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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Anerkennung aussprechen. er war gründlich vorbereitet, in allen Anordnungen
durchdacht, wurde würdig durchgeführt und muß jedes Herz, das für Preußen
und Deutschland wahr fühlt in ganzer Seele erfreuen.

Die Vorbereitungen müssen wir loben, weil der Prinz Friedrich Karl den
ganzen Gang des Sturmes vorher durchexerciren ließ und dadurch die Wechsel¬
fälle, die der Kampf bietet und welche das Nesultat schwankend machen, auf
ein Minimum reducirte. Der Prinz trat damit glücklicherweise in Widerspruch
zu den Grundsätzen, welche er in seiner Vorlesung über die Kampfweise der
Franzosen ausgesprochen hat; er meinte damals, der Soldat müsse im Gefecht
vergessen, was er auf dem Uebungsplatz gelernt habe. Schon damals wurde
dieser Ansicht entgegengetreten und der Satz dahin umgedreht, man muß auf
dem Uebungsplatz exerciren, was der Soldat im Gefecht zu thun hat, damit
er hier mit mechanischer Sicherheit richtig handelt.

Durchdacht haben wir die Anordnungen genannt, weil der Sturm die
Spitze der ganzen, die Tage vorher ausfüllenden Thätigkeit gebildet hat, weil
die richtige Tageszeit, mitten aus der Kanonade heraus, bei vollem Licht und
hinreichender Zeit, um das gesteckte Ziel gewiß zu erreichen, gewählt war; weil
man die Gliederung der Truppen durchaus zweckentsprechend geordnet hatte
und weil gleichzeitig die Demonstration bei Sandberg die Kräfte des Geg¬
ners theilte.

Würdig durchgeführt wurde der Sturm, weil man dem Soldaten für
denselben nicht durch allerlei Mittel, nach denen man in verschiedenen Armeen
gar zu gern-greift, z. B. Schnaps, Geldvcrsprcchungen, sondern durch Zurück-
führung auf das eigne Selbst, durch Gottvertrauen und Stählung der innern
Kraft den Muth zu erhöhen suchte; weil nirgends ein Schwanken hervortrat und
überall mit Entschiedenheit gewirkt wurde, bis das höchste Ziel, die vollständige
Vertreibung des Gegners erreicht war; und weil endlich jedermann, vom Ersten
bis zum Letzten seine Schuldigkeit gethan hat. Alle Waffen, Infanterie, Ar¬
tillerie und Pionniere haben gewetteifert das Höchste zu leisten, alle Chargen
haben gezeigt, daß sie die Größe ihrer Pflichten erkannt. Wir haben mit
hoher Genugthuung gelesen, daß auf je zehn Mann der Todten und Ver¬
wundeten ein Offizier kommt. Je größer die Gefahr, desto mehr Ehre ist zu
ernten und desto mehr gehört der Offizier in den Vordergrund. Zeitungs-
correspondentcn haben wiederholentlich über die Jugend der preußischen Lieute¬
nants gespottet, die preußische Verlustliste ist die beste Antwort auf dergleichen
Aussprüche. Nicht die Jahre befähigen zum Amt. sondern die Leistungen. Der
älteste Correspondent zeigt Unreife der Jugend, wenn er nur nach der äußern
Erscheinung das Wesen eines Mannes abschätzt, der jüngste Lieutenant, noch
behaftet mit dem kindlichen Aussehen des Cadetten, nimmt voll seine Stellung
ein, wenn er seine Pflicht thut, im Dienst unermüdlich und der Erste im Feuer.


Anerkennung aussprechen. er war gründlich vorbereitet, in allen Anordnungen
durchdacht, wurde würdig durchgeführt und muß jedes Herz, das für Preußen
und Deutschland wahr fühlt in ganzer Seele erfreuen.

Die Vorbereitungen müssen wir loben, weil der Prinz Friedrich Karl den
ganzen Gang des Sturmes vorher durchexerciren ließ und dadurch die Wechsel¬
fälle, die der Kampf bietet und welche das Nesultat schwankend machen, auf
ein Minimum reducirte. Der Prinz trat damit glücklicherweise in Widerspruch
zu den Grundsätzen, welche er in seiner Vorlesung über die Kampfweise der
Franzosen ausgesprochen hat; er meinte damals, der Soldat müsse im Gefecht
vergessen, was er auf dem Uebungsplatz gelernt habe. Schon damals wurde
dieser Ansicht entgegengetreten und der Satz dahin umgedreht, man muß auf
dem Uebungsplatz exerciren, was der Soldat im Gefecht zu thun hat, damit
er hier mit mechanischer Sicherheit richtig handelt.

Durchdacht haben wir die Anordnungen genannt, weil der Sturm die
Spitze der ganzen, die Tage vorher ausfüllenden Thätigkeit gebildet hat, weil
die richtige Tageszeit, mitten aus der Kanonade heraus, bei vollem Licht und
hinreichender Zeit, um das gesteckte Ziel gewiß zu erreichen, gewählt war; weil
man die Gliederung der Truppen durchaus zweckentsprechend geordnet hatte
und weil gleichzeitig die Demonstration bei Sandberg die Kräfte des Geg¬
ners theilte.

Würdig durchgeführt wurde der Sturm, weil man dem Soldaten für
denselben nicht durch allerlei Mittel, nach denen man in verschiedenen Armeen
gar zu gern-greift, z. B. Schnaps, Geldvcrsprcchungen, sondern durch Zurück-
führung auf das eigne Selbst, durch Gottvertrauen und Stählung der innern
Kraft den Muth zu erhöhen suchte; weil nirgends ein Schwanken hervortrat und
überall mit Entschiedenheit gewirkt wurde, bis das höchste Ziel, die vollständige
Vertreibung des Gegners erreicht war; und weil endlich jedermann, vom Ersten
bis zum Letzten seine Schuldigkeit gethan hat. Alle Waffen, Infanterie, Ar¬
tillerie und Pionniere haben gewetteifert das Höchste zu leisten, alle Chargen
haben gezeigt, daß sie die Größe ihrer Pflichten erkannt. Wir haben mit
hoher Genugthuung gelesen, daß auf je zehn Mann der Todten und Ver¬
wundeten ein Offizier kommt. Je größer die Gefahr, desto mehr Ehre ist zu
ernten und desto mehr gehört der Offizier in den Vordergrund. Zeitungs-
correspondentcn haben wiederholentlich über die Jugend der preußischen Lieute¬
nants gespottet, die preußische Verlustliste ist die beste Antwort auf dergleichen
Aussprüche. Nicht die Jahre befähigen zum Amt. sondern die Leistungen. Der
älteste Correspondent zeigt Unreife der Jugend, wenn er nur nach der äußern
Erscheinung das Wesen eines Mannes abschätzt, der jüngste Lieutenant, noch
behaftet mit dem kindlichen Aussehen des Cadetten, nimmt voll seine Stellung
ein, wenn er seine Pflicht thut, im Dienst unermüdlich und der Erste im Feuer.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/200>, abgerufen am 23.07.2024.