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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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sein wird, das bin allein Nützliche zu thun. Nicht Belehrung über staats¬
rechtliche Fragen, nicht Echauffement für den Herzog bedarf es. sondern man
sorge dafür, daß möglichst bald die Gesammtheit der Nordschleswiger wisse,
was ihre materiellen Interessen ihnen gebieten. Mit andern Worten,
es gilt, ihnen zu sagen, was eine quer über die Halbinsel gezogne Grenze für
diese Interessen zu bedeuten haben, daß eine solche Grenze, gleichviel wo ab¬
gesteckt, ihren Einnahmen schaden, wo nicht ihr wirthschaftlicher Ruin sein
würde, und daß daher ihr Verbleiben bei dem deutschen Theil der bisherigen
dänischen Monarchie, wenn es ihnen als ein Uebel erscheint, ein nothwendiges,
ihrer Kasse vorteilhaftes Uebel ist. Wie im zweiten dieser Artikel gezeigt ist.
verkaufen sie bei weitem das Meiste vom Ueberschuß ihrer Producte nach dem
Süden, zunächst nach Flensburg und den westlichen Städten, nicht nach dem
Norden und Osten, da Jütland und die Inselstifter wie Nordschleswig acker¬
bauende und vichzüchtenoe Länder sind, und eine Zolliinie, welche die Nord-
schleswiger von dem Süden des Herzogtums und von Holstein absperrte, würde
daher für jene ein ähnliches Unglück sein, wie die russische Zollgrenze für Posen
oder die Wiederaufrichtung der Zollschranken in Deutschland für die betreffen¬
den Staaten.

Schleswig-Holstein wird, so sage man den Südjüten Schleswigs weiter,
eine seiner ersten Sorgen sein lassen müssen, auf bessere Verkehrslinien, nament¬
lich auf eine den Interessen des Landes angemessenere Richtung der Eisenbahnen
bedacht zu sein; denn die setzigen sind mehr für den Vortheil Dänemarks als
für den der Herzogthümer angelegt. Der Verkehr der letzteren mit Deutschland
war durch sie weniger gefördert als der des Westens der dänischen Monarchie
mit dem Osten und der Kopenhagens mit England, und denkt man fortan, statt
wie seither mehr aus Bahnen von Osten nach Westen, mehr auf solche, die
von Süden nach Norden, von Hamburg nach Hadersleben und Tondern führen,
so wird dies den Werth der Arbeit und des Grundbesitzes in Nordschleswig
sehr bald in dem Maße steigern , daß man es allgemein empfindet.

Auch den unermeßlichen Umschwung aller Verhältnisse, den der projectirte
Nord-Ostsee-Kanal hervorrufen, den Wohlstand, den diese Welthandelsstraße
über die Herzogthümer verbreiten wird, und daß eine Trennung vom Süden
den Nordschleswigern die Aussicht nehmen würde, an diesem Gewinn Theil zu
haben. müßte betont werden.

Sodann würde mit Nutzen darauf hingewiesen werden können, daß
eine Trennung von Dänemark der ferneren Zurücksetzung gegen die Kopen-
hagner und der directen und indirecten Ausbeutung zu Gunsten dieser --
eine Zurücksetzung und Ausbeutung, die selbst von Jütland stark empfunden
und laut beklagt wird -- ein Ende machen würde. Ferner würden die Schles¬
wiger im Norden darauf aufmerksam zu machen sein, daß die Steuerlast, die


sein wird, das bin allein Nützliche zu thun. Nicht Belehrung über staats¬
rechtliche Fragen, nicht Echauffement für den Herzog bedarf es. sondern man
sorge dafür, daß möglichst bald die Gesammtheit der Nordschleswiger wisse,
was ihre materiellen Interessen ihnen gebieten. Mit andern Worten,
es gilt, ihnen zu sagen, was eine quer über die Halbinsel gezogne Grenze für
diese Interessen zu bedeuten haben, daß eine solche Grenze, gleichviel wo ab¬
gesteckt, ihren Einnahmen schaden, wo nicht ihr wirthschaftlicher Ruin sein
würde, und daß daher ihr Verbleiben bei dem deutschen Theil der bisherigen
dänischen Monarchie, wenn es ihnen als ein Uebel erscheint, ein nothwendiges,
ihrer Kasse vorteilhaftes Uebel ist. Wie im zweiten dieser Artikel gezeigt ist.
verkaufen sie bei weitem das Meiste vom Ueberschuß ihrer Producte nach dem
Süden, zunächst nach Flensburg und den westlichen Städten, nicht nach dem
Norden und Osten, da Jütland und die Inselstifter wie Nordschleswig acker¬
bauende und vichzüchtenoe Länder sind, und eine Zolliinie, welche die Nord-
schleswiger von dem Süden des Herzogtums und von Holstein absperrte, würde
daher für jene ein ähnliches Unglück sein, wie die russische Zollgrenze für Posen
oder die Wiederaufrichtung der Zollschranken in Deutschland für die betreffen¬
den Staaten.

Schleswig-Holstein wird, so sage man den Südjüten Schleswigs weiter,
eine seiner ersten Sorgen sein lassen müssen, auf bessere Verkehrslinien, nament¬
lich auf eine den Interessen des Landes angemessenere Richtung der Eisenbahnen
bedacht zu sein; denn die setzigen sind mehr für den Vortheil Dänemarks als
für den der Herzogthümer angelegt. Der Verkehr der letzteren mit Deutschland
war durch sie weniger gefördert als der des Westens der dänischen Monarchie
mit dem Osten und der Kopenhagens mit England, und denkt man fortan, statt
wie seither mehr aus Bahnen von Osten nach Westen, mehr auf solche, die
von Süden nach Norden, von Hamburg nach Hadersleben und Tondern führen,
so wird dies den Werth der Arbeit und des Grundbesitzes in Nordschleswig
sehr bald in dem Maße steigern , daß man es allgemein empfindet.

Auch den unermeßlichen Umschwung aller Verhältnisse, den der projectirte
Nord-Ostsee-Kanal hervorrufen, den Wohlstand, den diese Welthandelsstraße
über die Herzogthümer verbreiten wird, und daß eine Trennung vom Süden
den Nordschleswigern die Aussicht nehmen würde, an diesem Gewinn Theil zu
haben. müßte betont werden.

Sodann würde mit Nutzen darauf hingewiesen werden können, daß
eine Trennung von Dänemark der ferneren Zurücksetzung gegen die Kopen-
hagner und der directen und indirecten Ausbeutung zu Gunsten dieser —
eine Zurücksetzung und Ausbeutung, die selbst von Jütland stark empfunden
und laut beklagt wird — ein Ende machen würde. Ferner würden die Schles¬
wiger im Norden darauf aufmerksam zu machen sein, daß die Steuerlast, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/517>, abgerufen am 23.07.2024.