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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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den Herzog Friedrich aus dem Hause Augustenburg als zur Erbfolge in Schleswig-
Holstein berechtigt." --

In besonderer Lage befand und befindet sich Oldenburg. Die jüngere
gottorsische Linie ist direct betheiligt bei jeder Successionsfrage in Dänemark
und folglich auch hier. Zwar hat der Rechtssinn des Großherzogs bekanntlich
die Rolle von der Hand gewiesen, welche ihm selber an Stelle des glücks-
burger Prinzen bei dem ganzen Arrangement angesonnen worden war; allein
die Haltung des kaiserlich russischen Hofes und die Pression, welche die Folge
derselben war, hatte ihn dennoch von vornherein in eine unklare Stellung ver¬
wiesen. Es liegen über das Verhalten Oldenburgs zum londoner Tractat mehre
Actenstücke vor. Zunächst die Erklärung auf die Einladung zum Beitritt. Sie er¬
folgte durch ein Schreiben des Herrn v. Rössing an den außerordentlichen däni¬
schen Gesandten Baron Dirckinck-Holmfcld 6. ä. Oldenburg 10. Decb. 1862.
Darin heißt es: "Se. königliche Hoheit verkenne die großen Schwierigkeiten
nicht, welche eine eventuelle Succession in Dänemark und den Herzogtümern
habe. Er spreche nicht blos seine aufrichtigen Wünsche aus, daß der Tractat
dazu dienen möge, diese Schwierigkeiten zu ebnen, sondern er erkläre sich zu¬
gleich bereit, hierzu beizutragen, indem er für sich und seine Descendenten be¬
treffs der Erbfolge zu Gunsten des Prinzen Christian von Schleswig-Holstein-
Sonderburg-Glücksburg und dessen männlicher Nachkommen aus der Ehe mit
der Prinzessin Louise von Hessen verzichte, für den Fall, daß Prinz Christian
den dänischen Thron besteige und so lange als seine Nachkommen denselben
innehaben würden. Dies geschieht mit Beziehung auf den Tractat von Kopen¬
hagen von 11. April 1767 zwischen Rußland und Dänemark und auf den von
Tsarkoe-Scio vom 21. Mai 1773." In dem vertraulichen Begleitschreiben,
welches Baron Rössing mit dieser Note an Dirckinck-Holmfeld schickte, drückt
derselbe sein Bedauern darüber aus, daß die Verhandlungen, welche beide
Minister über die RenunciationSsrage gepflogen hätten, nicht zu dem erwünschten
Ziele gediehen seien. Um so größere Genugthuung werde es dem kopenhagener
Cabinete sein, diesen Zweck nunmehr erreicht zu sehen. "Und mehr noch:" --
so fährt das Schriftstück fort -- "in dem Wunsche nach einem neuen Beweis von
seinem Verlangen, dem König von Dänemark persönlich gefällig, (peiLoiuzIIömout
U8'i-"g,ti<z) zu sein, erkläre sich Se. königliche Hoheit der Großherzog bereit, für
den Fall, daß die beifolgende Form des Verzichtes nicht für hinlänglich ange¬
sehen werden sollte, auf eine andere Fassung einzugehn, welche vielleicht der
Wichtigkeit der Sache angemessener wäre, sei es ein Specialdvcument oder sei
es ein Protokoll, dessen Entwurf der Großherzog dem dänischen Minister über¬
lasse. Er würde sich nur ^reserviren, dasselbe zuvor dem Cabinet von Se. Peters¬
burg zu unterbreiten." Man kam dahin überein, die Form der Nenunciations-
acte zu wählen, welche der inzwischen zur Regierung gelangte neue Großherzog


Grenjbvten II. 1864. 42

den Herzog Friedrich aus dem Hause Augustenburg als zur Erbfolge in Schleswig-
Holstein berechtigt." —

In besonderer Lage befand und befindet sich Oldenburg. Die jüngere
gottorsische Linie ist direct betheiligt bei jeder Successionsfrage in Dänemark
und folglich auch hier. Zwar hat der Rechtssinn des Großherzogs bekanntlich
die Rolle von der Hand gewiesen, welche ihm selber an Stelle des glücks-
burger Prinzen bei dem ganzen Arrangement angesonnen worden war; allein
die Haltung des kaiserlich russischen Hofes und die Pression, welche die Folge
derselben war, hatte ihn dennoch von vornherein in eine unklare Stellung ver¬
wiesen. Es liegen über das Verhalten Oldenburgs zum londoner Tractat mehre
Actenstücke vor. Zunächst die Erklärung auf die Einladung zum Beitritt. Sie er¬
folgte durch ein Schreiben des Herrn v. Rössing an den außerordentlichen däni¬
schen Gesandten Baron Dirckinck-Holmfcld 6. ä. Oldenburg 10. Decb. 1862.
Darin heißt es: „Se. königliche Hoheit verkenne die großen Schwierigkeiten
nicht, welche eine eventuelle Succession in Dänemark und den Herzogtümern
habe. Er spreche nicht blos seine aufrichtigen Wünsche aus, daß der Tractat
dazu dienen möge, diese Schwierigkeiten zu ebnen, sondern er erkläre sich zu¬
gleich bereit, hierzu beizutragen, indem er für sich und seine Descendenten be¬
treffs der Erbfolge zu Gunsten des Prinzen Christian von Schleswig-Holstein-
Sonderburg-Glücksburg und dessen männlicher Nachkommen aus der Ehe mit
der Prinzessin Louise von Hessen verzichte, für den Fall, daß Prinz Christian
den dänischen Thron besteige und so lange als seine Nachkommen denselben
innehaben würden. Dies geschieht mit Beziehung auf den Tractat von Kopen¬
hagen von 11. April 1767 zwischen Rußland und Dänemark und auf den von
Tsarkoe-Scio vom 21. Mai 1773." In dem vertraulichen Begleitschreiben,
welches Baron Rössing mit dieser Note an Dirckinck-Holmfeld schickte, drückt
derselbe sein Bedauern darüber aus, daß die Verhandlungen, welche beide
Minister über die RenunciationSsrage gepflogen hätten, nicht zu dem erwünschten
Ziele gediehen seien. Um so größere Genugthuung werde es dem kopenhagener
Cabinete sein, diesen Zweck nunmehr erreicht zu sehen. „Und mehr noch:" —
so fährt das Schriftstück fort — „in dem Wunsche nach einem neuen Beweis von
seinem Verlangen, dem König von Dänemark persönlich gefällig, (peiLoiuzIIömout
U8'i-«g,ti<z) zu sein, erkläre sich Se. königliche Hoheit der Großherzog bereit, für
den Fall, daß die beifolgende Form des Verzichtes nicht für hinlänglich ange¬
sehen werden sollte, auf eine andere Fassung einzugehn, welche vielleicht der
Wichtigkeit der Sache angemessener wäre, sei es ein Specialdvcument oder sei
es ein Protokoll, dessen Entwurf der Großherzog dem dänischen Minister über¬
lasse. Er würde sich nur ^reserviren, dasselbe zuvor dem Cabinet von Se. Peters¬
burg zu unterbreiten." Man kam dahin überein, die Form der Nenunciations-
acte zu wählen, welche der inzwischen zur Regierung gelangte neue Großherzog


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[0337] den Herzog Friedrich aus dem Hause Augustenburg als zur Erbfolge in Schleswig- Holstein berechtigt." — In besonderer Lage befand und befindet sich Oldenburg. Die jüngere gottorsische Linie ist direct betheiligt bei jeder Successionsfrage in Dänemark und folglich auch hier. Zwar hat der Rechtssinn des Großherzogs bekanntlich die Rolle von der Hand gewiesen, welche ihm selber an Stelle des glücks- burger Prinzen bei dem ganzen Arrangement angesonnen worden war; allein die Haltung des kaiserlich russischen Hofes und die Pression, welche die Folge derselben war, hatte ihn dennoch von vornherein in eine unklare Stellung ver¬ wiesen. Es liegen über das Verhalten Oldenburgs zum londoner Tractat mehre Actenstücke vor. Zunächst die Erklärung auf die Einladung zum Beitritt. Sie er¬ folgte durch ein Schreiben des Herrn v. Rössing an den außerordentlichen däni¬ schen Gesandten Baron Dirckinck-Holmfcld 6. ä. Oldenburg 10. Decb. 1862. Darin heißt es: „Se. königliche Hoheit verkenne die großen Schwierigkeiten nicht, welche eine eventuelle Succession in Dänemark und den Herzogtümern habe. Er spreche nicht blos seine aufrichtigen Wünsche aus, daß der Tractat dazu dienen möge, diese Schwierigkeiten zu ebnen, sondern er erkläre sich zu¬ gleich bereit, hierzu beizutragen, indem er für sich und seine Descendenten be¬ treffs der Erbfolge zu Gunsten des Prinzen Christian von Schleswig-Holstein- Sonderburg-Glücksburg und dessen männlicher Nachkommen aus der Ehe mit der Prinzessin Louise von Hessen verzichte, für den Fall, daß Prinz Christian den dänischen Thron besteige und so lange als seine Nachkommen denselben innehaben würden. Dies geschieht mit Beziehung auf den Tractat von Kopen¬ hagen von 11. April 1767 zwischen Rußland und Dänemark und auf den von Tsarkoe-Scio vom 21. Mai 1773." In dem vertraulichen Begleitschreiben, welches Baron Rössing mit dieser Note an Dirckinck-Holmfeld schickte, drückt derselbe sein Bedauern darüber aus, daß die Verhandlungen, welche beide Minister über die RenunciationSsrage gepflogen hätten, nicht zu dem erwünschten Ziele gediehen seien. Um so größere Genugthuung werde es dem kopenhagener Cabinete sein, diesen Zweck nunmehr erreicht zu sehen. „Und mehr noch:" — so fährt das Schriftstück fort — „in dem Wunsche nach einem neuen Beweis von seinem Verlangen, dem König von Dänemark persönlich gefällig, (peiLoiuzIIömout U8'i-«g,ti<z) zu sein, erkläre sich Se. königliche Hoheit der Großherzog bereit, für den Fall, daß die beifolgende Form des Verzichtes nicht für hinlänglich ange¬ sehen werden sollte, auf eine andere Fassung einzugehn, welche vielleicht der Wichtigkeit der Sache angemessener wäre, sei es ein Specialdvcument oder sei es ein Protokoll, dessen Entwurf der Großherzog dem dänischen Minister über¬ lasse. Er würde sich nur ^reserviren, dasselbe zuvor dem Cabinet von Se. Peters¬ burg zu unterbreiten." Man kam dahin überein, die Form der Nenunciations- acte zu wählen, welche der inzwischen zur Regierung gelangte neue Großherzog Grenjbvten II. 1864. 42

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/337>, abgerufen am 23.07.2024.