Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nur versuche man dies nicht mit den landläufigen Phrasen, deren wir gründ¬
lich überdrüssig sind, und mit denen man doch nur die große Masse verblendet.

Am liebsten würden wir uns von Preußen des Irrthums überführen lassen,
und mit freudiger Ueberraschung werden wir den Hut ziehen, wenn man hier
sich zu dem entschließt, was wir im Vorigen den Volkskrieg nannten.




Neue historische Literatur.
Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr¬
hundert. Zweiter Band. Leipzig. S. Hirzel, 574 S.

Enthält zunächst das kleine "Memorial" des Nürnbergcrs Endres Tücher,
welches Mittheilungen aus den Jahren 1421 bis 1440 umfaßt, die nur Selbst-
erlebtes enthalten und die im ersten Bande abgedruckte Chronik aus König Sig-
munds Zeit vielfach ergänzen. Dann folgt die Beschreibung des Feldzugs. den die
Nürnberger im Winter 1444 in Gemeinschaft mit den Notcnburgcrn und den Wind-
hcimern gegen einige Raubritter im Bayreuthischen unternahmen, ein Bericht, der
von einem Augenzeugen (vielleicht dem Führer dieser Expedition, Erhard Schürstab)
verfaßt zu sein scheint und sich durch Lebendigkeit auszeichnet. Das dritte und
umfänglichste sowie das wichtigste Stück bezieht sich auf die große Fehde, welche die
Nürnberger in den Jahren 1449 und 1450 mit dem Markgrafen Albrecht Achilles
von Brandenburg auszufechten hatten, und zerfällt in den eigentlichen Kriegsbericht
und in sogenannte "Ordnungen", die eine zu Nutz und Frommen der Nach¬
kommen zusammengestellte Uebersicht über die während des Kriegs erlassenen Be¬
fehle und Maßregeln sowohl in Betreff der Ausrüstung des Heeres, als der Ver¬
theidigung und Verpflegung der Stadt, über den erlittenen Schaden, über die
begangnen Fehler u. s. w. enthalten. Dieses dritte Stück ist bereits von Baader
herausgegeben, hier aber durch werthvolle Beilagen, namentlich durch die vortreff¬
liche Darstellung der zwischen Albrecht und der Stadt Nürnberg geführten Kriegs¬
und Friedensunterhandlungen, die or. Friedrich v. Wenns geliefert, und durch
or. Th. v. Kerns Abhandlung über die Fürstenvartci im Städtekrieg erst in das
rechte Licht gestellt worden. Die genannte Fehde ist nur eine Episode jenes großen
Kampfes, in welchem um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts Fürsten und Adel
auf der einen, das mächtig gewordene Bürgerthum der Städte auf der andern Seite,
ganz Süddeutschland, namentlich Franken und Schwaben, erschütternd und ver¬
heerend, auf einander stießen. Albrecht von Brandenburg-Anspach, der hervor-


65*

nur versuche man dies nicht mit den landläufigen Phrasen, deren wir gründ¬
lich überdrüssig sind, und mit denen man doch nur die große Masse verblendet.

Am liebsten würden wir uns von Preußen des Irrthums überführen lassen,
und mit freudiger Ueberraschung werden wir den Hut ziehen, wenn man hier
sich zu dem entschließt, was wir im Vorigen den Volkskrieg nannten.




Neue historische Literatur.
Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr¬
hundert. Zweiter Band. Leipzig. S. Hirzel, 574 S.

Enthält zunächst das kleine „Memorial" des Nürnbergcrs Endres Tücher,
welches Mittheilungen aus den Jahren 1421 bis 1440 umfaßt, die nur Selbst-
erlebtes enthalten und die im ersten Bande abgedruckte Chronik aus König Sig-
munds Zeit vielfach ergänzen. Dann folgt die Beschreibung des Feldzugs. den die
Nürnberger im Winter 1444 in Gemeinschaft mit den Notcnburgcrn und den Wind-
hcimern gegen einige Raubritter im Bayreuthischen unternahmen, ein Bericht, der
von einem Augenzeugen (vielleicht dem Führer dieser Expedition, Erhard Schürstab)
verfaßt zu sein scheint und sich durch Lebendigkeit auszeichnet. Das dritte und
umfänglichste sowie das wichtigste Stück bezieht sich auf die große Fehde, welche die
Nürnberger in den Jahren 1449 und 1450 mit dem Markgrafen Albrecht Achilles
von Brandenburg auszufechten hatten, und zerfällt in den eigentlichen Kriegsbericht
und in sogenannte „Ordnungen", die eine zu Nutz und Frommen der Nach¬
kommen zusammengestellte Uebersicht über die während des Kriegs erlassenen Be¬
fehle und Maßregeln sowohl in Betreff der Ausrüstung des Heeres, als der Ver¬
theidigung und Verpflegung der Stadt, über den erlittenen Schaden, über die
begangnen Fehler u. s. w. enthalten. Dieses dritte Stück ist bereits von Baader
herausgegeben, hier aber durch werthvolle Beilagen, namentlich durch die vortreff¬
liche Darstellung der zwischen Albrecht und der Stadt Nürnberg geführten Kriegs¬
und Friedensunterhandlungen, die or. Friedrich v. Wenns geliefert, und durch
or. Th. v. Kerns Abhandlung über die Fürstenvartci im Städtekrieg erst in das
rechte Licht gestellt worden. Die genannte Fehde ist nur eine Episode jenes großen
Kampfes, in welchem um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts Fürsten und Adel
auf der einen, das mächtig gewordene Bürgerthum der Städte auf der andern Seite,
ganz Süddeutschland, namentlich Franken und Schwaben, erschütternd und ver¬
heerend, auf einander stießen. Albrecht von Brandenburg-Anspach, der hervor-


65*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189084"/>
          <p xml:id="ID_1793" prev="#ID_1792"> nur versuche man dies nicht mit den landläufigen Phrasen, deren wir gründ¬<lb/>
lich überdrüssig sind, und mit denen man doch nur die große Masse verblendet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1794"> Am liebsten würden wir uns von Preußen des Irrthums überführen lassen,<lb/>
und mit freudiger Ueberraschung werden wir den Hut ziehen, wenn man hier<lb/>
sich zu dem entschließt, was wir im Vorigen den Volkskrieg nannten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Neue historische Literatur.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr¬<lb/>
hundert.  Zweiter Band.  Leipzig. S. Hirzel,  574 S.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1795" next="#ID_1796"> Enthält zunächst das kleine &#x201E;Memorial" des Nürnbergcrs Endres Tücher,<lb/>
welches Mittheilungen aus den Jahren 1421 bis 1440 umfaßt, die nur Selbst-<lb/>
erlebtes enthalten und die im ersten Bande abgedruckte Chronik aus König Sig-<lb/>
munds Zeit vielfach ergänzen. Dann folgt die Beschreibung des Feldzugs. den die<lb/>
Nürnberger im Winter 1444 in Gemeinschaft mit den Notcnburgcrn und den Wind-<lb/>
hcimern gegen einige Raubritter im Bayreuthischen unternahmen, ein Bericht, der<lb/>
von einem Augenzeugen (vielleicht dem Führer dieser Expedition, Erhard Schürstab)<lb/>
verfaßt zu sein scheint und sich durch Lebendigkeit auszeichnet. Das dritte und<lb/>
umfänglichste sowie das wichtigste Stück bezieht sich auf die große Fehde, welche die<lb/>
Nürnberger in den Jahren 1449 und 1450 mit dem Markgrafen Albrecht Achilles<lb/>
von Brandenburg auszufechten hatten, und zerfällt in den eigentlichen Kriegsbericht<lb/>
und in sogenannte &#x201E;Ordnungen", die eine zu Nutz und Frommen der Nach¬<lb/>
kommen zusammengestellte Uebersicht über die während des Kriegs erlassenen Be¬<lb/>
fehle und Maßregeln sowohl in Betreff der Ausrüstung des Heeres, als der Ver¬<lb/>
theidigung und Verpflegung der Stadt, über den erlittenen Schaden, über die<lb/>
begangnen Fehler u. s. w. enthalten. Dieses dritte Stück ist bereits von Baader<lb/>
herausgegeben, hier aber durch werthvolle Beilagen, namentlich durch die vortreff¬<lb/>
liche Darstellung der zwischen Albrecht und der Stadt Nürnberg geführten Kriegs¬<lb/>
und Friedensunterhandlungen, die or. Friedrich v. Wenns geliefert, und durch<lb/>
or. Th. v. Kerns Abhandlung über die Fürstenvartci im Städtekrieg erst in das<lb/>
rechte Licht gestellt worden. Die genannte Fehde ist nur eine Episode jenes großen<lb/>
Kampfes, in welchem um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts Fürsten und Adel<lb/>
auf der einen, das mächtig gewordene Bürgerthum der Städte auf der andern Seite,<lb/>
ganz Süddeutschland, namentlich Franken und Schwaben, erschütternd und ver¬<lb/>
heerend, auf einander stießen.  Albrecht von Brandenburg-Anspach, der hervor-</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 65*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0523] nur versuche man dies nicht mit den landläufigen Phrasen, deren wir gründ¬ lich überdrüssig sind, und mit denen man doch nur die große Masse verblendet. Am liebsten würden wir uns von Preußen des Irrthums überführen lassen, und mit freudiger Ueberraschung werden wir den Hut ziehen, wenn man hier sich zu dem entschließt, was wir im Vorigen den Volkskrieg nannten. Neue historische Literatur. Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr¬ hundert. Zweiter Band. Leipzig. S. Hirzel, 574 S. Enthält zunächst das kleine „Memorial" des Nürnbergcrs Endres Tücher, welches Mittheilungen aus den Jahren 1421 bis 1440 umfaßt, die nur Selbst- erlebtes enthalten und die im ersten Bande abgedruckte Chronik aus König Sig- munds Zeit vielfach ergänzen. Dann folgt die Beschreibung des Feldzugs. den die Nürnberger im Winter 1444 in Gemeinschaft mit den Notcnburgcrn und den Wind- hcimern gegen einige Raubritter im Bayreuthischen unternahmen, ein Bericht, der von einem Augenzeugen (vielleicht dem Führer dieser Expedition, Erhard Schürstab) verfaßt zu sein scheint und sich durch Lebendigkeit auszeichnet. Das dritte und umfänglichste sowie das wichtigste Stück bezieht sich auf die große Fehde, welche die Nürnberger in den Jahren 1449 und 1450 mit dem Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg auszufechten hatten, und zerfällt in den eigentlichen Kriegsbericht und in sogenannte „Ordnungen", die eine zu Nutz und Frommen der Nach¬ kommen zusammengestellte Uebersicht über die während des Kriegs erlassenen Be¬ fehle und Maßregeln sowohl in Betreff der Ausrüstung des Heeres, als der Ver¬ theidigung und Verpflegung der Stadt, über den erlittenen Schaden, über die begangnen Fehler u. s. w. enthalten. Dieses dritte Stück ist bereits von Baader herausgegeben, hier aber durch werthvolle Beilagen, namentlich durch die vortreff¬ liche Darstellung der zwischen Albrecht und der Stadt Nürnberg geführten Kriegs¬ und Friedensunterhandlungen, die or. Friedrich v. Wenns geliefert, und durch or. Th. v. Kerns Abhandlung über die Fürstenvartci im Städtekrieg erst in das rechte Licht gestellt worden. Die genannte Fehde ist nur eine Episode jenes großen Kampfes, in welchem um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts Fürsten und Adel auf der einen, das mächtig gewordene Bürgerthum der Städte auf der andern Seite, ganz Süddeutschland, namentlich Franken und Schwaben, erschütternd und ver¬ heerend, auf einander stießen. Albrecht von Brandenburg-Anspach, der hervor- 65*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/523
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/523>, abgerufen am 23.07.2024.