Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wirkliche Mängel in den Zuständen eines Landes -- und an einzelnen Ge¬
brechen werde es Wohl in keinem deutschen Lande mangeln -- rüge, sofern dies
mit Wahrheitsliebe und in einer Weise geschehe, daß nicht die Autorität im
Princip dadurch untergraben werde. Mit Mecklenburg aber verhalte es sich
anders. Dieses Land sei vorzugsweise wegen seiner aus dem historischen Rechte
und nicht auf der modernen Theorie beruhenden Institutionen zur Zielscheibe
des oberflächlichsten liberalistischen Raisonnements erwählt, ja es werde systema¬
tisch schon seit Jahren öffentlich durch ganz Deutschland des Despotismus und
der Barbarei beschuldigt und nach allen Richtungen hin verlästert. Dabei sei
tue Bevölkerung, abgesehen von einer geringen Anzahl demokratischer Wort¬
führer, welche auch die Seele dieser Agitation in der auswärtigen Presse seien,
zufrieden, ihrem Fürsten treu ergeben, überhaupt loyal gesinnt und verhältni߬
mäßig wohlhabend.

"Alle jene Schmähungen" -- so lautet dann der letzte Theil des Schrift¬
stücks -- "nicht blos im Ganzen, sondern auch in den Einzelheiten, haben sich
stets durch eine unparteiische nähere Untersuchung und Erörterung als Producte
factischer Unwahrheit und absichtlicher Täuschung herausgestellt, und dennoch
stehen Regierung und Land den Verleumdungen, womit die demokratische Presse
sie zu überschütten und allmälig zu untergraben sucht, schutzlos gegenüber; in¬
dem die Presse selbst ebenso systematisch jede unparteiische Erörterung unter¬
drückt, und die bestehenden gesetzlichen Garantien gegen den Mißbrauch der
Presse auf das Gebiet des einzelnen Landes sich beschränken, in den übrigen
deutschen Ländern aber, wie bekannt ist, thatsächlich wirkungslos sind. Ein
solcher Zustand der Dinge erscheint wohl geeignet, die Aufmerksamkeit der Re¬
gierungen und aller derer auf sich zu ziehen, welche nicht gemeint sind, in dem
Kampfe gegen die Umsturzpartei um die edelsten Güter der deutschen Nation
zunächst auf dem Gebiete der Presse, dann aber auch bald auf anderen Ge¬
bieten die Waffen zu strecken.

Ew. ?c. werden ersucht, die obige Auffassung vertrauensvoll zur Kenntniß
der hohen Regierung, bei welcher Sie beglaubigt zu sein die Ehre haben, zu
bringen und dieselbe auf Grund der anliegenden Darlegung zu erläutern, deren
Mittheilung und weiterer Verbreitung in Kreisen, denen es um eine richtige
Würdigung der Verhältnisse zu thun ist, kein Bedenken entgegensteht, und be¬
sonders deren Wichtigkeit für ganz Deutschland hervorzuheben.

Ew. ?c. demnächstiger Relation in dieser Angelegenheit sieht das unter¬
zeichnete Ministerium mit Interesse entgegen."

Ein bestimmter Antrag an die auswärtigen Regierungen, denen die vor¬
stehende Darlegung zur Kenntniß gebracht werden soll, wird nicht gestellt. Die
auswärtigen Regierungen sollen zunächst über die Sachlage nur aufgeklärt und
zu einer Beurtheilung der von der deutschen Presse gegen das Strafgesetz ge-


wirkliche Mängel in den Zuständen eines Landes — und an einzelnen Ge¬
brechen werde es Wohl in keinem deutschen Lande mangeln — rüge, sofern dies
mit Wahrheitsliebe und in einer Weise geschehe, daß nicht die Autorität im
Princip dadurch untergraben werde. Mit Mecklenburg aber verhalte es sich
anders. Dieses Land sei vorzugsweise wegen seiner aus dem historischen Rechte
und nicht auf der modernen Theorie beruhenden Institutionen zur Zielscheibe
des oberflächlichsten liberalistischen Raisonnements erwählt, ja es werde systema¬
tisch schon seit Jahren öffentlich durch ganz Deutschland des Despotismus und
der Barbarei beschuldigt und nach allen Richtungen hin verlästert. Dabei sei
tue Bevölkerung, abgesehen von einer geringen Anzahl demokratischer Wort¬
führer, welche auch die Seele dieser Agitation in der auswärtigen Presse seien,
zufrieden, ihrem Fürsten treu ergeben, überhaupt loyal gesinnt und verhältni߬
mäßig wohlhabend.

„Alle jene Schmähungen" — so lautet dann der letzte Theil des Schrift¬
stücks — „nicht blos im Ganzen, sondern auch in den Einzelheiten, haben sich
stets durch eine unparteiische nähere Untersuchung und Erörterung als Producte
factischer Unwahrheit und absichtlicher Täuschung herausgestellt, und dennoch
stehen Regierung und Land den Verleumdungen, womit die demokratische Presse
sie zu überschütten und allmälig zu untergraben sucht, schutzlos gegenüber; in¬
dem die Presse selbst ebenso systematisch jede unparteiische Erörterung unter¬
drückt, und die bestehenden gesetzlichen Garantien gegen den Mißbrauch der
Presse auf das Gebiet des einzelnen Landes sich beschränken, in den übrigen
deutschen Ländern aber, wie bekannt ist, thatsächlich wirkungslos sind. Ein
solcher Zustand der Dinge erscheint wohl geeignet, die Aufmerksamkeit der Re¬
gierungen und aller derer auf sich zu ziehen, welche nicht gemeint sind, in dem
Kampfe gegen die Umsturzpartei um die edelsten Güter der deutschen Nation
zunächst auf dem Gebiete der Presse, dann aber auch bald auf anderen Ge¬
bieten die Waffen zu strecken.

Ew. ?c. werden ersucht, die obige Auffassung vertrauensvoll zur Kenntniß
der hohen Regierung, bei welcher Sie beglaubigt zu sein die Ehre haben, zu
bringen und dieselbe auf Grund der anliegenden Darlegung zu erläutern, deren
Mittheilung und weiterer Verbreitung in Kreisen, denen es um eine richtige
Würdigung der Verhältnisse zu thun ist, kein Bedenken entgegensteht, und be¬
sonders deren Wichtigkeit für ganz Deutschland hervorzuheben.

Ew. ?c. demnächstiger Relation in dieser Angelegenheit sieht das unter¬
zeichnete Ministerium mit Interesse entgegen."

Ein bestimmter Antrag an die auswärtigen Regierungen, denen die vor¬
stehende Darlegung zur Kenntniß gebracht werden soll, wird nicht gestellt. Die
auswärtigen Regierungen sollen zunächst über die Sachlage nur aufgeklärt und
zu einer Beurtheilung der von der deutschen Presse gegen das Strafgesetz ge-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0454" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189015"/>
          <p xml:id="ID_1537" prev="#ID_1536"> wirkliche Mängel in den Zuständen eines Landes &#x2014; und an einzelnen Ge¬<lb/>
brechen werde es Wohl in keinem deutschen Lande mangeln &#x2014; rüge, sofern dies<lb/>
mit Wahrheitsliebe und in einer Weise geschehe, daß nicht die Autorität im<lb/>
Princip dadurch untergraben werde. Mit Mecklenburg aber verhalte es sich<lb/>
anders. Dieses Land sei vorzugsweise wegen seiner aus dem historischen Rechte<lb/>
und nicht auf der modernen Theorie beruhenden Institutionen zur Zielscheibe<lb/>
des oberflächlichsten liberalistischen Raisonnements erwählt, ja es werde systema¬<lb/>
tisch schon seit Jahren öffentlich durch ganz Deutschland des Despotismus und<lb/>
der Barbarei beschuldigt und nach allen Richtungen hin verlästert. Dabei sei<lb/>
tue Bevölkerung, abgesehen von einer geringen Anzahl demokratischer Wort¬<lb/>
führer, welche auch die Seele dieser Agitation in der auswärtigen Presse seien,<lb/>
zufrieden, ihrem Fürsten treu ergeben, überhaupt loyal gesinnt und verhältni߬<lb/>
mäßig wohlhabend.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1538"> &#x201E;Alle jene Schmähungen" &#x2014; so lautet dann der letzte Theil des Schrift¬<lb/>
stücks &#x2014; &#x201E;nicht blos im Ganzen, sondern auch in den Einzelheiten, haben sich<lb/>
stets durch eine unparteiische nähere Untersuchung und Erörterung als Producte<lb/>
factischer Unwahrheit und absichtlicher Täuschung herausgestellt, und dennoch<lb/>
stehen Regierung und Land den Verleumdungen, womit die demokratische Presse<lb/>
sie zu überschütten und allmälig zu untergraben sucht, schutzlos gegenüber; in¬<lb/>
dem die Presse selbst ebenso systematisch jede unparteiische Erörterung unter¬<lb/>
drückt, und die bestehenden gesetzlichen Garantien gegen den Mißbrauch der<lb/>
Presse auf das Gebiet des einzelnen Landes sich beschränken, in den übrigen<lb/>
deutschen Ländern aber, wie bekannt ist, thatsächlich wirkungslos sind. Ein<lb/>
solcher Zustand der Dinge erscheint wohl geeignet, die Aufmerksamkeit der Re¬<lb/>
gierungen und aller derer auf sich zu ziehen, welche nicht gemeint sind, in dem<lb/>
Kampfe gegen die Umsturzpartei um die edelsten Güter der deutschen Nation<lb/>
zunächst auf dem Gebiete der Presse, dann aber auch bald auf anderen Ge¬<lb/>
bieten die Waffen zu strecken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1539"> Ew. ?c. werden ersucht, die obige Auffassung vertrauensvoll zur Kenntniß<lb/>
der hohen Regierung, bei welcher Sie beglaubigt zu sein die Ehre haben, zu<lb/>
bringen und dieselbe auf Grund der anliegenden Darlegung zu erläutern, deren<lb/>
Mittheilung und weiterer Verbreitung in Kreisen, denen es um eine richtige<lb/>
Würdigung der Verhältnisse zu thun ist, kein Bedenken entgegensteht, und be¬<lb/>
sonders deren Wichtigkeit für ganz Deutschland hervorzuheben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1540"> Ew. ?c. demnächstiger Relation in dieser Angelegenheit sieht das unter¬<lb/>
zeichnete Ministerium mit Interesse entgegen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1541" next="#ID_1542"> Ein bestimmter Antrag an die auswärtigen Regierungen, denen die vor¬<lb/>
stehende Darlegung zur Kenntniß gebracht werden soll, wird nicht gestellt. Die<lb/>
auswärtigen Regierungen sollen zunächst über die Sachlage nur aufgeklärt und<lb/>
zu einer Beurtheilung der von der deutschen Presse gegen das Strafgesetz ge-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0454] wirkliche Mängel in den Zuständen eines Landes — und an einzelnen Ge¬ brechen werde es Wohl in keinem deutschen Lande mangeln — rüge, sofern dies mit Wahrheitsliebe und in einer Weise geschehe, daß nicht die Autorität im Princip dadurch untergraben werde. Mit Mecklenburg aber verhalte es sich anders. Dieses Land sei vorzugsweise wegen seiner aus dem historischen Rechte und nicht auf der modernen Theorie beruhenden Institutionen zur Zielscheibe des oberflächlichsten liberalistischen Raisonnements erwählt, ja es werde systema¬ tisch schon seit Jahren öffentlich durch ganz Deutschland des Despotismus und der Barbarei beschuldigt und nach allen Richtungen hin verlästert. Dabei sei tue Bevölkerung, abgesehen von einer geringen Anzahl demokratischer Wort¬ führer, welche auch die Seele dieser Agitation in der auswärtigen Presse seien, zufrieden, ihrem Fürsten treu ergeben, überhaupt loyal gesinnt und verhältni߬ mäßig wohlhabend. „Alle jene Schmähungen" — so lautet dann der letzte Theil des Schrift¬ stücks — „nicht blos im Ganzen, sondern auch in den Einzelheiten, haben sich stets durch eine unparteiische nähere Untersuchung und Erörterung als Producte factischer Unwahrheit und absichtlicher Täuschung herausgestellt, und dennoch stehen Regierung und Land den Verleumdungen, womit die demokratische Presse sie zu überschütten und allmälig zu untergraben sucht, schutzlos gegenüber; in¬ dem die Presse selbst ebenso systematisch jede unparteiische Erörterung unter¬ drückt, und die bestehenden gesetzlichen Garantien gegen den Mißbrauch der Presse auf das Gebiet des einzelnen Landes sich beschränken, in den übrigen deutschen Ländern aber, wie bekannt ist, thatsächlich wirkungslos sind. Ein solcher Zustand der Dinge erscheint wohl geeignet, die Aufmerksamkeit der Re¬ gierungen und aller derer auf sich zu ziehen, welche nicht gemeint sind, in dem Kampfe gegen die Umsturzpartei um die edelsten Güter der deutschen Nation zunächst auf dem Gebiete der Presse, dann aber auch bald auf anderen Ge¬ bieten die Waffen zu strecken. Ew. ?c. werden ersucht, die obige Auffassung vertrauensvoll zur Kenntniß der hohen Regierung, bei welcher Sie beglaubigt zu sein die Ehre haben, zu bringen und dieselbe auf Grund der anliegenden Darlegung zu erläutern, deren Mittheilung und weiterer Verbreitung in Kreisen, denen es um eine richtige Würdigung der Verhältnisse zu thun ist, kein Bedenken entgegensteht, und be¬ sonders deren Wichtigkeit für ganz Deutschland hervorzuheben. Ew. ?c. demnächstiger Relation in dieser Angelegenheit sieht das unter¬ zeichnete Ministerium mit Interesse entgegen." Ein bestimmter Antrag an die auswärtigen Regierungen, denen die vor¬ stehende Darlegung zur Kenntniß gebracht werden soll, wird nicht gestellt. Die auswärtigen Regierungen sollen zunächst über die Sachlage nur aufgeklärt und zu einer Beurtheilung der von der deutschen Presse gegen das Strafgesetz ge-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/454
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/454>, abgerufen am 23.07.2024.