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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Mächte beigebracht werden, so mochte die factische Gutheißung des Geschehenen
das mangelnde Recht ersetzen.

Die Liste weist folgende Fürsten auf: König von Bayern, König der Bel¬
gier. König beider Sicilien, Königin von Spanien, König von Griechenland,
König von Hannover, König der Niederlande, Königin von Portugal, König
von Sardinien, König von Sachsen, König von Würtemberg, Kurfürst von
Hessen. Großherzog von Baden, Großherzog,von Hessen-Darmstadt, Großherzog
von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, Großherzog
von Oldenburg, Großherzog von Sachsen-Weimar, Großherzog von Toskana.
(Nach dem Alphabet der französischen Namen.) Man sieht, hinsichtlich Deutsch¬
lands ließ sich das dänische Cabinet von der Ansicht leiten, daß auch in solchen
Dingen "die Menge bringen muß" was sich durch das Gewicht der Einzelnen
nicht erreichen läßt.

Alle außerdeutschen Fürsten nun, an welche die Aufforderung erging, er¬
klärten den Beitritt zum londoner Arrangement stritte in der von Dänemark
gewünschten Form.

Die eingeladenen deutschen Bundesfürsten dagegen verhielte" sich bekannter
Maßen verschieden gegen diese Anforderung. Wir fragen: wie hätten die¬
selben nach Pflicht und Recht antworten müssen?

Offenbar lag in dem Verfahren Dänemarks schon äußerlich betrachtet etwas
Verfängliches, nämlich die Absicht, einzelne Bundesglieder durch einen directe"
Vertrag mit einer außerdeutschen Macht dem Ganzen des Bundes gegenüber
zu isoliren. Da ferner die ganze Angelegenheit die Zukunft eines Bundes¬
landes betraf, so hätte man aus diesem wie aus jenem Grunde ganz besonders
an der Gemeinschaft festhalte" und nicht aus der Sphäre der Kompetenz der
Conföderation als solcher sich entfernen sollen. Solche directe Beziehungen ein¬
zelner Bundesglieder unter einander und um so mehr gegenüber außerdeutschen
Mächten stehen rechtlich unter bestimmter Controle des Bundestags; sie konnten
also nur sehr eingeschränkte Giltigkeit haben. Ein Umstand darf weder ver¬
gessen, noch geringgeschätzt werben: der Versuch Dänemarks, in dieser Angelegen¬
heit von Macht zu -- Salon. vorn -- Macht zu unterhandeln, lieferte jeden¬
falls eine Reihe von Präcedenzfällen für gelegentlich wieder aufzunehmende
Transactionen mit dem Bunde, bei denen man sich der Rücksicht auf die beson¬
dere staatsrechtliche Beziehung der Herzogthümer zu demselben einschlagen
könnte. Dieser Vortheil wenigstens konnte gewonnen werden, wenn Däne¬
mark "im Kleinen anfing, da im Großen nichts zu erreichen war."

Sonach kann kein Zweifel darüber sein, daß die einzig richtige und bundes-
pflichtgcmäße Erklärung der Einzelnen die Ablehnung des einseitigen Beitritts
und die Provocation auf den Bund gewesen wäre. Indem wir daran gehen, das
wirkliche Verhalten der betreffenden deutschen Regierungen an diesem Maßstabe


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Mächte beigebracht werden, so mochte die factische Gutheißung des Geschehenen
das mangelnde Recht ersetzen.

Die Liste weist folgende Fürsten auf: König von Bayern, König der Bel¬
gier. König beider Sicilien, Königin von Spanien, König von Griechenland,
König von Hannover, König der Niederlande, Königin von Portugal, König
von Sardinien, König von Sachsen, König von Würtemberg, Kurfürst von
Hessen. Großherzog von Baden, Großherzog,von Hessen-Darmstadt, Großherzog
von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, Großherzog
von Oldenburg, Großherzog von Sachsen-Weimar, Großherzog von Toskana.
(Nach dem Alphabet der französischen Namen.) Man sieht, hinsichtlich Deutsch¬
lands ließ sich das dänische Cabinet von der Ansicht leiten, daß auch in solchen
Dingen „die Menge bringen muß" was sich durch das Gewicht der Einzelnen
nicht erreichen läßt.

Alle außerdeutschen Fürsten nun, an welche die Aufforderung erging, er¬
klärten den Beitritt zum londoner Arrangement stritte in der von Dänemark
gewünschten Form.

Die eingeladenen deutschen Bundesfürsten dagegen verhielte» sich bekannter
Maßen verschieden gegen diese Anforderung. Wir fragen: wie hätten die¬
selben nach Pflicht und Recht antworten müssen?

Offenbar lag in dem Verfahren Dänemarks schon äußerlich betrachtet etwas
Verfängliches, nämlich die Absicht, einzelne Bundesglieder durch einen directe»
Vertrag mit einer außerdeutschen Macht dem Ganzen des Bundes gegenüber
zu isoliren. Da ferner die ganze Angelegenheit die Zukunft eines Bundes¬
landes betraf, so hätte man aus diesem wie aus jenem Grunde ganz besonders
an der Gemeinschaft festhalte» und nicht aus der Sphäre der Kompetenz der
Conföderation als solcher sich entfernen sollen. Solche directe Beziehungen ein¬
zelner Bundesglieder unter einander und um so mehr gegenüber außerdeutschen
Mächten stehen rechtlich unter bestimmter Controle des Bundestags; sie konnten
also nur sehr eingeschränkte Giltigkeit haben. Ein Umstand darf weder ver¬
gessen, noch geringgeschätzt werben: der Versuch Dänemarks, in dieser Angelegen¬
heit von Macht zu — Salon. vorn — Macht zu unterhandeln, lieferte jeden¬
falls eine Reihe von Präcedenzfällen für gelegentlich wieder aufzunehmende
Transactionen mit dem Bunde, bei denen man sich der Rücksicht auf die beson¬
dere staatsrechtliche Beziehung der Herzogthümer zu demselben einschlagen
könnte. Dieser Vortheil wenigstens konnte gewonnen werden, wenn Däne¬
mark „im Kleinen anfing, da im Großen nichts zu erreichen war."

Sonach kann kein Zweifel darüber sein, daß die einzig richtige und bundes-
pflichtgcmäße Erklärung der Einzelnen die Ablehnung des einseitigen Beitritts
und die Provocation auf den Bund gewesen wäre. Indem wir daran gehen, das
wirkliche Verhalten der betreffenden deutschen Regierungen an diesem Maßstabe


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[0331] Mächte beigebracht werden, so mochte die factische Gutheißung des Geschehenen das mangelnde Recht ersetzen. Die Liste weist folgende Fürsten auf: König von Bayern, König der Bel¬ gier. König beider Sicilien, Königin von Spanien, König von Griechenland, König von Hannover, König der Niederlande, Königin von Portugal, König von Sardinien, König von Sachsen, König von Würtemberg, Kurfürst von Hessen. Großherzog von Baden, Großherzog,von Hessen-Darmstadt, Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, Großherzog von Oldenburg, Großherzog von Sachsen-Weimar, Großherzog von Toskana. (Nach dem Alphabet der französischen Namen.) Man sieht, hinsichtlich Deutsch¬ lands ließ sich das dänische Cabinet von der Ansicht leiten, daß auch in solchen Dingen „die Menge bringen muß" was sich durch das Gewicht der Einzelnen nicht erreichen läßt. Alle außerdeutschen Fürsten nun, an welche die Aufforderung erging, er¬ klärten den Beitritt zum londoner Arrangement stritte in der von Dänemark gewünschten Form. Die eingeladenen deutschen Bundesfürsten dagegen verhielte» sich bekannter Maßen verschieden gegen diese Anforderung. Wir fragen: wie hätten die¬ selben nach Pflicht und Recht antworten müssen? Offenbar lag in dem Verfahren Dänemarks schon äußerlich betrachtet etwas Verfängliches, nämlich die Absicht, einzelne Bundesglieder durch einen directe» Vertrag mit einer außerdeutschen Macht dem Ganzen des Bundes gegenüber zu isoliren. Da ferner die ganze Angelegenheit die Zukunft eines Bundes¬ landes betraf, so hätte man aus diesem wie aus jenem Grunde ganz besonders an der Gemeinschaft festhalte» und nicht aus der Sphäre der Kompetenz der Conföderation als solcher sich entfernen sollen. Solche directe Beziehungen ein¬ zelner Bundesglieder unter einander und um so mehr gegenüber außerdeutschen Mächten stehen rechtlich unter bestimmter Controle des Bundestags; sie konnten also nur sehr eingeschränkte Giltigkeit haben. Ein Umstand darf weder ver¬ gessen, noch geringgeschätzt werben: der Versuch Dänemarks, in dieser Angelegen¬ heit von Macht zu — Salon. vorn — Macht zu unterhandeln, lieferte jeden¬ falls eine Reihe von Präcedenzfällen für gelegentlich wieder aufzunehmende Transactionen mit dem Bunde, bei denen man sich der Rücksicht auf die beson¬ dere staatsrechtliche Beziehung der Herzogthümer zu demselben einschlagen könnte. Dieser Vortheil wenigstens konnte gewonnen werden, wenn Däne¬ mark „im Kleinen anfing, da im Großen nichts zu erreichen war." Sonach kann kein Zweifel darüber sein, daß die einzig richtige und bundes- pflichtgcmäße Erklärung der Einzelnen die Ablehnung des einseitigen Beitritts und die Provocation auf den Bund gewesen wäre. Indem wir daran gehen, das wirkliche Verhalten der betreffenden deutschen Regierungen an diesem Maßstabe 41 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/331>, abgerufen am 23.07.2024.