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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Nun geht der Buchbinder nach Hause und nimmt des Lutheri und Canisii
Katechismum und eine Wagschale unter seinen Mantel und laust bald wieder
hin zum Jesuiten i" die Stube, wo gerade viel Volk zum informiren war.
Als ihn der Pater sieht, fragt er ihn. was er wolle. Der Buchbinder antwortet:
ich will beweisen, daß des Herrn Lutheri Katechismus gewichtiger ist. als des
Canisii. Da nun der Pater zu ihm herangeht und bei der Stubenthür ein
klein Tischlein stand, nimmt er die beiden Bücher und die Wagschale unter
dem Mantel hervor und will sie auflegen. Darauf sagt der Pater: Ich meine
es nicht so. Da antwortet der Buchbinder: Ja, Herr Pater, ich meine es auch
nicht so. Aber der Verstand in dem Katechismus des Herrn Lutheri ist gewich¬
tiger als in dem des Canisii.

Da heißt ihn der Pater fortgehen. Der Buchbinder aber kommt lange
Zeit nicht zu ihm und es wird auch weiter gar nicht nach ihm gefragt.

Es begiebt sich aber, daß der Buchbinder einst von ungefähr dem Pater
auf der Gasse begegnet, da fängt der Buchbinder an: Gott grüße Euch. Herr
Pater. Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch, Herr Pater.
Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch, Herr Pater. Pater.
Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch. Herr Pater. Pater. Ihr
seid ein Narr, daß Ihr mich so viel Mal grüßt. Bchbdr. Herr Pater. Ihr
wißt, daß Ihr mir befohlen habt das Ave Maria fleißig zu lernen, das ist ja
auch nur ein Gruß. So denkt doch um Gottes Ehre willen, ich grüße Euch
nur zwei bis drei Mal. und es verdrießt Euch schon. Was wird die Mutter
Gottes nicht für Verdruß haben, wenn sie des Tages immerzu von so viel tausend
Personen gegrüßt wird. Ist das nicht eine Qual und Unruhe, und es steht
doch in der Bibel: die Seelen der Gerechten sollen Ruhe haben. Darum
halte ich nichts davon, daß der Gruß nütze sei. es ist genug, daß sie der Engel
bei ihrem Leben gegrüßt hat. Pater. El. seid Ihr ein Narr, geht von mir
und packt Euch fort.

Es trägt sich aber zu, daß der Buchbinder einmal an einem Sonntage sich
verspätet, das Thor ist zugeschlossen, er kann nicht hinaus nach Schwentfeld in
die Kirche kommen, also geht er in die Stadt zur Kirche und hört des Jesuiten
Predigt an und stellt sich mit Fleiß ihm gegenüber. Als nun der Pater das
Evangelium vom Zinsgroschen vorliest, wo die Worte stehen: "Und sie reichten
ihm einen Groschen dar." und ferner: '..Weh ist das Bild und die Ueberschrift?
-- des Kaisers." so liest der Pater in seinem Evangelio: "und sie reichten
ihm einen Pfennig dar/' Das nimmt der Buchbinder genau in Acht. Wie
die Predigt aus ist. wartet der Buchbinder vor der Kirchthür mit Fleiß
auf den Pater, bis er herauskommt. Wie ihn der Pater sieht, redet er ihn
an: Glück zu, mein Buchbinder, seid Ihr einmal in unserer Kirche gewesen.
Bchbdr. Ja Herr Pater, ich muß auch einmal Seine Predigt hören. Pater.


Nun geht der Buchbinder nach Hause und nimmt des Lutheri und Canisii
Katechismum und eine Wagschale unter seinen Mantel und laust bald wieder
hin zum Jesuiten i» die Stube, wo gerade viel Volk zum informiren war.
Als ihn der Pater sieht, fragt er ihn. was er wolle. Der Buchbinder antwortet:
ich will beweisen, daß des Herrn Lutheri Katechismus gewichtiger ist. als des
Canisii. Da nun der Pater zu ihm herangeht und bei der Stubenthür ein
klein Tischlein stand, nimmt er die beiden Bücher und die Wagschale unter
dem Mantel hervor und will sie auflegen. Darauf sagt der Pater: Ich meine
es nicht so. Da antwortet der Buchbinder: Ja, Herr Pater, ich meine es auch
nicht so. Aber der Verstand in dem Katechismus des Herrn Lutheri ist gewich¬
tiger als in dem des Canisii.

Da heißt ihn der Pater fortgehen. Der Buchbinder aber kommt lange
Zeit nicht zu ihm und es wird auch weiter gar nicht nach ihm gefragt.

Es begiebt sich aber, daß der Buchbinder einst von ungefähr dem Pater
auf der Gasse begegnet, da fängt der Buchbinder an: Gott grüße Euch. Herr
Pater. Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch, Herr Pater.
Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch, Herr Pater. Pater.
Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch. Herr Pater. Pater. Ihr
seid ein Narr, daß Ihr mich so viel Mal grüßt. Bchbdr. Herr Pater. Ihr
wißt, daß Ihr mir befohlen habt das Ave Maria fleißig zu lernen, das ist ja
auch nur ein Gruß. So denkt doch um Gottes Ehre willen, ich grüße Euch
nur zwei bis drei Mal. und es verdrießt Euch schon. Was wird die Mutter
Gottes nicht für Verdruß haben, wenn sie des Tages immerzu von so viel tausend
Personen gegrüßt wird. Ist das nicht eine Qual und Unruhe, und es steht
doch in der Bibel: die Seelen der Gerechten sollen Ruhe haben. Darum
halte ich nichts davon, daß der Gruß nütze sei. es ist genug, daß sie der Engel
bei ihrem Leben gegrüßt hat. Pater. El. seid Ihr ein Narr, geht von mir
und packt Euch fort.

Es trägt sich aber zu, daß der Buchbinder einmal an einem Sonntage sich
verspätet, das Thor ist zugeschlossen, er kann nicht hinaus nach Schwentfeld in
die Kirche kommen, also geht er in die Stadt zur Kirche und hört des Jesuiten
Predigt an und stellt sich mit Fleiß ihm gegenüber. Als nun der Pater das
Evangelium vom Zinsgroschen vorliest, wo die Worte stehen: „Und sie reichten
ihm einen Groschen dar." und ferner: '..Weh ist das Bild und die Ueberschrift?
— des Kaisers." so liest der Pater in seinem Evangelio: „und sie reichten
ihm einen Pfennig dar/' Das nimmt der Buchbinder genau in Acht. Wie
die Predigt aus ist. wartet der Buchbinder vor der Kirchthür mit Fleiß
auf den Pater, bis er herauskommt. Wie ihn der Pater sieht, redet er ihn
an: Glück zu, mein Buchbinder, seid Ihr einmal in unserer Kirche gewesen.
Bchbdr. Ja Herr Pater, ich muß auch einmal Seine Predigt hören. Pater.


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[0189] Nun geht der Buchbinder nach Hause und nimmt des Lutheri und Canisii Katechismum und eine Wagschale unter seinen Mantel und laust bald wieder hin zum Jesuiten i» die Stube, wo gerade viel Volk zum informiren war. Als ihn der Pater sieht, fragt er ihn. was er wolle. Der Buchbinder antwortet: ich will beweisen, daß des Herrn Lutheri Katechismus gewichtiger ist. als des Canisii. Da nun der Pater zu ihm herangeht und bei der Stubenthür ein klein Tischlein stand, nimmt er die beiden Bücher und die Wagschale unter dem Mantel hervor und will sie auflegen. Darauf sagt der Pater: Ich meine es nicht so. Da antwortet der Buchbinder: Ja, Herr Pater, ich meine es auch nicht so. Aber der Verstand in dem Katechismus des Herrn Lutheri ist gewich¬ tiger als in dem des Canisii. Da heißt ihn der Pater fortgehen. Der Buchbinder aber kommt lange Zeit nicht zu ihm und es wird auch weiter gar nicht nach ihm gefragt. Es begiebt sich aber, daß der Buchbinder einst von ungefähr dem Pater auf der Gasse begegnet, da fängt der Buchbinder an: Gott grüße Euch. Herr Pater. Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch, Herr Pater. Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch, Herr Pater. Pater. Gott danke Euch. Bchbdr. Gott grüße Euch. Herr Pater. Pater. Ihr seid ein Narr, daß Ihr mich so viel Mal grüßt. Bchbdr. Herr Pater. Ihr wißt, daß Ihr mir befohlen habt das Ave Maria fleißig zu lernen, das ist ja auch nur ein Gruß. So denkt doch um Gottes Ehre willen, ich grüße Euch nur zwei bis drei Mal. und es verdrießt Euch schon. Was wird die Mutter Gottes nicht für Verdruß haben, wenn sie des Tages immerzu von so viel tausend Personen gegrüßt wird. Ist das nicht eine Qual und Unruhe, und es steht doch in der Bibel: die Seelen der Gerechten sollen Ruhe haben. Darum halte ich nichts davon, daß der Gruß nütze sei. es ist genug, daß sie der Engel bei ihrem Leben gegrüßt hat. Pater. El. seid Ihr ein Narr, geht von mir und packt Euch fort. Es trägt sich aber zu, daß der Buchbinder einmal an einem Sonntage sich verspätet, das Thor ist zugeschlossen, er kann nicht hinaus nach Schwentfeld in die Kirche kommen, also geht er in die Stadt zur Kirche und hört des Jesuiten Predigt an und stellt sich mit Fleiß ihm gegenüber. Als nun der Pater das Evangelium vom Zinsgroschen vorliest, wo die Worte stehen: „Und sie reichten ihm einen Groschen dar." und ferner: '..Weh ist das Bild und die Ueberschrift? — des Kaisers." so liest der Pater in seinem Evangelio: „und sie reichten ihm einen Pfennig dar/' Das nimmt der Buchbinder genau in Acht. Wie die Predigt aus ist. wartet der Buchbinder vor der Kirchthür mit Fleiß auf den Pater, bis er herauskommt. Wie ihn der Pater sieht, redet er ihn an: Glück zu, mein Buchbinder, seid Ihr einmal in unserer Kirche gewesen. Bchbdr. Ja Herr Pater, ich muß auch einmal Seine Predigt hören. Pater.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/189>, abgerufen am 23.07.2024.