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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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solche liebevolle Unterstützung gewöhnt war und nun plötzlich derselben beraubt
ist, läßt sich in seinem ganzen Umfange kaum ermessen. Verlassen und düster,
wie die Königin im tiefsten Herzen fühlt, liegt ihr Lebensweg vor ihr, -- ein
Pfad der Pflicht und Mühe, den sie, auf die treue Anhänglichkeit und Liebe
ihres Volkes gestützt, mit Gottes Hilfe zu wandeln gedenkt, aber auf dem ihr
strauchelnder Schritt, wie sie fürchtet, oft genug bekunden wird, daß ihr die
zärtliche und liebevolle Unterstützung fehlt, die sie bei jeder Gelegenheit an
ihrem geliebten Manne zu finden gewohnt war.

Die Umstände, welche die Aufzeichnung des Prinzen veranlaßten, waren
folgende:

Bei dem Tode des General-Adjutanten Sir I. Macdonald (im März 1850)
wurde der Plan angeregt, die beiden Stellen des General-Adjutanten und des
General-Quartiermeisters in eine zu verschmelzen und dem Chef des Stabes zu
übertragen. Der Herzog von Wellington wurde deshalb nach Windsor berufen
und machte dort im Laufe der Verhandlungen den Vorschlag, man solle die
Sache so einrichten, daß der Prinz schließlich sein Nachfolger im Oberbefehl
würde. Auf diesen Vorschlag beziehen sich die nachstehenden Auszüge aus den
Aufzeichnungen des Prinzen.

Schloß Windsor. 3. April 1850.

"Gestern besuchte ich den Herzog von Wellington nach seiner Ankunft im
Schlosse auf seinem Zimmer. Das Gespräch wandte sich bald auf die Frage
wegen der erledigten Stelle des General-Adjutanten. Ich fragte den Hnzog.
was er in der Sache vorhabe. Er erwiderte, er habe einen Brief erhalten,
der die Vereinigung der beiden Stellen des General-Adjutanten und des Ge-
neral-Quarticrmeisters befürworte, und er übergab mir seine Antwort darauf.
Dann fuhr er fort, es sei nöthig, daß wir ein wenig in die Zukunft blickten.
Er sei über achtzig Jahr und trete nächsten Monat in sein zweiundachtzigstes.
Zwar sei er, Gottlob, recht wohl und kräftig und wolle thun, was er könne
aber er könne doch nicht ewig dauern, und im gewöhnlichen Lauf der Dinge
müßten wir uns in nicht gar zu langer Zeit auf einen Wechsel gefaßt machen.
So lange er da sei, versehe er alle Stellen selbst. . . . Die beiden Stellen
eines General-Adjutanten und eines General-QuartiermeisterS zu einer neuen
Stelle, der eines Chefs des Stabes vereinigen, wie das wohl in einigen frem¬
den Armeen geschehe, würde doch nur zwei verschiedene Personen anstellen heißen,
die dasselbe zu thun hätten, und das thue nie gut. Der Chef des Stabes
würde seine amtliche Thätigkeit wieder in ein General-Adjutanten- und ein
General-Quartiermeister-Departement vertheilen müssen; dabei würde nichts ge¬
wonnen. Indeß sehe er doch den größten Vortheil in der Anstellung eines
Chefs des Stabes, wenn es sich nach seinem Tode so einrichten ließe, wie


solche liebevolle Unterstützung gewöhnt war und nun plötzlich derselben beraubt
ist, läßt sich in seinem ganzen Umfange kaum ermessen. Verlassen und düster,
wie die Königin im tiefsten Herzen fühlt, liegt ihr Lebensweg vor ihr, — ein
Pfad der Pflicht und Mühe, den sie, auf die treue Anhänglichkeit und Liebe
ihres Volkes gestützt, mit Gottes Hilfe zu wandeln gedenkt, aber auf dem ihr
strauchelnder Schritt, wie sie fürchtet, oft genug bekunden wird, daß ihr die
zärtliche und liebevolle Unterstützung fehlt, die sie bei jeder Gelegenheit an
ihrem geliebten Manne zu finden gewohnt war.

Die Umstände, welche die Aufzeichnung des Prinzen veranlaßten, waren
folgende:

Bei dem Tode des General-Adjutanten Sir I. Macdonald (im März 1850)
wurde der Plan angeregt, die beiden Stellen des General-Adjutanten und des
General-Quartiermeisters in eine zu verschmelzen und dem Chef des Stabes zu
übertragen. Der Herzog von Wellington wurde deshalb nach Windsor berufen
und machte dort im Laufe der Verhandlungen den Vorschlag, man solle die
Sache so einrichten, daß der Prinz schließlich sein Nachfolger im Oberbefehl
würde. Auf diesen Vorschlag beziehen sich die nachstehenden Auszüge aus den
Aufzeichnungen des Prinzen.

Schloß Windsor. 3. April 1850.

„Gestern besuchte ich den Herzog von Wellington nach seiner Ankunft im
Schlosse auf seinem Zimmer. Das Gespräch wandte sich bald auf die Frage
wegen der erledigten Stelle des General-Adjutanten. Ich fragte den Hnzog.
was er in der Sache vorhabe. Er erwiderte, er habe einen Brief erhalten,
der die Vereinigung der beiden Stellen des General-Adjutanten und des Ge-
neral-Quarticrmeisters befürworte, und er übergab mir seine Antwort darauf.
Dann fuhr er fort, es sei nöthig, daß wir ein wenig in die Zukunft blickten.
Er sei über achtzig Jahr und trete nächsten Monat in sein zweiundachtzigstes.
Zwar sei er, Gottlob, recht wohl und kräftig und wolle thun, was er könne
aber er könne doch nicht ewig dauern, und im gewöhnlichen Lauf der Dinge
müßten wir uns in nicht gar zu langer Zeit auf einen Wechsel gefaßt machen.
So lange er da sei, versehe er alle Stellen selbst. . . . Die beiden Stellen
eines General-Adjutanten und eines General-QuartiermeisterS zu einer neuen
Stelle, der eines Chefs des Stabes vereinigen, wie das wohl in einigen frem¬
den Armeen geschehe, würde doch nur zwei verschiedene Personen anstellen heißen,
die dasselbe zu thun hätten, und das thue nie gut. Der Chef des Stabes
würde seine amtliche Thätigkeit wieder in ein General-Adjutanten- und ein
General-Quartiermeister-Departement vertheilen müssen; dabei würde nichts ge¬
wonnen. Indeß sehe er doch den größten Vortheil in der Anstellung eines
Chefs des Stabes, wenn es sich nach seinem Tode so einrichten ließe, wie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/102>, abgerufen am 23.07.2024.