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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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gesandt. Aus den holsteinischen Städten waren in der Regel ein Mitglied des
Magistrats und einige Mitglieder des Deputirtencollegiums (Stadtverordneten¬
versammlung), aus den Flecken der Vorsteher des Fieckencollegiums nebst einem
Beigeordneten erschienen. Von Rendsburg und Piper waren keine Vertreter
des Magistrats gekommen, sondern nur Abgeordnete des Deputirtencollegiums.
Die Bürgermeister der schleswigschen Städte, welche vorher angemeldet gewesen,
ließen sich mit Hinweis auf das inzwischen ergangene Verbot der Civilcommissäre
entschuldigen.

Die Vertreter Kiels eröffneten die Versammlung und wurden mit dem
Vorsitz betraut. Die Verhandlung begann mit der Uebergabe von Erklärungen
der einzelnen Ortschaften, welche sich entweder an die Declaration der Stände
Holsteins oder, was wesentlich gleichbedeutend, an die am 2. April gefaßten
Beschlüsse der städtischen Collegien Kiels anschlössen, und die man schließlich
dem von den Ständen niedergesetzten Ausschuß zur Überreichung an den Reprä¬
sentanten des deutschen Bundes auf der Conferenz in London zu übergeben beschloß.

An diese Verhandlung knüpfte sich eine kurze Debatte über die Begründung
eines Städtctags als eines ständigen Organs für sämmtliche Stadt- und Fleckens-
cvmmunen des Herzogtums, welches den Zweck haben soll, gemeinschaftliche
Angelegenheiten gemeinsam zu berathen und zu betreiben. Der Nutzen eines
solchen bisher fehlenden Instituts lag so aus der Hand, daß er sofort allgemein
anerkannt wurde, und daß man die Vertreter Kiels durch einmüthigen Beschluß
ersuchte, die Wiederbcrufung des Städtetags für solche Gelegenheiten, welche
dieselbe nothwendig erscheinen ließen, zu übernehmen und ein Reglement für
denselben zu entwerfen. Vorläufig kam man überein, daß die Einberufung
erfolgen müsse, wenn sie von acht Städten verlangt werde. Die Stimmung
der Versammelten war durchweg vortrefflich, und diese erste Vereinigung von
Abgeordneten fast aller städtischen Gemeinden des Landes hat sicherlich die beste
Wirkung aus die Entschlüsse der jetzt wieder Heimgekehrten für die im Anzug
begriffnen Tage der Entscheidung gethan.

Ein anderes Zeichen wiedererwachten politischen Lebens brachte der 13. April,
indem sich an diesem Tage nach vierzehnjähriger Unterbrechung zu Kiel die nicht
zum Corps der Ritterschaft gehörigen Gutsbesitzer zu einer Berathung versam¬
melten. Veranlassung dazu gab die bevorstehende londoner Conferenz, und es
wurde der Beschluß gefaßt, im Anschluß an die Erklärungen der holsteinischen
Ständcmitglieder und der schleswigschen Vertrauensmänner gegen jede Verfügung
über das Recht der Herzogthümer, die ohne Mitwirkung der Repräsentation
derselben getroffen werden sollte, Verwahrung einzulegen. Dieser Beschluß
wurde einstimmig gefaßt. Dann endigte die Verhandlung mit der Wahl einer
neuen Deputation (Ausschuß), die aus den Gutsbesitzern Hirschfeld auf Grvß-
nordsee, Mariens aus Neunordsee und Behüte aus Virkemoor besteht.


gesandt. Aus den holsteinischen Städten waren in der Regel ein Mitglied des
Magistrats und einige Mitglieder des Deputirtencollegiums (Stadtverordneten¬
versammlung), aus den Flecken der Vorsteher des Fieckencollegiums nebst einem
Beigeordneten erschienen. Von Rendsburg und Piper waren keine Vertreter
des Magistrats gekommen, sondern nur Abgeordnete des Deputirtencollegiums.
Die Bürgermeister der schleswigschen Städte, welche vorher angemeldet gewesen,
ließen sich mit Hinweis auf das inzwischen ergangene Verbot der Civilcommissäre
entschuldigen.

Die Vertreter Kiels eröffneten die Versammlung und wurden mit dem
Vorsitz betraut. Die Verhandlung begann mit der Uebergabe von Erklärungen
der einzelnen Ortschaften, welche sich entweder an die Declaration der Stände
Holsteins oder, was wesentlich gleichbedeutend, an die am 2. April gefaßten
Beschlüsse der städtischen Collegien Kiels anschlössen, und die man schließlich
dem von den Ständen niedergesetzten Ausschuß zur Überreichung an den Reprä¬
sentanten des deutschen Bundes auf der Conferenz in London zu übergeben beschloß.

An diese Verhandlung knüpfte sich eine kurze Debatte über die Begründung
eines Städtctags als eines ständigen Organs für sämmtliche Stadt- und Fleckens-
cvmmunen des Herzogtums, welches den Zweck haben soll, gemeinschaftliche
Angelegenheiten gemeinsam zu berathen und zu betreiben. Der Nutzen eines
solchen bisher fehlenden Instituts lag so aus der Hand, daß er sofort allgemein
anerkannt wurde, und daß man die Vertreter Kiels durch einmüthigen Beschluß
ersuchte, die Wiederbcrufung des Städtetags für solche Gelegenheiten, welche
dieselbe nothwendig erscheinen ließen, zu übernehmen und ein Reglement für
denselben zu entwerfen. Vorläufig kam man überein, daß die Einberufung
erfolgen müsse, wenn sie von acht Städten verlangt werde. Die Stimmung
der Versammelten war durchweg vortrefflich, und diese erste Vereinigung von
Abgeordneten fast aller städtischen Gemeinden des Landes hat sicherlich die beste
Wirkung aus die Entschlüsse der jetzt wieder Heimgekehrten für die im Anzug
begriffnen Tage der Entscheidung gethan.

Ein anderes Zeichen wiedererwachten politischen Lebens brachte der 13. April,
indem sich an diesem Tage nach vierzehnjähriger Unterbrechung zu Kiel die nicht
zum Corps der Ritterschaft gehörigen Gutsbesitzer zu einer Berathung versam¬
melten. Veranlassung dazu gab die bevorstehende londoner Conferenz, und es
wurde der Beschluß gefaßt, im Anschluß an die Erklärungen der holsteinischen
Ständcmitglieder und der schleswigschen Vertrauensmänner gegen jede Verfügung
über das Recht der Herzogthümer, die ohne Mitwirkung der Repräsentation
derselben getroffen werden sollte, Verwahrung einzulegen. Dieser Beschluß
wurde einstimmig gefaßt. Dann endigte die Verhandlung mit der Wahl einer
neuen Deputation (Ausschuß), die aus den Gutsbesitzern Hirschfeld auf Grvß-
nordsee, Mariens aus Neunordsee und Behüte aus Virkemoor besteht.


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[0162] gesandt. Aus den holsteinischen Städten waren in der Regel ein Mitglied des Magistrats und einige Mitglieder des Deputirtencollegiums (Stadtverordneten¬ versammlung), aus den Flecken der Vorsteher des Fieckencollegiums nebst einem Beigeordneten erschienen. Von Rendsburg und Piper waren keine Vertreter des Magistrats gekommen, sondern nur Abgeordnete des Deputirtencollegiums. Die Bürgermeister der schleswigschen Städte, welche vorher angemeldet gewesen, ließen sich mit Hinweis auf das inzwischen ergangene Verbot der Civilcommissäre entschuldigen. Die Vertreter Kiels eröffneten die Versammlung und wurden mit dem Vorsitz betraut. Die Verhandlung begann mit der Uebergabe von Erklärungen der einzelnen Ortschaften, welche sich entweder an die Declaration der Stände Holsteins oder, was wesentlich gleichbedeutend, an die am 2. April gefaßten Beschlüsse der städtischen Collegien Kiels anschlössen, und die man schließlich dem von den Ständen niedergesetzten Ausschuß zur Überreichung an den Reprä¬ sentanten des deutschen Bundes auf der Conferenz in London zu übergeben beschloß. An diese Verhandlung knüpfte sich eine kurze Debatte über die Begründung eines Städtctags als eines ständigen Organs für sämmtliche Stadt- und Fleckens- cvmmunen des Herzogtums, welches den Zweck haben soll, gemeinschaftliche Angelegenheiten gemeinsam zu berathen und zu betreiben. Der Nutzen eines solchen bisher fehlenden Instituts lag so aus der Hand, daß er sofort allgemein anerkannt wurde, und daß man die Vertreter Kiels durch einmüthigen Beschluß ersuchte, die Wiederbcrufung des Städtetags für solche Gelegenheiten, welche dieselbe nothwendig erscheinen ließen, zu übernehmen und ein Reglement für denselben zu entwerfen. Vorläufig kam man überein, daß die Einberufung erfolgen müsse, wenn sie von acht Städten verlangt werde. Die Stimmung der Versammelten war durchweg vortrefflich, und diese erste Vereinigung von Abgeordneten fast aller städtischen Gemeinden des Landes hat sicherlich die beste Wirkung aus die Entschlüsse der jetzt wieder Heimgekehrten für die im Anzug begriffnen Tage der Entscheidung gethan. Ein anderes Zeichen wiedererwachten politischen Lebens brachte der 13. April, indem sich an diesem Tage nach vierzehnjähriger Unterbrechung zu Kiel die nicht zum Corps der Ritterschaft gehörigen Gutsbesitzer zu einer Berathung versam¬ melten. Veranlassung dazu gab die bevorstehende londoner Conferenz, und es wurde der Beschluß gefaßt, im Anschluß an die Erklärungen der holsteinischen Ständcmitglieder und der schleswigschen Vertrauensmänner gegen jede Verfügung über das Recht der Herzogthümer, die ohne Mitwirkung der Repräsentation derselben getroffen werden sollte, Verwahrung einzulegen. Dieser Beschluß wurde einstimmig gefaßt. Dann endigte die Verhandlung mit der Wahl einer neuen Deputation (Ausschuß), die aus den Gutsbesitzern Hirschfeld auf Grvß- nordsee, Mariens aus Neunordsee und Behüte aus Virkemoor besteht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/162>, abgerufen am 25.08.2024.