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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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zwischen dem Lauster und Vestner Thore ein zur Ausfahrt bequemer Platz aus¬
ersehen, auf demselben eine etwa 36 Fuß hohe und auf jeder Seite ins Viereck
40 Fuß breite Hütte ohne Dach, oder ein Verschlag errichtet, und um dieselbe
ein ziemlicher Raum für die Subscnbcntcn einzufangen angeordnet. Zu An¬
fang des November wurden die Plätze für die Subscribenten erweitert, die
Preise erniedrigt) und die Auffahrt selbst auf den 12. November festgesetzt.
Nun bezahlte man auf dem ersten Platz zwei, aus dem zweiten einen Laub-
'thaler, aus dem dritten Platz einen Gulden und auf dem vierten vierundzwan¬
zig Kreuzer.

Es ergingen von Seiten der hohen Obrigkeit zur Sicherheit der Stadt
und der Fremden vortreffliche Verordnungen, sowie auch von Seiten der Entre¬
preneurs für die Bequemlichkeit und das Vergnügen des Publicums alle nur
ersinnliche Sorgfalt getragen ward. Dennoch gab es boshafte Menschen, welche
ausstreuten, daß die Auffahrt später oder wohl gar nicht für sich gehen würde;
daß die Lebensmitttel in unerhörten Preisen wären; ja, was noch mehr ist.
daß des Herrn Marggrascn von Anspach-Bayreuth Durchlaucht die Anstalten
am Tage der Auffahrt durchs Militär würde ruiniren lassen; alles dies ge¬
schah blos um die Fremden abzuhalten, die Stadt um den davon zu ziehenden
Nutzen und Ruhm wegen ihrer löblichen Anstalten zu bringen und Herrn Blan-
chard und seine Freunde furchtsam und lächerlich zu machen. Die Kabale ge¬
lang nicht; und ich kann versichern, daß nicht nur der ohnehin bestimmte Preis
der VicluaKen gar nicht erhöhet, sondern die täglich zur Stadt gebrachten im
Ueberfluß, und wohlfeiler, als sonst zu haben waren. Zur Sicherheit und zum
Vergnügen der Fremden wurden von sehr vielen Einwohnern neue Laternen
an die Häuser angemacht, Pcchpfannen ausgehängt, der so bekannte Kristkindels-
Markt ausgeschlagen, und auch bei Nacht erleuchtet: die Wachen wurden ver¬
doppelt, und von der Stadt besoldete Personen aus verschiedene Pläze beordert.
Kurz zu sagen; ein hoher Magistrat und löbliche Bürgerschaft rechtfertigten
durch vortreffliche Policey-Anstalten zum Vergnügen der Fremden, gute Bewir¬
thung und höfliches Betragen, gegen jedermann, die sowohl von In- als
Ausländern von denselben gehegte Meinung, vollkommen.

Endlich kam der 12. November heran, es war ein festlicher Tag. Schon
ein paar Tage vorher wurde beschlossen keine Rathssession zu halten, welches
sich niemand zu erinnern weiß. Die mehrsten Gewölber und Läden wurden
nur früh oder gar nicht eröffnet. Bey den drei Kirchen zu Se. Se. Se. Lorenz,
Sebald und Egidicn wurden starke Wachen postirt, die beständig mit Patrouil¬
liren abwechselten, und drei Thore blieben ganz verschlossen.

Schon um Thoraufschluß begab sich eine Menge Menschen aus den Ort
des Schauspieles, auf welchem in gewisser Entfernung viele Hütten und Zelte
errichtet wurden, worin alle Sorten von Getränken und Speisen zu haben


zwischen dem Lauster und Vestner Thore ein zur Ausfahrt bequemer Platz aus¬
ersehen, auf demselben eine etwa 36 Fuß hohe und auf jeder Seite ins Viereck
40 Fuß breite Hütte ohne Dach, oder ein Verschlag errichtet, und um dieselbe
ein ziemlicher Raum für die Subscnbcntcn einzufangen angeordnet. Zu An¬
fang des November wurden die Plätze für die Subscribenten erweitert, die
Preise erniedrigt) und die Auffahrt selbst auf den 12. November festgesetzt.
Nun bezahlte man auf dem ersten Platz zwei, aus dem zweiten einen Laub-
'thaler, aus dem dritten Platz einen Gulden und auf dem vierten vierundzwan¬
zig Kreuzer.

Es ergingen von Seiten der hohen Obrigkeit zur Sicherheit der Stadt
und der Fremden vortreffliche Verordnungen, sowie auch von Seiten der Entre¬
preneurs für die Bequemlichkeit und das Vergnügen des Publicums alle nur
ersinnliche Sorgfalt getragen ward. Dennoch gab es boshafte Menschen, welche
ausstreuten, daß die Auffahrt später oder wohl gar nicht für sich gehen würde;
daß die Lebensmitttel in unerhörten Preisen wären; ja, was noch mehr ist.
daß des Herrn Marggrascn von Anspach-Bayreuth Durchlaucht die Anstalten
am Tage der Auffahrt durchs Militär würde ruiniren lassen; alles dies ge¬
schah blos um die Fremden abzuhalten, die Stadt um den davon zu ziehenden
Nutzen und Ruhm wegen ihrer löblichen Anstalten zu bringen und Herrn Blan-
chard und seine Freunde furchtsam und lächerlich zu machen. Die Kabale ge¬
lang nicht; und ich kann versichern, daß nicht nur der ohnehin bestimmte Preis
der VicluaKen gar nicht erhöhet, sondern die täglich zur Stadt gebrachten im
Ueberfluß, und wohlfeiler, als sonst zu haben waren. Zur Sicherheit und zum
Vergnügen der Fremden wurden von sehr vielen Einwohnern neue Laternen
an die Häuser angemacht, Pcchpfannen ausgehängt, der so bekannte Kristkindels-
Markt ausgeschlagen, und auch bei Nacht erleuchtet: die Wachen wurden ver¬
doppelt, und von der Stadt besoldete Personen aus verschiedene Pläze beordert.
Kurz zu sagen; ein hoher Magistrat und löbliche Bürgerschaft rechtfertigten
durch vortreffliche Policey-Anstalten zum Vergnügen der Fremden, gute Bewir¬
thung und höfliches Betragen, gegen jedermann, die sowohl von In- als
Ausländern von denselben gehegte Meinung, vollkommen.

Endlich kam der 12. November heran, es war ein festlicher Tag. Schon
ein paar Tage vorher wurde beschlossen keine Rathssession zu halten, welches
sich niemand zu erinnern weiß. Die mehrsten Gewölber und Läden wurden
nur früh oder gar nicht eröffnet. Bey den drei Kirchen zu Se. Se. Se. Lorenz,
Sebald und Egidicn wurden starke Wachen postirt, die beständig mit Patrouil¬
liren abwechselten, und drei Thore blieben ganz verschlossen.

Schon um Thoraufschluß begab sich eine Menge Menschen aus den Ort
des Schauspieles, auf welchem in gewisser Entfernung viele Hütten und Zelte
errichtet wurden, worin alle Sorten von Getränken und Speisen zu haben


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[0350] zwischen dem Lauster und Vestner Thore ein zur Ausfahrt bequemer Platz aus¬ ersehen, auf demselben eine etwa 36 Fuß hohe und auf jeder Seite ins Viereck 40 Fuß breite Hütte ohne Dach, oder ein Verschlag errichtet, und um dieselbe ein ziemlicher Raum für die Subscnbcntcn einzufangen angeordnet. Zu An¬ fang des November wurden die Plätze für die Subscribenten erweitert, die Preise erniedrigt) und die Auffahrt selbst auf den 12. November festgesetzt. Nun bezahlte man auf dem ersten Platz zwei, aus dem zweiten einen Laub- 'thaler, aus dem dritten Platz einen Gulden und auf dem vierten vierundzwan¬ zig Kreuzer. Es ergingen von Seiten der hohen Obrigkeit zur Sicherheit der Stadt und der Fremden vortreffliche Verordnungen, sowie auch von Seiten der Entre¬ preneurs für die Bequemlichkeit und das Vergnügen des Publicums alle nur ersinnliche Sorgfalt getragen ward. Dennoch gab es boshafte Menschen, welche ausstreuten, daß die Auffahrt später oder wohl gar nicht für sich gehen würde; daß die Lebensmitttel in unerhörten Preisen wären; ja, was noch mehr ist. daß des Herrn Marggrascn von Anspach-Bayreuth Durchlaucht die Anstalten am Tage der Auffahrt durchs Militär würde ruiniren lassen; alles dies ge¬ schah blos um die Fremden abzuhalten, die Stadt um den davon zu ziehenden Nutzen und Ruhm wegen ihrer löblichen Anstalten zu bringen und Herrn Blan- chard und seine Freunde furchtsam und lächerlich zu machen. Die Kabale ge¬ lang nicht; und ich kann versichern, daß nicht nur der ohnehin bestimmte Preis der VicluaKen gar nicht erhöhet, sondern die täglich zur Stadt gebrachten im Ueberfluß, und wohlfeiler, als sonst zu haben waren. Zur Sicherheit und zum Vergnügen der Fremden wurden von sehr vielen Einwohnern neue Laternen an die Häuser angemacht, Pcchpfannen ausgehängt, der so bekannte Kristkindels- Markt ausgeschlagen, und auch bei Nacht erleuchtet: die Wachen wurden ver¬ doppelt, und von der Stadt besoldete Personen aus verschiedene Pläze beordert. Kurz zu sagen; ein hoher Magistrat und löbliche Bürgerschaft rechtfertigten durch vortreffliche Policey-Anstalten zum Vergnügen der Fremden, gute Bewir¬ thung und höfliches Betragen, gegen jedermann, die sowohl von In- als Ausländern von denselben gehegte Meinung, vollkommen. Endlich kam der 12. November heran, es war ein festlicher Tag. Schon ein paar Tage vorher wurde beschlossen keine Rathssession zu halten, welches sich niemand zu erinnern weiß. Die mehrsten Gewölber und Läden wurden nur früh oder gar nicht eröffnet. Bey den drei Kirchen zu Se. Se. Se. Lorenz, Sebald und Egidicn wurden starke Wachen postirt, die beständig mit Patrouil¬ liren abwechselten, und drei Thore blieben ganz verschlossen. Schon um Thoraufschluß begab sich eine Menge Menschen aus den Ort des Schauspieles, auf welchem in gewisser Entfernung viele Hütten und Zelte errichtet wurden, worin alle Sorten von Getränken und Speisen zu haben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/350>, abgerufen am 23.07.2024.