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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Grund hatte, dann um Material zu geben für die jetzt hoffentlich nicht mehr
ferne Abrechnung mit Dänemark.

Das Soll der Herzogthümer bei einer solchen schließlichen Auseinander¬
setzung würde, aus dem von ihnen billigerweise zu übernehmenden Antheile der
Staatsschuld der dänischen Monarchie bestehen, wobei der Stand derselben beim
Tode Friedrichs des Siebenten als Norm anzusehen sein würde. Ende März
1863 betrug diese Schuld (mit Hinweglassung der Schillinge) 95.734,337 Thaler
Rcichsmünze oder ungefähr 71,800,783 Thaler preußisch.

Die Gegenrechnung der Herzogtümer, das Haben derselbe aber würde,
wenn wir kaufmännisch verfahren dürfen und keine Verjährungen anzuerkennen
haben, folgende Posten ausweisen:

1) Betrag der berüchtigten Uebcrvortheilung des deutschen Theils der
Monarchie durch die Reichsbank-Verordnung von 1813;

2) Werth der nach "Pacification" Schleswig-Holsteins widerrechtlich nach
Dänemark entführten Waffen und Geschütze, des übrigen Materials der Armee
und der Marine;

3) Antheil, welcher den Herzogtümern an sämmtlichen Staatsactiven zu¬
steht; endlich

4) Rückforderung der unter der Finanzverfassung von 1833 denselben
wider Recht und Gebühr abgenommenen Steuern und sonstigen Beiträge zur
Gesammtstaats-Wirthschaft.

Der Posten Ur. 1 gründet sich auf ein Plünderungsverfahren, wie es in
der Geschichte civilisirter Nationen, selbst in den Annalen Oestreichs, die sonst
eine reiche Auswahl an schmachvollen Finanzoperationen aufzuweisen haben,
seines Gleichen nirgend findet. Die Geschichte dieses die Regierung Friedrich
des Sechsten für alle Zeiten schauderten Raubes am Vermögen seiner deutschen
Unterthanen ist in der Kürze folgende. Im August 1812 bemächtigt sich die
kopenhagncr Regierung des Silbervorralhs der Schleswig-holsteinischen Speciesbank
in Altona und läßt denselben, obgleich ein feierliches königliches Versprechen
solchem Eingriff entgegensteht, von dort nach Rendsburg abführen. Dieser
Silbervorrath diente zur Fundirnng des Schleswig-holsteinischen Papiergeldes,
und die Folge der Maßregel ist die Entwerthung desselben. Wenige Monate
später erfolgt ein zweiter, noch verhängnißvollerer Coup, gegen den der eben¬
erwähnte erste fast wie ein Scherz aussieht. Durch Verordnung wird das tief¬
zerrüttete Geldwesen Dänemarks ohne Weiteres mit dem bisher wohlgeordneten der
Herzogthümerzusammengeworfen. Am 5. Januar 1813 ergeht unter dem Vorgeben,
es solle eine gemeinschaftliche Staats- oder Reichsbank errichtet werden, der könig¬
liche Befehl, dieses Institut aus allen Theilen der Monarchie zu fundiren und
das Königreich mit 19, die Herzogthümer mit 14 Millionen dazu heranzuziehen,
wofür jeder der beiden Theile eine Abtheilung der Bank erhalten soll. Zur


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Grund hatte, dann um Material zu geben für die jetzt hoffentlich nicht mehr
ferne Abrechnung mit Dänemark.

Das Soll der Herzogthümer bei einer solchen schließlichen Auseinander¬
setzung würde, aus dem von ihnen billigerweise zu übernehmenden Antheile der
Staatsschuld der dänischen Monarchie bestehen, wobei der Stand derselben beim
Tode Friedrichs des Siebenten als Norm anzusehen sein würde. Ende März
1863 betrug diese Schuld (mit Hinweglassung der Schillinge) 95.734,337 Thaler
Rcichsmünze oder ungefähr 71,800,783 Thaler preußisch.

Die Gegenrechnung der Herzogtümer, das Haben derselbe aber würde,
wenn wir kaufmännisch verfahren dürfen und keine Verjährungen anzuerkennen
haben, folgende Posten ausweisen:

1) Betrag der berüchtigten Uebcrvortheilung des deutschen Theils der
Monarchie durch die Reichsbank-Verordnung von 1813;

2) Werth der nach „Pacification" Schleswig-Holsteins widerrechtlich nach
Dänemark entführten Waffen und Geschütze, des übrigen Materials der Armee
und der Marine;

3) Antheil, welcher den Herzogtümern an sämmtlichen Staatsactiven zu¬
steht; endlich

4) Rückforderung der unter der Finanzverfassung von 1833 denselben
wider Recht und Gebühr abgenommenen Steuern und sonstigen Beiträge zur
Gesammtstaats-Wirthschaft.

Der Posten Ur. 1 gründet sich auf ein Plünderungsverfahren, wie es in
der Geschichte civilisirter Nationen, selbst in den Annalen Oestreichs, die sonst
eine reiche Auswahl an schmachvollen Finanzoperationen aufzuweisen haben,
seines Gleichen nirgend findet. Die Geschichte dieses die Regierung Friedrich
des Sechsten für alle Zeiten schauderten Raubes am Vermögen seiner deutschen
Unterthanen ist in der Kürze folgende. Im August 1812 bemächtigt sich die
kopenhagncr Regierung des Silbervorralhs der Schleswig-holsteinischen Speciesbank
in Altona und läßt denselben, obgleich ein feierliches königliches Versprechen
solchem Eingriff entgegensteht, von dort nach Rendsburg abführen. Dieser
Silbervorrath diente zur Fundirnng des Schleswig-holsteinischen Papiergeldes,
und die Folge der Maßregel ist die Entwerthung desselben. Wenige Monate
später erfolgt ein zweiter, noch verhängnißvollerer Coup, gegen den der eben¬
erwähnte erste fast wie ein Scherz aussieht. Durch Verordnung wird das tief¬
zerrüttete Geldwesen Dänemarks ohne Weiteres mit dem bisher wohlgeordneten der
Herzogthümerzusammengeworfen. Am 5. Januar 1813 ergeht unter dem Vorgeben,
es solle eine gemeinschaftliche Staats- oder Reichsbank errichtet werden, der könig¬
liche Befehl, dieses Institut aus allen Theilen der Monarchie zu fundiren und
das Königreich mit 19, die Herzogthümer mit 14 Millionen dazu heranzuziehen,
wofür jeder der beiden Theile eine Abtheilung der Bank erhalten soll. Zur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/371>, abgerufen am 23.07.2024.