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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Ebenso schießen die Gablenz- und andere Stiftungen wie Pilze aus der
Erde; leider aber ist bei den meisten Spenden dieser Art nur zu klar, daß es
nicht sowohl auf den wohlthätigen Zweck, als auf die Verherrlichung des Na¬
mens der in die Mode gekommenen Persönlichkeiten und auf das Bekanntwerden
der Spender abgesehen ist.

Ließe man es übrigens bei derartigen Kundgebungen der Siegesfreude be¬
wenden, so möchte nicht viel dagegen zu sagen sein. Es sind lächerliche, aber
harmlose Dinge, durch die sich niemand verletzt fühlen wird. Aber wie jedes
Zuviel von Selbstgefühl in Uebermuth auszuarten Pflegt, so auch dieses. Die
Gelegenheiten, weiche sich zur Verherrlichung der eigenen Thaten darboten,
wurden nicht nur hierfür in der übertriebensten Weise ausgebeutet, sondern sie
mußten in der Regel auch dazu dienen, um verletzende Anschuldigungen und
abgeschmackte Späße über Deutschland auszuschütten. Selbst die Preußen,
die gegenwärtigen Alliirten. wurden in gleich rücksichtsloser Weise behandelt,
und erst die Erstürmung von Düppel hat hierin eine Aenderung geschaffen,
die freilich nur um so widerlicher erscheint, als man dafür mit verdoppelter Wuth
das übrige Deutschland schmäht und verdächtigt. Man hat sogar die sonst zwischen
den Höfen beachtete Courtoisie verletzt. Bekanntlich war der verstorbene König
Maximilian der Zweite von Bayern Inhaber eines östreichischen Kürassierrcgiments.
In allen Staaten, wo noch die Benennung der Regimenter nach den Namen
hochgestellter Personen üblich ist, pflegt im Falle des Todes eines Monarchen
dessen Regiment seinem Nachfolger übertragen zu werden, oder es bleibt wenig¬
stens zum Zeichen der Trauer das Regiment ein halbes oder ganzes Jahr ohne
Namen. Nur im Kriege wird von diesem Gebrauche abgegangen, und es'be¬
hielt z. B. sogar 1855 das Regiment des Kaisers Nikolaus dessen Namen bei.
Als nun die Nachricht von der Eroberung Düppcls in Wien eintraf, wurde
dem Feldmarschall Wrangel sofort ein Regiment verliehen, und man wählte
hierzu absichtlich das Kürassierregiment "König Maximilian", da es nach hiesi¬
gen Begriffen kein größeres Unglück geben kann, als keine östreichische Uniform
tragen zu dürfen, und man dem neuen König vermuthlich den Groll Oestreichs
empfinden lassen zu müssen glaubte.

Dem Beispiele der Regierung glauben andere Behörden und Körperschaf¬
ten folgen zu müssen. Namentlich zeichnet sich der Gemeinderath von Wien
in dieser Beziehung aus; doch bleiben auch die Vertreter der Provinzialstcidte
nicht zurück. Adressen, Danksagungen, Ehrenbürgerdiplome und Albums wer¬
den da in stürmischer Aufeinanderfolge votirt, und es giebt eine Stadt, in
welcher vor wenigen Jahren der Admiral Dahlerup, ein Ultradäne vom reinsten
Wasser, zum Ehrenbürger ernannt wurde, und wo nunmehr einem der "Sieger
von Schleswig" die gleiche Ehre zugedacht wird. Gassen, Plätze. Brücken und
Häuser werden nach den in der Mode stehenden Namen benannt, und bald wird


Ebenso schießen die Gablenz- und andere Stiftungen wie Pilze aus der
Erde; leider aber ist bei den meisten Spenden dieser Art nur zu klar, daß es
nicht sowohl auf den wohlthätigen Zweck, als auf die Verherrlichung des Na¬
mens der in die Mode gekommenen Persönlichkeiten und auf das Bekanntwerden
der Spender abgesehen ist.

Ließe man es übrigens bei derartigen Kundgebungen der Siegesfreude be¬
wenden, so möchte nicht viel dagegen zu sagen sein. Es sind lächerliche, aber
harmlose Dinge, durch die sich niemand verletzt fühlen wird. Aber wie jedes
Zuviel von Selbstgefühl in Uebermuth auszuarten Pflegt, so auch dieses. Die
Gelegenheiten, weiche sich zur Verherrlichung der eigenen Thaten darboten,
wurden nicht nur hierfür in der übertriebensten Weise ausgebeutet, sondern sie
mußten in der Regel auch dazu dienen, um verletzende Anschuldigungen und
abgeschmackte Späße über Deutschland auszuschütten. Selbst die Preußen,
die gegenwärtigen Alliirten. wurden in gleich rücksichtsloser Weise behandelt,
und erst die Erstürmung von Düppel hat hierin eine Aenderung geschaffen,
die freilich nur um so widerlicher erscheint, als man dafür mit verdoppelter Wuth
das übrige Deutschland schmäht und verdächtigt. Man hat sogar die sonst zwischen
den Höfen beachtete Courtoisie verletzt. Bekanntlich war der verstorbene König
Maximilian der Zweite von Bayern Inhaber eines östreichischen Kürassierrcgiments.
In allen Staaten, wo noch die Benennung der Regimenter nach den Namen
hochgestellter Personen üblich ist, pflegt im Falle des Todes eines Monarchen
dessen Regiment seinem Nachfolger übertragen zu werden, oder es bleibt wenig¬
stens zum Zeichen der Trauer das Regiment ein halbes oder ganzes Jahr ohne
Namen. Nur im Kriege wird von diesem Gebrauche abgegangen, und es'be¬
hielt z. B. sogar 1855 das Regiment des Kaisers Nikolaus dessen Namen bei.
Als nun die Nachricht von der Eroberung Düppcls in Wien eintraf, wurde
dem Feldmarschall Wrangel sofort ein Regiment verliehen, und man wählte
hierzu absichtlich das Kürassierregiment „König Maximilian", da es nach hiesi¬
gen Begriffen kein größeres Unglück geben kann, als keine östreichische Uniform
tragen zu dürfen, und man dem neuen König vermuthlich den Groll Oestreichs
empfinden lassen zu müssen glaubte.

Dem Beispiele der Regierung glauben andere Behörden und Körperschaf¬
ten folgen zu müssen. Namentlich zeichnet sich der Gemeinderath von Wien
in dieser Beziehung aus; doch bleiben auch die Vertreter der Provinzialstcidte
nicht zurück. Adressen, Danksagungen, Ehrenbürgerdiplome und Albums wer¬
den da in stürmischer Aufeinanderfolge votirt, und es giebt eine Stadt, in
welcher vor wenigen Jahren der Admiral Dahlerup, ein Ultradäne vom reinsten
Wasser, zum Ehrenbürger ernannt wurde, und wo nunmehr einem der „Sieger
von Schleswig" die gleiche Ehre zugedacht wird. Gassen, Plätze. Brücken und
Häuser werden nach den in der Mode stehenden Namen benannt, und bald wird


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[0360] Ebenso schießen die Gablenz- und andere Stiftungen wie Pilze aus der Erde; leider aber ist bei den meisten Spenden dieser Art nur zu klar, daß es nicht sowohl auf den wohlthätigen Zweck, als auf die Verherrlichung des Na¬ mens der in die Mode gekommenen Persönlichkeiten und auf das Bekanntwerden der Spender abgesehen ist. Ließe man es übrigens bei derartigen Kundgebungen der Siegesfreude be¬ wenden, so möchte nicht viel dagegen zu sagen sein. Es sind lächerliche, aber harmlose Dinge, durch die sich niemand verletzt fühlen wird. Aber wie jedes Zuviel von Selbstgefühl in Uebermuth auszuarten Pflegt, so auch dieses. Die Gelegenheiten, weiche sich zur Verherrlichung der eigenen Thaten darboten, wurden nicht nur hierfür in der übertriebensten Weise ausgebeutet, sondern sie mußten in der Regel auch dazu dienen, um verletzende Anschuldigungen und abgeschmackte Späße über Deutschland auszuschütten. Selbst die Preußen, die gegenwärtigen Alliirten. wurden in gleich rücksichtsloser Weise behandelt, und erst die Erstürmung von Düppel hat hierin eine Aenderung geschaffen, die freilich nur um so widerlicher erscheint, als man dafür mit verdoppelter Wuth das übrige Deutschland schmäht und verdächtigt. Man hat sogar die sonst zwischen den Höfen beachtete Courtoisie verletzt. Bekanntlich war der verstorbene König Maximilian der Zweite von Bayern Inhaber eines östreichischen Kürassierrcgiments. In allen Staaten, wo noch die Benennung der Regimenter nach den Namen hochgestellter Personen üblich ist, pflegt im Falle des Todes eines Monarchen dessen Regiment seinem Nachfolger übertragen zu werden, oder es bleibt wenig¬ stens zum Zeichen der Trauer das Regiment ein halbes oder ganzes Jahr ohne Namen. Nur im Kriege wird von diesem Gebrauche abgegangen, und es'be¬ hielt z. B. sogar 1855 das Regiment des Kaisers Nikolaus dessen Namen bei. Als nun die Nachricht von der Eroberung Düppcls in Wien eintraf, wurde dem Feldmarschall Wrangel sofort ein Regiment verliehen, und man wählte hierzu absichtlich das Kürassierregiment „König Maximilian", da es nach hiesi¬ gen Begriffen kein größeres Unglück geben kann, als keine östreichische Uniform tragen zu dürfen, und man dem neuen König vermuthlich den Groll Oestreichs empfinden lassen zu müssen glaubte. Dem Beispiele der Regierung glauben andere Behörden und Körperschaf¬ ten folgen zu müssen. Namentlich zeichnet sich der Gemeinderath von Wien in dieser Beziehung aus; doch bleiben auch die Vertreter der Provinzialstcidte nicht zurück. Adressen, Danksagungen, Ehrenbürgerdiplome und Albums wer¬ den da in stürmischer Aufeinanderfolge votirt, und es giebt eine Stadt, in welcher vor wenigen Jahren der Admiral Dahlerup, ein Ultradäne vom reinsten Wasser, zum Ehrenbürger ernannt wurde, und wo nunmehr einem der „Sieger von Schleswig" die gleiche Ehre zugedacht wird. Gassen, Plätze. Brücken und Häuser werden nach den in der Mode stehenden Namen benannt, und bald wird

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/360>, abgerufen am 23.07.2024.