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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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waren, in einigen derselben befanden sich auch Musikanten, und alles schien
eine große Feyerlichkeit anzukündigen.

Als gegen neun Uhr durch drei Böller das Zeichen zum Füllen des Ballons
gegeben wurde, befanden sich schon viele tausend Menschen auf dem Judenbühl,
und nun kamen durch den Hcroldsbcrgcr Schanz-Posten und durch jenen beim
Schmausen-Garten ein solcher Strom von Fußgängern, reutenden und fahren¬
den Personen auf den Plaz zu, daß derselbe bis zum letzten Signal ein un¬
absehbares Feld von Menschen Vorstellte.

Die Rankende und Kutschen wurden durch rankende Dragoner an weit ent¬
fernte, für dieselben bestimmte Pläze angewiesen. Um zehn Uhr geschah das
zweite Signal mit zwei Böllern, gegen elf Uhr aber das dritte, zum Zeichen
daß der Ballon gefüllt sey, mit einem Böllerschuß. Ausser diesem, auf dem
Plaza sich befindlichen Volke, welches sicher 50--60.000 Seelen betrug, befand
sich noch eine Menge von Vielen taufenden in und auf der Vestung, Pastcyen,
Mauern und den darüberragenden Häusern, Thürmen, Schanzen. Gartenhäusern,
ja sogar auf den an den Gartenmauern errichteten Bühnen n. s. w. und dennoch
herrschte unter diesem unzählbaren Menschenhaufen eine bewundernswürdige
Ordnung und Stille; kein Mensch drängte den andern, denn noch so viel Per¬
sonen hätten auf diesem herrlichen Plaze Raum genug gehabt.

Die Witterung war erwünscht, die Luft bewegte sich kaum zum Bemerken
südwestlich. Der Himmel war gegen Morgen und Mittag fast gar nicht, gegen
Abend etwas mehr, gegen Mitternacht aber ziemlich bewölkt.

Herr Blancha-rd war bey dem Füllen des Ballons so thätig, und eilte um
nachzusehen mit einer solchen Munterkeit umher, als ob er bei der vergnügtesten
Gesellschaft im Tanz begriffen wäre. Man sagt, er wäre Morgens ein Uhr
schon auf den Platz hinaufgegangen, um zu Visitiren, herzurichten, die Massen
Spiauteros") abzuwägen u. s. w.. und alles in euren solchen Stand zu setzen,
daß er aufs erste Signal zum Füllen in völliger Bereitschaft dazu seyn könnte,
welches er auch pünktlich beobachtete, so daß alle zusehenden Subscribenten
sogleich für seine gute Sache eingenommen wurden. Er stieg mit aller Gegen¬
wart des Geistes, welche ihn nie zu verlassen scheint, getrost nach höhern
Regionen auf.

Man sagt, er habe, wie er vor jeder Auffahrt zu thun Pflege, den Tag
vorher communicirt.

Bis Herr Blanchard sich zur Abreise fertig machte und seine Gondel be¬
stieg, warteten aller Augen auf das Aufsteigen des schon seit einer halben
Stunde etwas über den Verschlag herausstehenden Ballons. Nun bewegte sich



') Zink.

waren, in einigen derselben befanden sich auch Musikanten, und alles schien
eine große Feyerlichkeit anzukündigen.

Als gegen neun Uhr durch drei Böller das Zeichen zum Füllen des Ballons
gegeben wurde, befanden sich schon viele tausend Menschen auf dem Judenbühl,
und nun kamen durch den Hcroldsbcrgcr Schanz-Posten und durch jenen beim
Schmausen-Garten ein solcher Strom von Fußgängern, reutenden und fahren¬
den Personen auf den Plaz zu, daß derselbe bis zum letzten Signal ein un¬
absehbares Feld von Menschen Vorstellte.

Die Rankende und Kutschen wurden durch rankende Dragoner an weit ent¬
fernte, für dieselben bestimmte Pläze angewiesen. Um zehn Uhr geschah das
zweite Signal mit zwei Böllern, gegen elf Uhr aber das dritte, zum Zeichen
daß der Ballon gefüllt sey, mit einem Böllerschuß. Ausser diesem, auf dem
Plaza sich befindlichen Volke, welches sicher 50—60.000 Seelen betrug, befand
sich noch eine Menge von Vielen taufenden in und auf der Vestung, Pastcyen,
Mauern und den darüberragenden Häusern, Thürmen, Schanzen. Gartenhäusern,
ja sogar auf den an den Gartenmauern errichteten Bühnen n. s. w. und dennoch
herrschte unter diesem unzählbaren Menschenhaufen eine bewundernswürdige
Ordnung und Stille; kein Mensch drängte den andern, denn noch so viel Per¬
sonen hätten auf diesem herrlichen Plaze Raum genug gehabt.

Die Witterung war erwünscht, die Luft bewegte sich kaum zum Bemerken
südwestlich. Der Himmel war gegen Morgen und Mittag fast gar nicht, gegen
Abend etwas mehr, gegen Mitternacht aber ziemlich bewölkt.

Herr Blancha-rd war bey dem Füllen des Ballons so thätig, und eilte um
nachzusehen mit einer solchen Munterkeit umher, als ob er bei der vergnügtesten
Gesellschaft im Tanz begriffen wäre. Man sagt, er wäre Morgens ein Uhr
schon auf den Platz hinaufgegangen, um zu Visitiren, herzurichten, die Massen
Spiauteros") abzuwägen u. s. w.. und alles in euren solchen Stand zu setzen,
daß er aufs erste Signal zum Füllen in völliger Bereitschaft dazu seyn könnte,
welches er auch pünktlich beobachtete, so daß alle zusehenden Subscribenten
sogleich für seine gute Sache eingenommen wurden. Er stieg mit aller Gegen¬
wart des Geistes, welche ihn nie zu verlassen scheint, getrost nach höhern
Regionen auf.

Man sagt, er habe, wie er vor jeder Auffahrt zu thun Pflege, den Tag
vorher communicirt.

Bis Herr Blanchard sich zur Abreise fertig machte und seine Gondel be¬
stieg, warteten aller Augen auf das Aufsteigen des schon seit einer halben
Stunde etwas über den Verschlag herausstehenden Ballons. Nun bewegte sich



') Zink.
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[0351] waren, in einigen derselben befanden sich auch Musikanten, und alles schien eine große Feyerlichkeit anzukündigen. Als gegen neun Uhr durch drei Böller das Zeichen zum Füllen des Ballons gegeben wurde, befanden sich schon viele tausend Menschen auf dem Judenbühl, und nun kamen durch den Hcroldsbcrgcr Schanz-Posten und durch jenen beim Schmausen-Garten ein solcher Strom von Fußgängern, reutenden und fahren¬ den Personen auf den Plaz zu, daß derselbe bis zum letzten Signal ein un¬ absehbares Feld von Menschen Vorstellte. Die Rankende und Kutschen wurden durch rankende Dragoner an weit ent¬ fernte, für dieselben bestimmte Pläze angewiesen. Um zehn Uhr geschah das zweite Signal mit zwei Böllern, gegen elf Uhr aber das dritte, zum Zeichen daß der Ballon gefüllt sey, mit einem Böllerschuß. Ausser diesem, auf dem Plaza sich befindlichen Volke, welches sicher 50—60.000 Seelen betrug, befand sich noch eine Menge von Vielen taufenden in und auf der Vestung, Pastcyen, Mauern und den darüberragenden Häusern, Thürmen, Schanzen. Gartenhäusern, ja sogar auf den an den Gartenmauern errichteten Bühnen n. s. w. und dennoch herrschte unter diesem unzählbaren Menschenhaufen eine bewundernswürdige Ordnung und Stille; kein Mensch drängte den andern, denn noch so viel Per¬ sonen hätten auf diesem herrlichen Plaze Raum genug gehabt. Die Witterung war erwünscht, die Luft bewegte sich kaum zum Bemerken südwestlich. Der Himmel war gegen Morgen und Mittag fast gar nicht, gegen Abend etwas mehr, gegen Mitternacht aber ziemlich bewölkt. Herr Blancha-rd war bey dem Füllen des Ballons so thätig, und eilte um nachzusehen mit einer solchen Munterkeit umher, als ob er bei der vergnügtesten Gesellschaft im Tanz begriffen wäre. Man sagt, er wäre Morgens ein Uhr schon auf den Platz hinaufgegangen, um zu Visitiren, herzurichten, die Massen Spiauteros") abzuwägen u. s. w.. und alles in euren solchen Stand zu setzen, daß er aufs erste Signal zum Füllen in völliger Bereitschaft dazu seyn könnte, welches er auch pünktlich beobachtete, so daß alle zusehenden Subscribenten sogleich für seine gute Sache eingenommen wurden. Er stieg mit aller Gegen¬ wart des Geistes, welche ihn nie zu verlassen scheint, getrost nach höhern Regionen auf. Man sagt, er habe, wie er vor jeder Auffahrt zu thun Pflege, den Tag vorher communicirt. Bis Herr Blanchard sich zur Abreise fertig machte und seine Gondel be¬ stieg, warteten aller Augen auf das Aufsteigen des schon seit einer halben Stunde etwas über den Verschlag herausstehenden Ballons. Nun bewegte sich ') Zink.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/351>, abgerufen am 23.07.2024.