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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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daß -- laut Angabe des Früheren v. Reuse -- Reuß ältere Linie stets einhellig
mit Sachsen gestimmt hat. -- Reuß jüngere Linie hat den Herzog Friedrich
durch formelles Schreiben des Fürsten vom 7. Dent. 1863 anerkannt. -- Die
Gesinnung Lippe-Schaumburgs ist leider noch nichtpräcis zu Tage getreten.
Aus gelegentlichen Aeußerungen an hervorragender Stelle wird indeß entnommen,
daß sich der Fürst lebhaft für 1>le Herzogthümer interessirt, für welche er 1849
die Waffen getragen hat. Daneben ist jedoch betont worden, daß rücksichtlich
der Erbansprüche in Holstein unterschiede" werden müsse zwischen dem eigent¬
lichen Lande Holstein einerseits und den weiland großfürstlichen sowie den
schauenburgischen Antheilen andrerseits. Was die letzteren angeht, so ist die
schätzbare Bemerkung nicht vorenthalten worden, "daß sich zahlreiche Actenstücke
darüber im bückeburger Archive befänden". -- Lip p e-D een v it hat ebenfalls
seinen Standpunkt noch nicht endgiltig formulirt, doch ist officiös die beruhigende
Versicherung gegeben worden, "daß man gegen Herzog Friedrich leine feindliche
Stellung einnehmen würde." -- Waldeck hingegen hat den Herzog direct aner¬
kannt. -- Für Hessen-Homburg hat sich der Landgraf laut Schreiben vom
7. Decb. 1863 entschieden zu Gunsten des Herzogs ausgesprochen. Außerdem
wurde officiell durch Schreiben v. 6. Jan. 1864 erklärt, daß "der Landgraf
im vollen Einverständnis; sein würde, wenn die zeitige interimistische Vundes-
verwaltung (in Holstein) baldigst durch die Herstellung einer definitiven und
rechtmäßigen Landesverwaltung ersetzt werde". Es ist schade, daß wahrschein¬
lich zwingende Rücksichten des Hessen - homburgischcn Eurialstils die bestimmte
Bezeichnung dessen, was man hierunter versteht, verboten haben. Die An¬
sprüche des Herzogs werden aber anderweit als die ,,nächstberechtigten" bezeich¬
net. Ein zweites Schreiben des Souveräns an Herzog Friedrich "wünscht auf¬
richtig das völlige Gelingen der so gerechten Sache, welche mit dem Wohl und
der Ehre Deutschlands so nahe verbunden ist". Wenn also das Votum Hom¬
burgs in allen Fällen auf Grund dieser obigen Gesinnungsdvcumcnte erfolgt
ist, so ist die Anerkennung am Bunde befürwortet worden, ein Umstand, der
um so denkwürdiger wäre, als der Landgraf 60 Jahr lang in östreichischen Dien¬
sten gestanden hat. In Anbetracht dieses nahen Verhältnisses zum wiener Hofe
möchte der Pessimismus Entschuldigung finden, welcher die homburgische Stimm¬
führung dennoch mit einiger Aengstlichkeit zu betrachten versucht sein sollte. --

Der Modus der Abstimmung in der XVI. Curie giebt jedem der fürstlichen
Höfe eine gleiche Quote, und das Curiatvotum wird sonach per majorsm be¬
stimmt. Wenn einer der sieben Höfe keine Instruction gegeben hat, so kann
Stimmengleichheit eintreten; in diesem Falle hat der betreffende Gesandte der
Majorität am Bunde beizutreten. Ist diese nicht vorhanden, dann soll die
Curiatstimme auf die Weise gebildet werden, daß das vowm ÄLeisivum nach
der Reihenfolge der einzelnen Staaten unter diesen alternirt.


daß — laut Angabe des Früheren v. Reuse — Reuß ältere Linie stets einhellig
mit Sachsen gestimmt hat. — Reuß jüngere Linie hat den Herzog Friedrich
durch formelles Schreiben des Fürsten vom 7. Dent. 1863 anerkannt. — Die
Gesinnung Lippe-Schaumburgs ist leider noch nichtpräcis zu Tage getreten.
Aus gelegentlichen Aeußerungen an hervorragender Stelle wird indeß entnommen,
daß sich der Fürst lebhaft für 1>le Herzogthümer interessirt, für welche er 1849
die Waffen getragen hat. Daneben ist jedoch betont worden, daß rücksichtlich
der Erbansprüche in Holstein unterschiede» werden müsse zwischen dem eigent¬
lichen Lande Holstein einerseits und den weiland großfürstlichen sowie den
schauenburgischen Antheilen andrerseits. Was die letzteren angeht, so ist die
schätzbare Bemerkung nicht vorenthalten worden, „daß sich zahlreiche Actenstücke
darüber im bückeburger Archive befänden". — Lip p e-D een v it hat ebenfalls
seinen Standpunkt noch nicht endgiltig formulirt, doch ist officiös die beruhigende
Versicherung gegeben worden, „daß man gegen Herzog Friedrich leine feindliche
Stellung einnehmen würde." — Waldeck hingegen hat den Herzog direct aner¬
kannt. — Für Hessen-Homburg hat sich der Landgraf laut Schreiben vom
7. Decb. 1863 entschieden zu Gunsten des Herzogs ausgesprochen. Außerdem
wurde officiell durch Schreiben v. 6. Jan. 1864 erklärt, daß „der Landgraf
im vollen Einverständnis; sein würde, wenn die zeitige interimistische Vundes-
verwaltung (in Holstein) baldigst durch die Herstellung einer definitiven und
rechtmäßigen Landesverwaltung ersetzt werde". Es ist schade, daß wahrschein¬
lich zwingende Rücksichten des Hessen - homburgischcn Eurialstils die bestimmte
Bezeichnung dessen, was man hierunter versteht, verboten haben. Die An¬
sprüche des Herzogs werden aber anderweit als die ,,nächstberechtigten" bezeich¬
net. Ein zweites Schreiben des Souveräns an Herzog Friedrich „wünscht auf¬
richtig das völlige Gelingen der so gerechten Sache, welche mit dem Wohl und
der Ehre Deutschlands so nahe verbunden ist". Wenn also das Votum Hom¬
burgs in allen Fällen auf Grund dieser obigen Gesinnungsdvcumcnte erfolgt
ist, so ist die Anerkennung am Bunde befürwortet worden, ein Umstand, der
um so denkwürdiger wäre, als der Landgraf 60 Jahr lang in östreichischen Dien¬
sten gestanden hat. In Anbetracht dieses nahen Verhältnisses zum wiener Hofe
möchte der Pessimismus Entschuldigung finden, welcher die homburgische Stimm¬
führung dennoch mit einiger Aengstlichkeit zu betrachten versucht sein sollte. —

Der Modus der Abstimmung in der XVI. Curie giebt jedem der fürstlichen
Höfe eine gleiche Quote, und das Curiatvotum wird sonach per majorsm be¬
stimmt. Wenn einer der sieben Höfe keine Instruction gegeben hat, so kann
Stimmengleichheit eintreten; in diesem Falle hat der betreffende Gesandte der
Majorität am Bunde beizutreten. Ist diese nicht vorhanden, dann soll die
Curiatstimme auf die Weise gebildet werden, daß das vowm ÄLeisivum nach
der Reihenfolge der einzelnen Staaten unter diesen alternirt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/342>, abgerufen am 23.07.2024.