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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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die Ausscheidung aus dem Verbände mit Dänemark zugestände, nicht zum
definitiven Frieden, sondern nur zu einem Waffenstillstande führen und so den
Krieg mit seinen Schrecken und Lasten verewigen würde, dürfte in seiner drastischen
Abfassung gleichfalls selbst unter denen gute Dienste thun, welchen das Gewissen,
wie einer dieser Artikel sagt, nicht in der Brust, sondern im Beutel sitzt.

Recht tapfer und fleißig arbeiten namentlich die "Jtzehocer Nachrichten", ein
Journal, welches an zwölftausend Abonnenten zählen soll und bis tief nach
Schleswig hinein die journalistische Speisung ländlicher Gemüther besorgt. Nicht
gerade im besten Deutsch geschrieben, meist etwas weitläufiger als billig -- ich
vermuthe, die Mitarbeiter find zum großen Theil Schullehrer und Landpastoren
-- geht das Blatt doch immer den rechten Weg und versieht entschieden, was der
Wille und das Interesse der ungeheuren Mehrzahl hier zu Lande ist. Dasselbe
geschieht von Seiten der in weit besserem Stil gehaltenen "Schleswig-Holsteinischen
Zeitung". Ebenfalls recht gut ist der "Altonaer Mercur", der nächst den "Nach¬
richten" die größte Verbreitung in den Herzogthümern hat. Die neue "nord¬
deutsche Zeitung", welche zu Flensburg im Verlag des patriotischen Hcrzbruch
erscheint, hat einen lobenswerthen Anlauf genommen und hat nur den einen
Fehler, daß sie keinen Corrector zu besitzen scheint. Auch die "Schleswig-Hol¬
steinischen Blätter" brachten in den letzten Tagen einige wvhlgeschricbenc Original-
artitcl, doch würde etwas mehr von diesen nicht schaden können. Die neulich
von ihnen dem Publicum vorgesetzte Abgeschmacktheit einer Bcttlcneise nach
Paris bin' ich geneigt als bloßen I-ZP^us clüami des biedern Dvrfpastors, der
sie dem Vernehmen nach verfaßt, anzusehen, und die Aufnahme von Seiten
der Redaction wird vielleicht damit entschuldigt werden dürfen, daß der Ver¬
stand besagter Redaction damals entweder gerade einen Spaziergang machte
oder sich einem Schläfchen überlassen hatte.

In der Hamburger Presse tragen besonders "Das neue Hamburg", ein sehr
gut geschriebenes Journal, und die "Hamburger Zeitung", die bisweilen Artikel
von offenbar wohl unterrichteter Hand bringt, den Krebs der Gerechtigkeit in
unsrer Sache. Die übrigen Blätter des politischen Großträhwinkcl an der
Elbe sind meist flau, wie der Geist ihrer Stadt; die "Börscnhalle" soll zu
Graf Rechberg, die "Nessel", von einem Geistesverwandten des Herrn Braß
redigirt, von dem vielberufenen Feier-Meyer herausgegeben, und längst schon
bei allen Hvlsteincrn des Rechts, sich nach dem Wappcnbild unseres Herzog-
thums zu nennen, verlustig gegangen, zu Herrn v. Bismarck in intimen Be¬
ziehungen stehen. Die "Reform" ist consequent dänisch, der "Freischütz" wie
immer ein bloßes Klatschblatt.

Das vor einiger Zeit als demnächst erscheinend angekündigte feudale Organ
"Das Interim" liegt noch in den Geburtswehen und wird, nachdem man hier
dem vielnamigen Individuum, welches es mit seinem Geist versehen sollte, auf


die Ausscheidung aus dem Verbände mit Dänemark zugestände, nicht zum
definitiven Frieden, sondern nur zu einem Waffenstillstande führen und so den
Krieg mit seinen Schrecken und Lasten verewigen würde, dürfte in seiner drastischen
Abfassung gleichfalls selbst unter denen gute Dienste thun, welchen das Gewissen,
wie einer dieser Artikel sagt, nicht in der Brust, sondern im Beutel sitzt.

Recht tapfer und fleißig arbeiten namentlich die „Jtzehocer Nachrichten", ein
Journal, welches an zwölftausend Abonnenten zählen soll und bis tief nach
Schleswig hinein die journalistische Speisung ländlicher Gemüther besorgt. Nicht
gerade im besten Deutsch geschrieben, meist etwas weitläufiger als billig — ich
vermuthe, die Mitarbeiter find zum großen Theil Schullehrer und Landpastoren
— geht das Blatt doch immer den rechten Weg und versieht entschieden, was der
Wille und das Interesse der ungeheuren Mehrzahl hier zu Lande ist. Dasselbe
geschieht von Seiten der in weit besserem Stil gehaltenen „Schleswig-Holsteinischen
Zeitung". Ebenfalls recht gut ist der „Altonaer Mercur", der nächst den „Nach¬
richten" die größte Verbreitung in den Herzogthümern hat. Die neue „nord¬
deutsche Zeitung", welche zu Flensburg im Verlag des patriotischen Hcrzbruch
erscheint, hat einen lobenswerthen Anlauf genommen und hat nur den einen
Fehler, daß sie keinen Corrector zu besitzen scheint. Auch die „Schleswig-Hol¬
steinischen Blätter" brachten in den letzten Tagen einige wvhlgeschricbenc Original-
artitcl, doch würde etwas mehr von diesen nicht schaden können. Die neulich
von ihnen dem Publicum vorgesetzte Abgeschmacktheit einer Bcttlcneise nach
Paris bin' ich geneigt als bloßen I-ZP^us clüami des biedern Dvrfpastors, der
sie dem Vernehmen nach verfaßt, anzusehen, und die Aufnahme von Seiten
der Redaction wird vielleicht damit entschuldigt werden dürfen, daß der Ver¬
stand besagter Redaction damals entweder gerade einen Spaziergang machte
oder sich einem Schläfchen überlassen hatte.

In der Hamburger Presse tragen besonders „Das neue Hamburg", ein sehr
gut geschriebenes Journal, und die „Hamburger Zeitung", die bisweilen Artikel
von offenbar wohl unterrichteter Hand bringt, den Krebs der Gerechtigkeit in
unsrer Sache. Die übrigen Blätter des politischen Großträhwinkcl an der
Elbe sind meist flau, wie der Geist ihrer Stadt; die „Börscnhalle" soll zu
Graf Rechberg, die „Nessel", von einem Geistesverwandten des Herrn Braß
redigirt, von dem vielberufenen Feier-Meyer herausgegeben, und längst schon
bei allen Hvlsteincrn des Rechts, sich nach dem Wappcnbild unseres Herzog-
thums zu nennen, verlustig gegangen, zu Herrn v. Bismarck in intimen Be¬
ziehungen stehen. Die „Reform" ist consequent dänisch, der „Freischütz" wie
immer ein bloßes Klatschblatt.

Das vor einiger Zeit als demnächst erscheinend angekündigte feudale Organ
„Das Interim" liegt noch in den Geburtswehen und wird, nachdem man hier
dem vielnamigen Individuum, welches es mit seinem Geist versehen sollte, auf


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[0164] die Ausscheidung aus dem Verbände mit Dänemark zugestände, nicht zum definitiven Frieden, sondern nur zu einem Waffenstillstande führen und so den Krieg mit seinen Schrecken und Lasten verewigen würde, dürfte in seiner drastischen Abfassung gleichfalls selbst unter denen gute Dienste thun, welchen das Gewissen, wie einer dieser Artikel sagt, nicht in der Brust, sondern im Beutel sitzt. Recht tapfer und fleißig arbeiten namentlich die „Jtzehocer Nachrichten", ein Journal, welches an zwölftausend Abonnenten zählen soll und bis tief nach Schleswig hinein die journalistische Speisung ländlicher Gemüther besorgt. Nicht gerade im besten Deutsch geschrieben, meist etwas weitläufiger als billig — ich vermuthe, die Mitarbeiter find zum großen Theil Schullehrer und Landpastoren — geht das Blatt doch immer den rechten Weg und versieht entschieden, was der Wille und das Interesse der ungeheuren Mehrzahl hier zu Lande ist. Dasselbe geschieht von Seiten der in weit besserem Stil gehaltenen „Schleswig-Holsteinischen Zeitung". Ebenfalls recht gut ist der „Altonaer Mercur", der nächst den „Nach¬ richten" die größte Verbreitung in den Herzogthümern hat. Die neue „nord¬ deutsche Zeitung", welche zu Flensburg im Verlag des patriotischen Hcrzbruch erscheint, hat einen lobenswerthen Anlauf genommen und hat nur den einen Fehler, daß sie keinen Corrector zu besitzen scheint. Auch die „Schleswig-Hol¬ steinischen Blätter" brachten in den letzten Tagen einige wvhlgeschricbenc Original- artitcl, doch würde etwas mehr von diesen nicht schaden können. Die neulich von ihnen dem Publicum vorgesetzte Abgeschmacktheit einer Bcttlcneise nach Paris bin' ich geneigt als bloßen I-ZP^us clüami des biedern Dvrfpastors, der sie dem Vernehmen nach verfaßt, anzusehen, und die Aufnahme von Seiten der Redaction wird vielleicht damit entschuldigt werden dürfen, daß der Ver¬ stand besagter Redaction damals entweder gerade einen Spaziergang machte oder sich einem Schläfchen überlassen hatte. In der Hamburger Presse tragen besonders „Das neue Hamburg", ein sehr gut geschriebenes Journal, und die „Hamburger Zeitung", die bisweilen Artikel von offenbar wohl unterrichteter Hand bringt, den Krebs der Gerechtigkeit in unsrer Sache. Die übrigen Blätter des politischen Großträhwinkcl an der Elbe sind meist flau, wie der Geist ihrer Stadt; die „Börscnhalle" soll zu Graf Rechberg, die „Nessel", von einem Geistesverwandten des Herrn Braß redigirt, von dem vielberufenen Feier-Meyer herausgegeben, und längst schon bei allen Hvlsteincrn des Rechts, sich nach dem Wappcnbild unseres Herzog- thums zu nennen, verlustig gegangen, zu Herrn v. Bismarck in intimen Be¬ ziehungen stehen. Die „Reform" ist consequent dänisch, der „Freischütz" wie immer ein bloßes Klatschblatt. Das vor einiger Zeit als demnächst erscheinend angekündigte feudale Organ „Das Interim" liegt noch in den Geburtswehen und wird, nachdem man hier dem vielnamigen Individuum, welches es mit seinem Geist versehen sollte, auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/164>, abgerufen am 23.07.2024.