Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

und das Niederlegn der Dörfer nicht. Dagegen erwarb und bewahrte sich an
der Ostküste, namentlich auf den Halbinseln Dänisch-Wohld und Schwanscn.
der sächsische Adel reichen Besitz, und so finden sich auch hier in weiter Ver¬
breitung die Nachtheile des Zeitpachts.

Von dem zu 903,005 Steuertonnen angegebenen Areal des Herzogthums
Holstein fallen 19.182 auf die Städte, 311,648 auf die Aemter und Landschaften,
deren Bauern beinahe durchgehends freie Eigenthümer sind, 8.715 auf die
Koegc der Marschdistrictc, 41.637 auf die Klöster und 323.833. also mehr als
ein Drittel des Ganzen, auf die adeligen Güter. Die adeligen und klösterlichen
Districte in Holstein umfassen 57 Quadratmeilen und mehr als anderthalb¬
hunderttausend Menschen. Die Zahl der adeligen Güter im Herzogthume be¬
trägt 163, die meisten derselben liegen in Wagrien, die größten im südlichen
Holstein und in Stormarn.

In Schleswig ist das Verhältniß günstiger, doch gilt dies am wenigsten
von den Bezirken, wo die Bevölkerung sächsischer Abkunft ist. Von den
858.674 Steuertonnen dieses Herzogthums kommen 9.856 auf die Städte,
665,135 auf die Aemter und Landschaften, 17.560 auf die Kocge, 4.453 auf
das adelige Se. Johannisklostcr, 15,840 auf die vormals augustenburgischen
Güter auf Alsen und im Sundewitt und 145,830, also nicht völlig ein Sechstel
des Ganzen, auf die adeligen Districte, die gegen 30 Quadratmeilen umfassen.

Und hier ist der Ort, ein Wort über die Schleswig-holsteinische
Ritterschaft zu sagen, die, soweit sie nicht eingewandert ist, dem nieder¬
sächsischen Stamme angehört. Dieselbe umfaßt keineswegs den ganzen Adel
der Herzogtümer, sondern es gehören zu ihr zuvörderst nur die alten Familien
der Nantzau (die zu Ende des 16. Jahrhunderts 118 männliche Mitglieder zählte
und 71 Güter besaß), der Ahlefeldt. der Brockdorsf, der Blome, Buchwalde,
Qualen, Reventlow, Rumohr und Thiemen. Sodann aber sind später in die
Körperschaft aufgenommen: die Baudissin, die Bernstorff, die Bülow, die
Cronstern, die Dernath, das Haus Holstein-Holstcinborg, und die Geschlechter
v. Hotel, v. Hahn, v. Hedemann-Hesper, v. Hammerstein, v. Kielmannsegge,
v. Levetzow, v. Luckncr, v. Moltke, v. Münster-Meinhövel, v. Oertzen. v. Plattn-
Hallermund, v. Plessen, v. Schack, v. Schimmelmann, v. Warnstedt und
v. Wedderkopp. Die ritterschaftlichen Güter ganz Schleswig-Holsteins bedecken
einen Flächenraum von ziemlich 87 Quadratmeilen, auf denen nahe an 220,000
Menschen wohnen. Doch ist bei diesem Verhältniß nicht außer Acht zu lassen,
daß sehr Viele jener adeligen Güter heutzutage in den Händen von Bürger¬
lichen sind, was vorzüglich von denen im mittleren und nördlichen Schles¬
wig gilt.

Die höchste Blüthe erreichte der Schleswig-holsteinische Adel um die Zeit
Christians des Vierten. Durch Niederlegung der Dörfer in einem großen Theil


und das Niederlegn der Dörfer nicht. Dagegen erwarb und bewahrte sich an
der Ostküste, namentlich auf den Halbinseln Dänisch-Wohld und Schwanscn.
der sächsische Adel reichen Besitz, und so finden sich auch hier in weiter Ver¬
breitung die Nachtheile des Zeitpachts.

Von dem zu 903,005 Steuertonnen angegebenen Areal des Herzogthums
Holstein fallen 19.182 auf die Städte, 311,648 auf die Aemter und Landschaften,
deren Bauern beinahe durchgehends freie Eigenthümer sind, 8.715 auf die
Koegc der Marschdistrictc, 41.637 auf die Klöster und 323.833. also mehr als
ein Drittel des Ganzen, auf die adeligen Güter. Die adeligen und klösterlichen
Districte in Holstein umfassen 57 Quadratmeilen und mehr als anderthalb¬
hunderttausend Menschen. Die Zahl der adeligen Güter im Herzogthume be¬
trägt 163, die meisten derselben liegen in Wagrien, die größten im südlichen
Holstein und in Stormarn.

In Schleswig ist das Verhältniß günstiger, doch gilt dies am wenigsten
von den Bezirken, wo die Bevölkerung sächsischer Abkunft ist. Von den
858.674 Steuertonnen dieses Herzogthums kommen 9.856 auf die Städte,
665,135 auf die Aemter und Landschaften, 17.560 auf die Kocge, 4.453 auf
das adelige Se. Johannisklostcr, 15,840 auf die vormals augustenburgischen
Güter auf Alsen und im Sundewitt und 145,830, also nicht völlig ein Sechstel
des Ganzen, auf die adeligen Districte, die gegen 30 Quadratmeilen umfassen.

Und hier ist der Ort, ein Wort über die Schleswig-holsteinische
Ritterschaft zu sagen, die, soweit sie nicht eingewandert ist, dem nieder¬
sächsischen Stamme angehört. Dieselbe umfaßt keineswegs den ganzen Adel
der Herzogtümer, sondern es gehören zu ihr zuvörderst nur die alten Familien
der Nantzau (die zu Ende des 16. Jahrhunderts 118 männliche Mitglieder zählte
und 71 Güter besaß), der Ahlefeldt. der Brockdorsf, der Blome, Buchwalde,
Qualen, Reventlow, Rumohr und Thiemen. Sodann aber sind später in die
Körperschaft aufgenommen: die Baudissin, die Bernstorff, die Bülow, die
Cronstern, die Dernath, das Haus Holstein-Holstcinborg, und die Geschlechter
v. Hotel, v. Hahn, v. Hedemann-Hesper, v. Hammerstein, v. Kielmannsegge,
v. Levetzow, v. Luckncr, v. Moltke, v. Münster-Meinhövel, v. Oertzen. v. Plattn-
Hallermund, v. Plessen, v. Schack, v. Schimmelmann, v. Warnstedt und
v. Wedderkopp. Die ritterschaftlichen Güter ganz Schleswig-Holsteins bedecken
einen Flächenraum von ziemlich 87 Quadratmeilen, auf denen nahe an 220,000
Menschen wohnen. Doch ist bei diesem Verhältniß nicht außer Acht zu lassen,
daß sehr Viele jener adeligen Güter heutzutage in den Händen von Bürger¬
lichen sind, was vorzüglich von denen im mittleren und nördlichen Schles¬
wig gilt.

Die höchste Blüthe erreichte der Schleswig-holsteinische Adel um die Zeit
Christians des Vierten. Durch Niederlegung der Dörfer in einem großen Theil


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0488" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116954"/>
          <p xml:id="ID_1527" prev="#ID_1526"> und das Niederlegn der Dörfer nicht. Dagegen erwarb und bewahrte sich an<lb/>
der Ostküste, namentlich auf den Halbinseln Dänisch-Wohld und Schwanscn.<lb/>
der sächsische Adel reichen Besitz, und so finden sich auch hier in weiter Ver¬<lb/>
breitung die Nachtheile des Zeitpachts.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1528"> Von dem zu 903,005 Steuertonnen angegebenen Areal des Herzogthums<lb/>
Holstein fallen 19.182 auf die Städte, 311,648 auf die Aemter und Landschaften,<lb/>
deren Bauern beinahe durchgehends freie Eigenthümer sind, 8.715 auf die<lb/>
Koegc der Marschdistrictc, 41.637 auf die Klöster und 323.833. also mehr als<lb/>
ein Drittel des Ganzen, auf die adeligen Güter. Die adeligen und klösterlichen<lb/>
Districte in Holstein umfassen 57 Quadratmeilen und mehr als anderthalb¬<lb/>
hunderttausend Menschen. Die Zahl der adeligen Güter im Herzogthume be¬<lb/>
trägt 163, die meisten derselben liegen in Wagrien, die größten im südlichen<lb/>
Holstein und in Stormarn.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1529"> In Schleswig ist das Verhältniß günstiger, doch gilt dies am wenigsten<lb/>
von den Bezirken, wo die Bevölkerung sächsischer Abkunft ist. Von den<lb/>
858.674 Steuertonnen dieses Herzogthums kommen 9.856 auf die Städte,<lb/>
665,135 auf die Aemter und Landschaften, 17.560 auf die Kocge, 4.453 auf<lb/>
das adelige Se. Johannisklostcr, 15,840 auf die vormals augustenburgischen<lb/>
Güter auf Alsen und im Sundewitt und 145,830, also nicht völlig ein Sechstel<lb/>
des Ganzen, auf die adeligen Districte, die gegen 30 Quadratmeilen umfassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1530"> Und hier ist der Ort, ein Wort über die Schleswig-holsteinische<lb/>
Ritterschaft zu sagen, die, soweit sie nicht eingewandert ist, dem nieder¬<lb/>
sächsischen Stamme angehört. Dieselbe umfaßt keineswegs den ganzen Adel<lb/>
der Herzogtümer, sondern es gehören zu ihr zuvörderst nur die alten Familien<lb/>
der Nantzau (die zu Ende des 16. Jahrhunderts 118 männliche Mitglieder zählte<lb/>
und 71 Güter besaß), der Ahlefeldt. der Brockdorsf, der Blome, Buchwalde,<lb/>
Qualen, Reventlow, Rumohr und Thiemen. Sodann aber sind später in die<lb/>
Körperschaft aufgenommen: die Baudissin, die Bernstorff, die Bülow, die<lb/>
Cronstern, die Dernath, das Haus Holstein-Holstcinborg, und die Geschlechter<lb/>
v. Hotel, v. Hahn, v. Hedemann-Hesper, v. Hammerstein, v. Kielmannsegge,<lb/>
v. Levetzow, v. Luckncr, v. Moltke, v. Münster-Meinhövel, v. Oertzen. v. Plattn-<lb/>
Hallermund, v. Plessen, v. Schack, v. Schimmelmann, v. Warnstedt und<lb/>
v. Wedderkopp. Die ritterschaftlichen Güter ganz Schleswig-Holsteins bedecken<lb/>
einen Flächenraum von ziemlich 87 Quadratmeilen, auf denen nahe an 220,000<lb/>
Menschen wohnen. Doch ist bei diesem Verhältniß nicht außer Acht zu lassen,<lb/>
daß sehr Viele jener adeligen Güter heutzutage in den Händen von Bürger¬<lb/>
lichen sind, was vorzüglich von denen im mittleren und nördlichen Schles¬<lb/>
wig gilt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1531" next="#ID_1532"> Die höchste Blüthe erreichte der Schleswig-holsteinische Adel um die Zeit<lb/>
Christians des Vierten. Durch Niederlegung der Dörfer in einem großen Theil</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0488] und das Niederlegn der Dörfer nicht. Dagegen erwarb und bewahrte sich an der Ostküste, namentlich auf den Halbinseln Dänisch-Wohld und Schwanscn. der sächsische Adel reichen Besitz, und so finden sich auch hier in weiter Ver¬ breitung die Nachtheile des Zeitpachts. Von dem zu 903,005 Steuertonnen angegebenen Areal des Herzogthums Holstein fallen 19.182 auf die Städte, 311,648 auf die Aemter und Landschaften, deren Bauern beinahe durchgehends freie Eigenthümer sind, 8.715 auf die Koegc der Marschdistrictc, 41.637 auf die Klöster und 323.833. also mehr als ein Drittel des Ganzen, auf die adeligen Güter. Die adeligen und klösterlichen Districte in Holstein umfassen 57 Quadratmeilen und mehr als anderthalb¬ hunderttausend Menschen. Die Zahl der adeligen Güter im Herzogthume be¬ trägt 163, die meisten derselben liegen in Wagrien, die größten im südlichen Holstein und in Stormarn. In Schleswig ist das Verhältniß günstiger, doch gilt dies am wenigsten von den Bezirken, wo die Bevölkerung sächsischer Abkunft ist. Von den 858.674 Steuertonnen dieses Herzogthums kommen 9.856 auf die Städte, 665,135 auf die Aemter und Landschaften, 17.560 auf die Kocge, 4.453 auf das adelige Se. Johannisklostcr, 15,840 auf die vormals augustenburgischen Güter auf Alsen und im Sundewitt und 145,830, also nicht völlig ein Sechstel des Ganzen, auf die adeligen Districte, die gegen 30 Quadratmeilen umfassen. Und hier ist der Ort, ein Wort über die Schleswig-holsteinische Ritterschaft zu sagen, die, soweit sie nicht eingewandert ist, dem nieder¬ sächsischen Stamme angehört. Dieselbe umfaßt keineswegs den ganzen Adel der Herzogtümer, sondern es gehören zu ihr zuvörderst nur die alten Familien der Nantzau (die zu Ende des 16. Jahrhunderts 118 männliche Mitglieder zählte und 71 Güter besaß), der Ahlefeldt. der Brockdorsf, der Blome, Buchwalde, Qualen, Reventlow, Rumohr und Thiemen. Sodann aber sind später in die Körperschaft aufgenommen: die Baudissin, die Bernstorff, die Bülow, die Cronstern, die Dernath, das Haus Holstein-Holstcinborg, und die Geschlechter v. Hotel, v. Hahn, v. Hedemann-Hesper, v. Hammerstein, v. Kielmannsegge, v. Levetzow, v. Luckncr, v. Moltke, v. Münster-Meinhövel, v. Oertzen. v. Plattn- Hallermund, v. Plessen, v. Schack, v. Schimmelmann, v. Warnstedt und v. Wedderkopp. Die ritterschaftlichen Güter ganz Schleswig-Holsteins bedecken einen Flächenraum von ziemlich 87 Quadratmeilen, auf denen nahe an 220,000 Menschen wohnen. Doch ist bei diesem Verhältniß nicht außer Acht zu lassen, daß sehr Viele jener adeligen Güter heutzutage in den Händen von Bürger¬ lichen sind, was vorzüglich von denen im mittleren und nördlichen Schles¬ wig gilt. Die höchste Blüthe erreichte der Schleswig-holsteinische Adel um die Zeit Christians des Vierten. Durch Niederlegung der Dörfer in einem großen Theil

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/488
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/488>, abgerufen am 24.07.2024.