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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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weiter hinauf handelt sichs nur um ein Recht, gegen das die Nationalität spre¬
chen kann, und in Betreff gewisser Punkte um das deutsche Interesse, von
dem wir zum Schluß ein Wort sagen wollen.

Das deutsche Interesse verlangt nicht, daß wir die Südjütcn Nordschles-
wigS in unsre Gemeinschaft aufnehmen, wir haben bereits fremde Elemente
mehr als gut ist, unter uns; w>r brauchen fein kleines Oestreich im Norden,
keine Verstärkung der specifischen Schleswig-Holsteincr. und es würde nutzloser
Uebermuth sein, dadurch, daß einer andern Nationalität Zwang angethan würde,
oder auch nur angethan zu werden schiene, einen Krieg heraufzubeschwören, wel¬
cher von da an sehr wahrscheinlich auch mit England zu führen sein würde.

Wohl aber kann das deutsche Interesse fordern, daß man einen Theil der
Eroberungen in Nordschleswig deswegen behält, weil man hier die besten Hä¬
fen für die künftige deutsche Flotte hat, und weit man eine passende militärische
Grenze braucht, acht gegen Dänemark, welches fortan vom Rang eines Mittel¬
stands zu dem eines Kleinstaats herabsteigen wird, sondern gegen ein ver¬
einigtes Skandinavien, welches mit einer andern Großmacht im Bunde uns
bedrohen kann. Und so fragt sichs, ob wir nicht den Hauptschauplatz der letz¬
ten Kämpfe, das Sundewitt und Alsen, für uns beanspruchen sollen.

Alsen besitzt in dem Höruphaff den besten aller Kriegshafen Schleswig-
Holsteins und einen der besten an der ganzen Ostsee. Der kielcr Hafen ist
lies, geräumig und durch seine gewundene Form ziemlich gut gegen unbequeme
Winde geschützt, aber nur mit großen Kosten zu befestigen, auch friert er ni
harten Wintern bis an feine Mündung zu. Letzteres gilt von der eckern-
fvrder Bucht nicht, dagegen liegt dieselbe dem Ostwind offen, und läßt sich
kaum genügend durch Batterien schützen. Größere Bordseite bietet die flens-
burger Föhrde, doch bedürfte man, um einen deutschen Kriegshafen aus ihr
zu machen, die östliche und nördliche Küste derselben, also das Sundewitt.
Hörup Kaff, eine Meile östlich von Sonderburg, verbindet große Tiefe mit
Geräumigkeit und Gelegenheit zur Anlage passender Vertheidigungsmittel, es
ist geschützt vor jedem Winde und friert selbst bei strenger Kälte nur am
Rande zu.

Der Besitz Athens ist ferner, so sagt man uns, militärisch wichtig für die
Behauptung der Herzogthümer; denn die Insel Alsen ist eine natürliche Fe¬
stung in der Flanke Schleswig-Holsteins, und wir geben das zu. wenn sichs
um ein Behalten des ganzen Festlands bis zur Koldinger und der Königsau
handelt.

Allein wir haben Alsen nicht erobert, und wenn wir es noch nehmen woll¬
ten, so würde -- darauf kann schon das Stillstehen der Preußen nach dem
18. April hindeuten -- gerade dieser Versuch England und vielleicht auch
andere Mächte gegen uns auftreten lassen, zunächst weil Alsen am meisten von


weiter hinauf handelt sichs nur um ein Recht, gegen das die Nationalität spre¬
chen kann, und in Betreff gewisser Punkte um das deutsche Interesse, von
dem wir zum Schluß ein Wort sagen wollen.

Das deutsche Interesse verlangt nicht, daß wir die Südjütcn Nordschles-
wigS in unsre Gemeinschaft aufnehmen, wir haben bereits fremde Elemente
mehr als gut ist, unter uns; w>r brauchen fein kleines Oestreich im Norden,
keine Verstärkung der specifischen Schleswig-Holsteincr. und es würde nutzloser
Uebermuth sein, dadurch, daß einer andern Nationalität Zwang angethan würde,
oder auch nur angethan zu werden schiene, einen Krieg heraufzubeschwören, wel¬
cher von da an sehr wahrscheinlich auch mit England zu führen sein würde.

Wohl aber kann das deutsche Interesse fordern, daß man einen Theil der
Eroberungen in Nordschleswig deswegen behält, weil man hier die besten Hä¬
fen für die künftige deutsche Flotte hat, und weit man eine passende militärische
Grenze braucht, acht gegen Dänemark, welches fortan vom Rang eines Mittel¬
stands zu dem eines Kleinstaats herabsteigen wird, sondern gegen ein ver¬
einigtes Skandinavien, welches mit einer andern Großmacht im Bunde uns
bedrohen kann. Und so fragt sichs, ob wir nicht den Hauptschauplatz der letz¬
ten Kämpfe, das Sundewitt und Alsen, für uns beanspruchen sollen.

Alsen besitzt in dem Höruphaff den besten aller Kriegshafen Schleswig-
Holsteins und einen der besten an der ganzen Ostsee. Der kielcr Hafen ist
lies, geräumig und durch seine gewundene Form ziemlich gut gegen unbequeme
Winde geschützt, aber nur mit großen Kosten zu befestigen, auch friert er ni
harten Wintern bis an feine Mündung zu. Letzteres gilt von der eckern-
fvrder Bucht nicht, dagegen liegt dieselbe dem Ostwind offen, und läßt sich
kaum genügend durch Batterien schützen. Größere Bordseite bietet die flens-
burger Föhrde, doch bedürfte man, um einen deutschen Kriegshafen aus ihr
zu machen, die östliche und nördliche Küste derselben, also das Sundewitt.
Hörup Kaff, eine Meile östlich von Sonderburg, verbindet große Tiefe mit
Geräumigkeit und Gelegenheit zur Anlage passender Vertheidigungsmittel, es
ist geschützt vor jedem Winde und friert selbst bei strenger Kälte nur am
Rande zu.

Der Besitz Athens ist ferner, so sagt man uns, militärisch wichtig für die
Behauptung der Herzogthümer; denn die Insel Alsen ist eine natürliche Fe¬
stung in der Flanke Schleswig-Holsteins, und wir geben das zu. wenn sichs
um ein Behalten des ganzen Festlands bis zur Koldinger und der Königsau
handelt.

Allein wir haben Alsen nicht erobert, und wenn wir es noch nehmen woll¬
ten, so würde — darauf kann schon das Stillstehen der Preußen nach dem
18. April hindeuten — gerade dieser Versuch England und vielleicht auch
andere Mächte gegen uns auftreten lassen, zunächst weil Alsen am meisten von


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[0520] weiter hinauf handelt sichs nur um ein Recht, gegen das die Nationalität spre¬ chen kann, und in Betreff gewisser Punkte um das deutsche Interesse, von dem wir zum Schluß ein Wort sagen wollen. Das deutsche Interesse verlangt nicht, daß wir die Südjütcn Nordschles- wigS in unsre Gemeinschaft aufnehmen, wir haben bereits fremde Elemente mehr als gut ist, unter uns; w>r brauchen fein kleines Oestreich im Norden, keine Verstärkung der specifischen Schleswig-Holsteincr. und es würde nutzloser Uebermuth sein, dadurch, daß einer andern Nationalität Zwang angethan würde, oder auch nur angethan zu werden schiene, einen Krieg heraufzubeschwören, wel¬ cher von da an sehr wahrscheinlich auch mit England zu führen sein würde. Wohl aber kann das deutsche Interesse fordern, daß man einen Theil der Eroberungen in Nordschleswig deswegen behält, weil man hier die besten Hä¬ fen für die künftige deutsche Flotte hat, und weit man eine passende militärische Grenze braucht, acht gegen Dänemark, welches fortan vom Rang eines Mittel¬ stands zu dem eines Kleinstaats herabsteigen wird, sondern gegen ein ver¬ einigtes Skandinavien, welches mit einer andern Großmacht im Bunde uns bedrohen kann. Und so fragt sichs, ob wir nicht den Hauptschauplatz der letz¬ ten Kämpfe, das Sundewitt und Alsen, für uns beanspruchen sollen. Alsen besitzt in dem Höruphaff den besten aller Kriegshafen Schleswig- Holsteins und einen der besten an der ganzen Ostsee. Der kielcr Hafen ist lies, geräumig und durch seine gewundene Form ziemlich gut gegen unbequeme Winde geschützt, aber nur mit großen Kosten zu befestigen, auch friert er ni harten Wintern bis an feine Mündung zu. Letzteres gilt von der eckern- fvrder Bucht nicht, dagegen liegt dieselbe dem Ostwind offen, und läßt sich kaum genügend durch Batterien schützen. Größere Bordseite bietet die flens- burger Föhrde, doch bedürfte man, um einen deutschen Kriegshafen aus ihr zu machen, die östliche und nördliche Küste derselben, also das Sundewitt. Hörup Kaff, eine Meile östlich von Sonderburg, verbindet große Tiefe mit Geräumigkeit und Gelegenheit zur Anlage passender Vertheidigungsmittel, es ist geschützt vor jedem Winde und friert selbst bei strenger Kälte nur am Rande zu. Der Besitz Athens ist ferner, so sagt man uns, militärisch wichtig für die Behauptung der Herzogthümer; denn die Insel Alsen ist eine natürliche Fe¬ stung in der Flanke Schleswig-Holsteins, und wir geben das zu. wenn sichs um ein Behalten des ganzen Festlands bis zur Koldinger und der Königsau handelt. Allein wir haben Alsen nicht erobert, und wenn wir es noch nehmen woll¬ ten, so würde — darauf kann schon das Stillstehen der Preußen nach dem 18. April hindeuten — gerade dieser Versuch England und vielleicht auch andere Mächte gegen uns auftreten lassen, zunächst weil Alsen am meisten von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/520>, abgerufen am 23.07.2024.