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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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bruar vor Düppel haben die gegenseitigen Verluste ein ähnliches Verhältniß zu
Gunsten der Preußen angenommen. Wir stellen die officiell bekannt gewor¬
denen Verluste an Todten und Verwundeten wie folgt zusammen:

Missunde 138 Dänen 195 Preußen.
Düppel 2S8 " 78
Obersett 253 " 422 Oestreicher.
Oeversee 394 " 418

In dem raschen Schießen liegt aber auch für die Truppe die große Gefahr
des Verschießens. Dieser Gefahr vorzubeugen bedarf es zweier Mittel: 1) einer
guten Disciplin, die nur bei längerer Dienstzeit,zu erlangen ist und 2) eines
sehr geregelten und gesicherten Nachschubes der Munition, verbunden mit einer
größern Abhängigkeit der Truppe von ihrer Rückzugslinie.

Leider war den Preußen noch keine Gelegenheit geboten, hierin Erfahrungen
zu sammeln. Noch haben sie kein lang anhaltendes Feuergefecht bestanden und
noch ist ihre Nückzugslinie nicht in Gefahr gewesen.

Bis jetzt hat der Soldat die Güte und Dauerhaftigkeit des Zündnadel'
gewchrs in jeder Beziehung anzuerkennen gehabt und er zeigt deshalb ein
großes Vertrauen zu seiner Waffe. Ja es ist die Frage, ob das Zündnadel'
gcwehr nicht gar zu viel Vertrauen erweckt. Wir halten es nämlich für mög¬
lich, daß einer vorzüglich schießenden Truppe der Uebergang aus dem Feuer-
gefecht zum Handgemenge, den wir oben als zum Siege nothwendig und als
das Lebenselement der Schlacht bezeichnet haben, schwieriger wird als einer
weniger gut schießenden Truppe. Die Erfahrungen mit den Scharfschützentruppen
der frühern Armeen sprechen etwas für die Richtigkeit dieser Anschauungen. --
Ja eine oberflächliche Beurtheilung der Kriegsereignisse in Schleswig könnte
vielleicht hierin einen Grund finden, daß die Preußen bis jetzt noch zu keinem
Bajonnetgefecht gekommen sind. Doch treten wir den Dingen ein wenig näher,
so müssen wir zugeben, daß bis jetzt von ihren Führern den Preußen noch
keine Gelegenheit gegeben worden ist eine ungestüme Tapferkeit zu zeigen. Bis
jetzt hat man nur Necognoscirungsgefechte ohne bestimmtes Ziel mit ihnen ge¬
führt. Eine Art von Gefechten, welche die Theorie im Allgemeinen verwirft.

Wünschen und hoffen wir, daß ein Sturm der Preußen demnächst Düppel
und Fridericia nimmt, damit die Welt wie zur Zeit Friedrichs des Großen er¬
kennt, daß die gute Ausbildung der Preußen den kriegerischen Geist bei ihnen
nicht tödtet, sondern zu großen Leistungen fähig macht.

Die Ereignisse in Schleswig und Jütland find in den letzten Tagen einige
Schritte vorwärts gegangen. Die Dänen sind ihrem richtigen Grundsatz, sich
nicht im freien Felde dem übermächtigen Gegner auszusetzen, treu geblieben


bruar vor Düppel haben die gegenseitigen Verluste ein ähnliches Verhältniß zu
Gunsten der Preußen angenommen. Wir stellen die officiell bekannt gewor¬
denen Verluste an Todten und Verwundeten wie folgt zusammen:

Missunde 138 Dänen 195 Preußen.
Düppel 2S8 „ 78
Obersett 253 „ 422 Oestreicher.
Oeversee 394 „ 418

In dem raschen Schießen liegt aber auch für die Truppe die große Gefahr
des Verschießens. Dieser Gefahr vorzubeugen bedarf es zweier Mittel: 1) einer
guten Disciplin, die nur bei längerer Dienstzeit,zu erlangen ist und 2) eines
sehr geregelten und gesicherten Nachschubes der Munition, verbunden mit einer
größern Abhängigkeit der Truppe von ihrer Rückzugslinie.

Leider war den Preußen noch keine Gelegenheit geboten, hierin Erfahrungen
zu sammeln. Noch haben sie kein lang anhaltendes Feuergefecht bestanden und
noch ist ihre Nückzugslinie nicht in Gefahr gewesen.

Bis jetzt hat der Soldat die Güte und Dauerhaftigkeit des Zündnadel'
gewchrs in jeder Beziehung anzuerkennen gehabt und er zeigt deshalb ein
großes Vertrauen zu seiner Waffe. Ja es ist die Frage, ob das Zündnadel'
gcwehr nicht gar zu viel Vertrauen erweckt. Wir halten es nämlich für mög¬
lich, daß einer vorzüglich schießenden Truppe der Uebergang aus dem Feuer-
gefecht zum Handgemenge, den wir oben als zum Siege nothwendig und als
das Lebenselement der Schlacht bezeichnet haben, schwieriger wird als einer
weniger gut schießenden Truppe. Die Erfahrungen mit den Scharfschützentruppen
der frühern Armeen sprechen etwas für die Richtigkeit dieser Anschauungen. —
Ja eine oberflächliche Beurtheilung der Kriegsereignisse in Schleswig könnte
vielleicht hierin einen Grund finden, daß die Preußen bis jetzt noch zu keinem
Bajonnetgefecht gekommen sind. Doch treten wir den Dingen ein wenig näher,
so müssen wir zugeben, daß bis jetzt von ihren Führern den Preußen noch
keine Gelegenheit gegeben worden ist eine ungestüme Tapferkeit zu zeigen. Bis
jetzt hat man nur Necognoscirungsgefechte ohne bestimmtes Ziel mit ihnen ge¬
führt. Eine Art von Gefechten, welche die Theorie im Allgemeinen verwirft.

Wünschen und hoffen wir, daß ein Sturm der Preußen demnächst Düppel
und Fridericia nimmt, damit die Welt wie zur Zeit Friedrichs des Großen er¬
kennt, daß die gute Ausbildung der Preußen den kriegerischen Geist bei ihnen
nicht tödtet, sondern zu großen Leistungen fähig macht.

Die Ereignisse in Schleswig und Jütland find in den letzten Tagen einige
Schritte vorwärts gegangen. Die Dänen sind ihrem richtigen Grundsatz, sich
nicht im freien Felde dem übermächtigen Gegner auszusetzen, treu geblieben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/526>, abgerufen am 24.07.2024.