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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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sich nach Belieben zu verehelichen, dem Offizier ist solches nur gegen den Erlag
Von 8--12,000 Fi. gestattet; die Gattin des letzteren hat nur im Falle, daß
ihr Gatte den Tod auf dem Schlachtfelde findet, Anspruch aus eine Pension,
während letztere der Wittwe des Staatsbeamten unter allen Umständen zukommt.
Der Staatsbeamte ist aber erst nach einer Dienstzeit von zehn Jahren pensions¬
fähig und erhält sodann ein Drittel seines Gehaltes, nach fünfundzwanzig
Jahren die Hälfte und nach vierzig Jahren den vollen Gehalt als Pension.
Der Offizier war dagegen von jeher zu jeder Zeit pensionsfähig, jedoch war in
früherer Zeit der Ruhegehalt ohne Rücksicht auf die Dienstzeit bemessen und
namentlich bei den höheren Graden erbärmlich niedrig. So bezog z. B. ein
Oberst nicht mehr als 1,200 Gulden. Man erkannte endlich die Ungerechtigkeit
dieses Systems und nach langen Berathungen kam endlich das neue Militär¬
pensionsgesetz, eine der wenigen Verbesserungen, welche der gegenwärtigen Re¬
gierung zu verdanken sind, zu Stande. Der Offizier wurde mit dem Beginne
seiner Dienstzeit pensionsfähig, doch, stieg sein Ruhegehalt nach je fünf Jahren
in der Art, daß er nach zurückgelegter vierzigjähriger Dienstzeit den vollen Ge¬
halt als Pension erhält. Bei dem General tritt dieses jedoch erst nach fünfzig
Jahren ein, da man ganz richtig erkannte, daß zwanzig in untergeordneten
Graden zugebrachte Jahre die geistige und körperliche Regsamkeit eines Mannes
mehr in Anspruch nehmen als eine gleiche unter besseren und höheren Verhält¬
nissen verlebte Dienstzeit. Der Militärbeamte hat in den meisten Fällen eine
noch leichtere Dienstleistung als der gewöhnliche Staatsbeamte und es könnte
daher von Rechtswegen aus ihn nur die für letzteren bestimmte Pensionsordnung
angewendet werden. Aber man hat die den Offizieren zugestandene Begünstigung
auch auf die nichtstreitbaren Individuen ausgedehnt, ja noch ein Mehreres
hinzugefügt, indem man die sogenannten Generalbeamten, Hofräthe, Rechnungs-
directoren u. a. nicht den Generalen gleich behandelt, sondern auch ihnen eine
nur vierzigjährige Dienstzeit zum Erhalten der vollen Pension festgestellt hat.

Betrachtet man aber die noch im activen Dienste Stehenden, so zeigt es
sich, daß auch sie trotz mancher und zwar ziemlich auffallender Begünstigungen
im Ganzen und Wesentlichen doch nicht Ursache haben, sich über die von der
Negierung ihnen erwiesenen Wohlthaten besonders beglückt zu fühlen. Denn
die Mehrzahl -- selbst die im Stabsvfsizierrange stehenden Beamten nicht aus¬
genommen -- ist hinsichtlich ihres Einkommens schlechter gestellt, als die Be¬
amten jeder Privatgesellschaft oder eines größeren Geschäftsmannes und hat
daher während des größten Theiles ihrer Dienstzeit mit Nahrungssorgen zu
kämpfen. Was hilft es ihnen, daß die andern Staatsbeamten noch übler daran
sind und daß auch die Existenz der Offiziere nicht günstiger ist? Bei den letz¬
teren kann man wenigstens mit dem Gemeinplätze: "daß der Offizier der Ehre
tend nicht blos des Geldes wegen diene," austreten. Um also das Decorum


sich nach Belieben zu verehelichen, dem Offizier ist solches nur gegen den Erlag
Von 8—12,000 Fi. gestattet; die Gattin des letzteren hat nur im Falle, daß
ihr Gatte den Tod auf dem Schlachtfelde findet, Anspruch aus eine Pension,
während letztere der Wittwe des Staatsbeamten unter allen Umständen zukommt.
Der Staatsbeamte ist aber erst nach einer Dienstzeit von zehn Jahren pensions¬
fähig und erhält sodann ein Drittel seines Gehaltes, nach fünfundzwanzig
Jahren die Hälfte und nach vierzig Jahren den vollen Gehalt als Pension.
Der Offizier war dagegen von jeher zu jeder Zeit pensionsfähig, jedoch war in
früherer Zeit der Ruhegehalt ohne Rücksicht auf die Dienstzeit bemessen und
namentlich bei den höheren Graden erbärmlich niedrig. So bezog z. B. ein
Oberst nicht mehr als 1,200 Gulden. Man erkannte endlich die Ungerechtigkeit
dieses Systems und nach langen Berathungen kam endlich das neue Militär¬
pensionsgesetz, eine der wenigen Verbesserungen, welche der gegenwärtigen Re¬
gierung zu verdanken sind, zu Stande. Der Offizier wurde mit dem Beginne
seiner Dienstzeit pensionsfähig, doch, stieg sein Ruhegehalt nach je fünf Jahren
in der Art, daß er nach zurückgelegter vierzigjähriger Dienstzeit den vollen Ge¬
halt als Pension erhält. Bei dem General tritt dieses jedoch erst nach fünfzig
Jahren ein, da man ganz richtig erkannte, daß zwanzig in untergeordneten
Graden zugebrachte Jahre die geistige und körperliche Regsamkeit eines Mannes
mehr in Anspruch nehmen als eine gleiche unter besseren und höheren Verhält¬
nissen verlebte Dienstzeit. Der Militärbeamte hat in den meisten Fällen eine
noch leichtere Dienstleistung als der gewöhnliche Staatsbeamte und es könnte
daher von Rechtswegen aus ihn nur die für letzteren bestimmte Pensionsordnung
angewendet werden. Aber man hat die den Offizieren zugestandene Begünstigung
auch auf die nichtstreitbaren Individuen ausgedehnt, ja noch ein Mehreres
hinzugefügt, indem man die sogenannten Generalbeamten, Hofräthe, Rechnungs-
directoren u. a. nicht den Generalen gleich behandelt, sondern auch ihnen eine
nur vierzigjährige Dienstzeit zum Erhalten der vollen Pension festgestellt hat.

Betrachtet man aber die noch im activen Dienste Stehenden, so zeigt es
sich, daß auch sie trotz mancher und zwar ziemlich auffallender Begünstigungen
im Ganzen und Wesentlichen doch nicht Ursache haben, sich über die von der
Negierung ihnen erwiesenen Wohlthaten besonders beglückt zu fühlen. Denn
die Mehrzahl — selbst die im Stabsvfsizierrange stehenden Beamten nicht aus¬
genommen — ist hinsichtlich ihres Einkommens schlechter gestellt, als die Be¬
amten jeder Privatgesellschaft oder eines größeren Geschäftsmannes und hat
daher während des größten Theiles ihrer Dienstzeit mit Nahrungssorgen zu
kämpfen. Was hilft es ihnen, daß die andern Staatsbeamten noch übler daran
sind und daß auch die Existenz der Offiziere nicht günstiger ist? Bei den letz¬
teren kann man wenigstens mit dem Gemeinplätze: „daß der Offizier der Ehre
tend nicht blos des Geldes wegen diene," austreten. Um also das Decorum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/482>, abgerufen am 24.07.2024.