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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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bilden sich freie, sphärische Zellen, in größerer Anzahl und durch den ganzen
Raum des Corpusculum vertheilt. Die Pollenschläuche wachsen inzwischen durch
das Gewebe des Eychens bis an die Außenfläche des Embryosackes herab, durch¬
brechen dessen Haut und dringen bis an die Scheitelwölbung der Corpuscula,
oder selbst bis ins Innere derselben. Von da abnimmt eines der vom Pollen¬
schlauchende berührten Keimbläschen rasch an Größe und Concentration des In¬
halts zu. Es wandert, die übrigen zur Seite drängend, nach der unteren
Wölbung des Corpusculum, preßt sich dieser fest ein. und verwandelt sich,
durch wiederholte Theilung mittelst übers Kreuz gestellter Längswände, in eine
Rosette von Zellen, den 'Vorkeim. Diese Zellengruppe streckt sich, ihr Ende
dringt tiefer und tiefer in das den Embryosack ausfüllende Gewebe; seine Zellen
theilen sich dabei durch Querwände. Die einzelnen Längsreihen von Zellen treten
seitlich aus dem Zusammenhange, und aus den Endzellen einer, oder mehrer, oder
aller dieser Reihen entwickeln sich Embryonen. Da nun auch in der Regel
mehre Cvrpuscula desselben Embryosackes befruchtet werden, so enthält der
junge Same eines Nadelbaums stets eine beträchtliche Zahl von Embryonen:
die der Kiefer selten unter acht, die des Wachholders oft über dreißig. Einer
dieser vielen Embryonen pflegt aber durch weit vorauseilende Entwickelung die
anderen zur Seite zu drängen und zur Verkümmerung zu bringen. Der reise
Samen liefert in der Regel nur eine .Keimpflanze.

Die zwischen dem Verständen des Pollens und dem Eindringen der Pollen-
schläuche in die Corpuscula vor sich gehenden Entwickelungen nehmen einen
längeren Zeitraum in Anspruch: bei den Fichten zwei, bei den Kiefern vier¬
zehn Monate.

Die Eigenthümlichkeiten der Samenbildung der Nadelhölzer stellen den
Uebergang dar von derjenigen der blüthentragenden Pflanzen zur Embryobildung
der diesen ähnlichsten kryptogamischen Gewächse. Die ausgiebigste, in vielen
Fällen die einzige Fortpflanzung der Kryptogamen geschieht durch die Ver¬
mittlung einfacher Zellen, deren Entwickelung in allen Stücken der gewöhn¬
lichen des Blüthenstaubes gleicht, und die nach erlangter Ausbildung von der
Mutterpflanze sich trennen, um selbständig zu vegetiren. Gleich den Pollenzellen
entstehen sie durch Umwandlung des inneren Gewebes von Blättern oder Blatt¬
theilen, zu vieren in je einer Mutterzette; gleich jenen zeigen sie eine dickere,
sprödere äußere, und eine zartere, dehnbarere innere Schicht der Wand. Man
belegt diese Zellen mit dem Namen der Sporen. Bei den Kryptogamen,
welche den blüthentragenden Pflanzen am nächsten stehen, sind die Sporen von
zweierlei Größe, deren Volumen um beiläufig das Tausend- bis Zweitausend¬
fache differirt. Der Entwickelungsgang der großen und der kleinen ist der näm¬
liche; nur darin besteht ein Unterschied, daß die großen in geringerer Zahl
angelegt, und daß eine der je in der nämlichen Mutterzelle entstandenen Gruppen


Grenzboten II. 18V4. ^

bilden sich freie, sphärische Zellen, in größerer Anzahl und durch den ganzen
Raum des Corpusculum vertheilt. Die Pollenschläuche wachsen inzwischen durch
das Gewebe des Eychens bis an die Außenfläche des Embryosackes herab, durch¬
brechen dessen Haut und dringen bis an die Scheitelwölbung der Corpuscula,
oder selbst bis ins Innere derselben. Von da abnimmt eines der vom Pollen¬
schlauchende berührten Keimbläschen rasch an Größe und Concentration des In¬
halts zu. Es wandert, die übrigen zur Seite drängend, nach der unteren
Wölbung des Corpusculum, preßt sich dieser fest ein. und verwandelt sich,
durch wiederholte Theilung mittelst übers Kreuz gestellter Längswände, in eine
Rosette von Zellen, den 'Vorkeim. Diese Zellengruppe streckt sich, ihr Ende
dringt tiefer und tiefer in das den Embryosack ausfüllende Gewebe; seine Zellen
theilen sich dabei durch Querwände. Die einzelnen Längsreihen von Zellen treten
seitlich aus dem Zusammenhange, und aus den Endzellen einer, oder mehrer, oder
aller dieser Reihen entwickeln sich Embryonen. Da nun auch in der Regel
mehre Cvrpuscula desselben Embryosackes befruchtet werden, so enthält der
junge Same eines Nadelbaums stets eine beträchtliche Zahl von Embryonen:
die der Kiefer selten unter acht, die des Wachholders oft über dreißig. Einer
dieser vielen Embryonen pflegt aber durch weit vorauseilende Entwickelung die
anderen zur Seite zu drängen und zur Verkümmerung zu bringen. Der reise
Samen liefert in der Regel nur eine .Keimpflanze.

Die zwischen dem Verständen des Pollens und dem Eindringen der Pollen-
schläuche in die Corpuscula vor sich gehenden Entwickelungen nehmen einen
längeren Zeitraum in Anspruch: bei den Fichten zwei, bei den Kiefern vier¬
zehn Monate.

Die Eigenthümlichkeiten der Samenbildung der Nadelhölzer stellen den
Uebergang dar von derjenigen der blüthentragenden Pflanzen zur Embryobildung
der diesen ähnlichsten kryptogamischen Gewächse. Die ausgiebigste, in vielen
Fällen die einzige Fortpflanzung der Kryptogamen geschieht durch die Ver¬
mittlung einfacher Zellen, deren Entwickelung in allen Stücken der gewöhn¬
lichen des Blüthenstaubes gleicht, und die nach erlangter Ausbildung von der
Mutterpflanze sich trennen, um selbständig zu vegetiren. Gleich den Pollenzellen
entstehen sie durch Umwandlung des inneren Gewebes von Blättern oder Blatt¬
theilen, zu vieren in je einer Mutterzette; gleich jenen zeigen sie eine dickere,
sprödere äußere, und eine zartere, dehnbarere innere Schicht der Wand. Man
belegt diese Zellen mit dem Namen der Sporen. Bei den Kryptogamen,
welche den blüthentragenden Pflanzen am nächsten stehen, sind die Sporen von
zweierlei Größe, deren Volumen um beiläufig das Tausend- bis Zweitausend¬
fache differirt. Der Entwickelungsgang der großen und der kleinen ist der näm¬
liche; nur darin besteht ein Unterschied, daß die großen in geringerer Zahl
angelegt, und daß eine der je in der nämlichen Mutterzelle entstandenen Gruppen


Grenzboten II. 18V4. ^
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[0065] bilden sich freie, sphärische Zellen, in größerer Anzahl und durch den ganzen Raum des Corpusculum vertheilt. Die Pollenschläuche wachsen inzwischen durch das Gewebe des Eychens bis an die Außenfläche des Embryosackes herab, durch¬ brechen dessen Haut und dringen bis an die Scheitelwölbung der Corpuscula, oder selbst bis ins Innere derselben. Von da abnimmt eines der vom Pollen¬ schlauchende berührten Keimbläschen rasch an Größe und Concentration des In¬ halts zu. Es wandert, die übrigen zur Seite drängend, nach der unteren Wölbung des Corpusculum, preßt sich dieser fest ein. und verwandelt sich, durch wiederholte Theilung mittelst übers Kreuz gestellter Längswände, in eine Rosette von Zellen, den 'Vorkeim. Diese Zellengruppe streckt sich, ihr Ende dringt tiefer und tiefer in das den Embryosack ausfüllende Gewebe; seine Zellen theilen sich dabei durch Querwände. Die einzelnen Längsreihen von Zellen treten seitlich aus dem Zusammenhange, und aus den Endzellen einer, oder mehrer, oder aller dieser Reihen entwickeln sich Embryonen. Da nun auch in der Regel mehre Cvrpuscula desselben Embryosackes befruchtet werden, so enthält der junge Same eines Nadelbaums stets eine beträchtliche Zahl von Embryonen: die der Kiefer selten unter acht, die des Wachholders oft über dreißig. Einer dieser vielen Embryonen pflegt aber durch weit vorauseilende Entwickelung die anderen zur Seite zu drängen und zur Verkümmerung zu bringen. Der reise Samen liefert in der Regel nur eine .Keimpflanze. Die zwischen dem Verständen des Pollens und dem Eindringen der Pollen- schläuche in die Corpuscula vor sich gehenden Entwickelungen nehmen einen längeren Zeitraum in Anspruch: bei den Fichten zwei, bei den Kiefern vier¬ zehn Monate. Die Eigenthümlichkeiten der Samenbildung der Nadelhölzer stellen den Uebergang dar von derjenigen der blüthentragenden Pflanzen zur Embryobildung der diesen ähnlichsten kryptogamischen Gewächse. Die ausgiebigste, in vielen Fällen die einzige Fortpflanzung der Kryptogamen geschieht durch die Ver¬ mittlung einfacher Zellen, deren Entwickelung in allen Stücken der gewöhn¬ lichen des Blüthenstaubes gleicht, und die nach erlangter Ausbildung von der Mutterpflanze sich trennen, um selbständig zu vegetiren. Gleich den Pollenzellen entstehen sie durch Umwandlung des inneren Gewebes von Blättern oder Blatt¬ theilen, zu vieren in je einer Mutterzette; gleich jenen zeigen sie eine dickere, sprödere äußere, und eine zartere, dehnbarere innere Schicht der Wand. Man belegt diese Zellen mit dem Namen der Sporen. Bei den Kryptogamen, welche den blüthentragenden Pflanzen am nächsten stehen, sind die Sporen von zweierlei Größe, deren Volumen um beiläufig das Tausend- bis Zweitausend¬ fache differirt. Der Entwickelungsgang der großen und der kleinen ist der näm¬ liche; nur darin besteht ein Unterschied, daß die großen in geringerer Zahl angelegt, und daß eine der je in der nämlichen Mutterzelle entstandenen Gruppen Grenzboten II. 18V4. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/65>, abgerufen am 24.07.2024.