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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Salben, Pasidr Bröcker von Unterste und der bäuerliche Abgeordnete Hadje
von Egenbüttel, welcher Pinneberg vertritt,

Scheel-Plessen hatte sich <uncrv,mrteter Weise) mit einer Reise nach Dresden
entschuldigt, so daß Manche hier fast annehmen wollen, er habe sich eine Thür
zur Umkehr und zur Verständigung offen halten wollen, die freilich nach den
Enthüllungen des englischen Blaubuchs nicht mit Bequemlichkeit zu bewerkstelligen
sein möchte. Blomc hatte es nicht für angemessen gehalten, sich bei den Con-
vocanten wegen seines Ausbleibens zu rechtfertigen. Er zog vor, sich im "Ham¬
burger Korrespondenten" vor dem gesammten Publicum zu erklaren, und er
that dies in einer Weise, welche weit weniger für seine diplomatischen Fähig¬
keiten und seine aristokratische Haltung, als für seinen tiefen Aerger Zeugniß
ablegte, das; er, der früher einer der Führer der Stände war, jetzt allen und
jeden Einfluß im Lande verloren hat, und daß in Folge dessen seine bisherigen
Bemühungen, die gute Sache zu verderben, erfolglos geblieben. Es hieß in
diesem merkwürdigen und sehr charakteristischen Erguß eines Schwerverwundeten
Ehrgeizes ungefähr:-er sei nicht gekommen, weil es mit der Versammlung doch
nur "auf eine neue Agitation zu Gunsten des Augusten b urg ers" abgesehen
gewesen, und weil er gewußt, daß seine Warnungen in dieser Beziehung wie
früher fruchtlos sein würden. Dann bezweifelte die Erklärung das alleinige
Erbrecht des "Erbprinzen von Augustenburg" zunächst wegen der "vielen (d. h.
nur von Pernice und den Dänen) gegen seine Ansprüche geltend gemachten
Einwendungen", dann wegen des (ihm vor einige" Wochen von der Kreuzzeitung
ins Gedächtniß zurückgerufenen, beiläufig bemerkt sehr unvorsichtigen) Ausspruchs
Wilhelm Beselers, daß das Haus Augustenburg todt für Schleswig-Holstein sei,
schließlich weil er "kein Primogeniturstatnt kenne, worauf die Augustenburger
ein alleiniges Erbrecht gründen könnten," Weiterhin war der Herr Baron
indeß so gnädig, zu wünschen, daß, wenn es ein solches Recht gäbe, demselben
Anerkennung zu Theil werden möge. Dann schloß die Erklärung mit der ver¬
drießlichen Bemerkung: "durch Versammlungen, Resolutionen, obligates Schwenken
von Fahnen und voreilige Huldigungen kann kein Recht constatirt werden."

Wie bist du gefallen, du schöner Morgenstern! Wir Aelteren erinnern uns
alle des Genusses, den die anmuthige Patente Art die Klinge politischer Fecht¬
kunst zu führen gewährte, in welcher Adolf Blomc den in ähnlicher seiner Weise
auftretenden Olshausen bekämpfte. Und jetzt!

"Des Augustenburgers" -- in der That, ein Diplomat und so unhöflich!
Ein exclusiver selbstgenugsamer Aristokrat, und die Berufung auf Wilhelm Be¬
selers Ansicht! Ein gewandter, redefertigcr Politiker und so arm an Muth und
Selbstgefühl, daß er die Flinte ins Korn wirst und, statt in der Versammlung
zu erscheinen, seine Rechtsüberzeugung auszusprechen, für dieselbe durch Gründe
zu werben, sich in die Redaction eines Hamburger Blattes zweiten Ranges


Salben, Pasidr Bröcker von Unterste und der bäuerliche Abgeordnete Hadje
von Egenbüttel, welcher Pinneberg vertritt,

Scheel-Plessen hatte sich <uncrv,mrteter Weise) mit einer Reise nach Dresden
entschuldigt, so daß Manche hier fast annehmen wollen, er habe sich eine Thür
zur Umkehr und zur Verständigung offen halten wollen, die freilich nach den
Enthüllungen des englischen Blaubuchs nicht mit Bequemlichkeit zu bewerkstelligen
sein möchte. Blomc hatte es nicht für angemessen gehalten, sich bei den Con-
vocanten wegen seines Ausbleibens zu rechtfertigen. Er zog vor, sich im „Ham¬
burger Korrespondenten" vor dem gesammten Publicum zu erklaren, und er
that dies in einer Weise, welche weit weniger für seine diplomatischen Fähig¬
keiten und seine aristokratische Haltung, als für seinen tiefen Aerger Zeugniß
ablegte, das; er, der früher einer der Führer der Stände war, jetzt allen und
jeden Einfluß im Lande verloren hat, und daß in Folge dessen seine bisherigen
Bemühungen, die gute Sache zu verderben, erfolglos geblieben. Es hieß in
diesem merkwürdigen und sehr charakteristischen Erguß eines Schwerverwundeten
Ehrgeizes ungefähr:-er sei nicht gekommen, weil es mit der Versammlung doch
nur „auf eine neue Agitation zu Gunsten des Augusten b urg ers" abgesehen
gewesen, und weil er gewußt, daß seine Warnungen in dieser Beziehung wie
früher fruchtlos sein würden. Dann bezweifelte die Erklärung das alleinige
Erbrecht des „Erbprinzen von Augustenburg" zunächst wegen der „vielen (d. h.
nur von Pernice und den Dänen) gegen seine Ansprüche geltend gemachten
Einwendungen", dann wegen des (ihm vor einige» Wochen von der Kreuzzeitung
ins Gedächtniß zurückgerufenen, beiläufig bemerkt sehr unvorsichtigen) Ausspruchs
Wilhelm Beselers, daß das Haus Augustenburg todt für Schleswig-Holstein sei,
schließlich weil er „kein Primogeniturstatnt kenne, worauf die Augustenburger
ein alleiniges Erbrecht gründen könnten," Weiterhin war der Herr Baron
indeß so gnädig, zu wünschen, daß, wenn es ein solches Recht gäbe, demselben
Anerkennung zu Theil werden möge. Dann schloß die Erklärung mit der ver¬
drießlichen Bemerkung: „durch Versammlungen, Resolutionen, obligates Schwenken
von Fahnen und voreilige Huldigungen kann kein Recht constatirt werden."

Wie bist du gefallen, du schöner Morgenstern! Wir Aelteren erinnern uns
alle des Genusses, den die anmuthige Patente Art die Klinge politischer Fecht¬
kunst zu führen gewährte, in welcher Adolf Blomc den in ähnlicher seiner Weise
auftretenden Olshausen bekämpfte. Und jetzt!

„Des Augustenburgers" — in der That, ein Diplomat und so unhöflich!
Ein exclusiver selbstgenugsamer Aristokrat, und die Berufung auf Wilhelm Be¬
selers Ansicht! Ein gewandter, redefertigcr Politiker und so arm an Muth und
Selbstgefühl, daß er die Flinte ins Korn wirst und, statt in der Versammlung
zu erscheinen, seine Rechtsüberzeugung auszusprechen, für dieselbe durch Gründe
zu werben, sich in die Redaction eines Hamburger Blattes zweiten Ranges


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/118>, abgerufen am 23.07.2024.