal, ihre lebhaften
Bewegungen in der Centralzelle sind direct beobachtet. Nun schließt sich, durch
quere Streckung der Zellen des Grundes der Kanalwandung, die untere Oeff-
nung desselben. Das Keimbläschen schwillt rasch zur Größe der Centralzelle
des Archegonium an; verwandelt sich durch eine Reihe von Scheidewandbildungen
in einen Zellkörpcr, den Embryo, der bald sein erstes Blatt und seine erste
Wurzel entwickelt, das ihn einschließende Gewebe des Proihallium durchbricht,
und nun zur Farrnkrautpflanze sich heranbildet, die alljährlich neue Sporen in
Unzahl ausstreut, um aus diesen ohne Befruchtung aus ih-r entstandenen Fort¬
pflanzungszellen neue Prothallien, und auf diesen neue Befruchtungsorgane zu
bilden. Im Wesentlichen übereinstimmend sind die Geschlechtsorgane und die
Embryoentwickelung der Schachtelhalme beschaffen.

Die Fruchtkapseln der Moose enthalten ein feines, bräunliches Pulver:
die Sporen. Diese Fortpflanzungszellen keimen in ähnlicher Weise wie die der
Farrnträuter, und es entwickelt sich dabei aus ihnen, in ununterbrochener Ve¬
getation, die reichverzwcigte, beblätterte Moospflanze. Sie ist, ihrer langen
Lebensdauer, ihrer mannigfaltigen Gestaltung ungeachtet, die in vieler Beziehung
an diejenige der durch geschlechtliche Befruchtung entstandenen Individuen von
Farrnkräutern oder blüthentragenden Pflanzen erinnert, doch nur ein dem Pro-


schwingenden Wimpern besetzt. Bei der Reife der Antheride werden die Sperma-
tozoiden haltenden Zellchen aus dem berstenden Scheitel der Antheridie durch
den Druck der Zelle der seitlichen Wandungen ausgetrieben. In einen Wasser¬
tropfen gelangend, reißt die Wand des Zellchcns, welches das Spermatozoid
einschließt. Dieses befreit sich, und schießt in reißend schnellen Drehungen in
der Flüssigkeit umher. Erreichen die Prothallien der Farrn ein etwas höheres
Alter, so wachsen sie, die bis dahin eine einfache Lage von Zellen waren, in
der Gegend hinter der Einkerbung des Vorderrandes auch in die Dicke. Es
bildet sich hier ein nach unten vorspringendes Kissen von Zellgewebe, und
auf diesem entstehen keimbereitende Organe, Archegonien. Sie sind zusammen¬
gesetzt aus einer, in das Gewebe des Prothallium eingebetteten Centralzelle,
einer diese umhüllenden Rindenschicht, und einem diese beiden überragenden Cy¬
linder aus vier Längsreihen von Zellen, die, in ihren Berührungskanten aus¬
einanderweichend, einen auf die Centralzelle zu führenden Kanal bilden. In
der Centralzelle des Archegonium entstand schon zuvor eine freie, der Wand
angeschmiegte Zelle, ein Keimbläschen. Bei der Reife bricht der Scheitel des
Archegonium aus, infolge eines von den Zellen seiner Seitenwandungen nach
Innen geübten Druckes. Der Zugang zu der Centralzelle des Archegonium ist
jeyt den Spermatozoiden geöffnet. Die in Masse im Wasser, z. B. in Thau¬
tropfen, die an die Unterfläche des Prothallium sich sammelnden, herumschwür-
menden Spermatozoiden gelangen gelegentlich in den Halskanal, und dann bis
in die Centralzelle des Archegonium. Ihr Eintritt in den Kanal, ihre lebhaften
Bewegungen in der Centralzelle sind direct beobachtet. Nun schließt sich, durch
quere Streckung der Zellen des Grundes der Kanalwandung, die untere Oeff-
nung desselben. Das Keimbläschen schwillt rasch zur Größe der Centralzelle
des Archegonium an; verwandelt sich durch eine Reihe von Scheidewandbildungen
in einen Zellkörpcr, den Embryo, der bald sein erstes Blatt und seine erste
Wurzel entwickelt, das ihn einschließende Gewebe des Proihallium durchbricht,
und nun zur Farrnkrautpflanze sich heranbildet, die alljährlich neue Sporen in
Unzahl ausstreut, um aus diesen ohne Befruchtung aus ih-r entstandenen Fort¬
pflanzungszellen neue Prothallien, und auf diesen neue Befruchtungsorgane zu
bilden. Im Wesentlichen übereinstimmend sind die Geschlechtsorgane und die
Embryoentwickelung der Schachtelhalme beschaffen.

Die Fruchtkapseln der Moose enthalten ein feines, bräunliches Pulver:
die Sporen. Diese Fortpflanzungszellen keimen in ähnlicher Weise wie die der
Farrnträuter, und es entwickelt sich dabei aus ihnen, in ununterbrochener Ve¬
getation, die reichverzwcigte, beblätterte Moospflanze. Sie ist, ihrer langen
Lebensdauer, ihrer mannigfaltigen Gestaltung ungeachtet, die in vieler Beziehung
an diejenige der durch geschlechtliche Befruchtung entstandenen Individuen von
Farrnkräutern oder blüthentragenden Pflanzen erinnert, doch nur ein dem Pro-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/68>, abgerufen am 23.07.2024.