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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Er wird der preußischen Armee mancherlei geben, was ihr mangelt, mancherlei
abthun lehren, was weder ziert noch nützt. Er wird zugeknöpfte Herzen auf¬
gehen lassen und zeigen, daß sie einen guten soliden Kern haben. Er wird die
Bureaukratie im Heere auf das Nothwendigste beschränken, hier Junker zum
Menschen machen, dort Gamaschenknöpfer und Exercierplatzpcdantcn auf das
allein Praktische hinweisen. Auch das leichte Geschütz der Presse wird allmälig
die ihm gebührende Beachtung neben Zündnadelflinten und gezognen Kanonen
finden. Es ist mancherlei Gutes verrostet, mancher Vortheil noch unbenutzt,
aber die Erfahrung wird lehren, die freiere Luft über Vorurtheile hinauswachsen
lassen. So schwer Vieles zu bessern scheint, es muß uns doch gelingen, hier
im Felde und daheim. Sela!




Das administrative Personal der östreichischen Armee.
3.

Es würde überhaupt schwer sein, nur die Namen aller seit den letzten zehn
bis zwölf Jahren für verschiedene unbedeutende Dienstzweige neu errichteten Branchen
in einem Athem herzusagen. Die Summen, welche diese nichtswürdigen Tände¬
leien bereits verschlungen haben, übersteigen fast alle Begriffe! -- Sonderbar genug
begeht man bei einem großen Theile der Linientruppen gerade den entgegengesetzten
Fehler. Denn dort möchte man am liebsten lauter Universalsoldaten heranbilden, die
Artilleristen im Jnfanteriedienst, die Infanterie im Pionnierwesen und in der
Geschützbedienung, und Kürassiere und Mineure im Jägerdienst unterrichten.
Und so wie hier das Resultat keineswegs glänzend ist und Soldaten heran¬
gebildet werden, welche in gar keinem Fache gründlich geübt sind: so ist auch
bei dem entgegengesetzten Verfahren, bei welchem für jeden einzelnen Dienst¬
zweig, oder gar für jede einzelne Dienstverrichtung besondere Individuen ver¬
wendet werden sollen, wenig Gutes zu erwarten. In manchen Fällen, nament¬
lich wo die Wissenschaften ins Spiel gezogen werden, würde die Sache wenigstens
insofern einigen Sinn haben, als die Betreffenden sich mit allem Eifer und Erfolg
auf einen Gegenstand verlegen und sich zu tüchtigen Specialisten heranbilden
könnten. Dann aber müßte die Auswahl der Individuen eine sorgfältige sein
und auf deren Neigung und Befähigung Rücksicht genommen werden, was
aber leider nur in sehr unvollkommener Weise geschieht. Ist der zu besetzende


Er wird der preußischen Armee mancherlei geben, was ihr mangelt, mancherlei
abthun lehren, was weder ziert noch nützt. Er wird zugeknöpfte Herzen auf¬
gehen lassen und zeigen, daß sie einen guten soliden Kern haben. Er wird die
Bureaukratie im Heere auf das Nothwendigste beschränken, hier Junker zum
Menschen machen, dort Gamaschenknöpfer und Exercierplatzpcdantcn auf das
allein Praktische hinweisen. Auch das leichte Geschütz der Presse wird allmälig
die ihm gebührende Beachtung neben Zündnadelflinten und gezognen Kanonen
finden. Es ist mancherlei Gutes verrostet, mancher Vortheil noch unbenutzt,
aber die Erfahrung wird lehren, die freiere Luft über Vorurtheile hinauswachsen
lassen. So schwer Vieles zu bessern scheint, es muß uns doch gelingen, hier
im Felde und daheim. Sela!




Das administrative Personal der östreichischen Armee.
3.

Es würde überhaupt schwer sein, nur die Namen aller seit den letzten zehn
bis zwölf Jahren für verschiedene unbedeutende Dienstzweige neu errichteten Branchen
in einem Athem herzusagen. Die Summen, welche diese nichtswürdigen Tände¬
leien bereits verschlungen haben, übersteigen fast alle Begriffe! — Sonderbar genug
begeht man bei einem großen Theile der Linientruppen gerade den entgegengesetzten
Fehler. Denn dort möchte man am liebsten lauter Universalsoldaten heranbilden, die
Artilleristen im Jnfanteriedienst, die Infanterie im Pionnierwesen und in der
Geschützbedienung, und Kürassiere und Mineure im Jägerdienst unterrichten.
Und so wie hier das Resultat keineswegs glänzend ist und Soldaten heran¬
gebildet werden, welche in gar keinem Fache gründlich geübt sind: so ist auch
bei dem entgegengesetzten Verfahren, bei welchem für jeden einzelnen Dienst¬
zweig, oder gar für jede einzelne Dienstverrichtung besondere Individuen ver¬
wendet werden sollen, wenig Gutes zu erwarten. In manchen Fällen, nament¬
lich wo die Wissenschaften ins Spiel gezogen werden, würde die Sache wenigstens
insofern einigen Sinn haben, als die Betreffenden sich mit allem Eifer und Erfolg
auf einen Gegenstand verlegen und sich zu tüchtigen Specialisten heranbilden
könnten. Dann aber müßte die Auswahl der Individuen eine sorgfältige sein
und auf deren Neigung und Befähigung Rücksicht genommen werden, was
aber leider nur in sehr unvollkommener Weise geschieht. Ist der zu besetzende


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[0475] Er wird der preußischen Armee mancherlei geben, was ihr mangelt, mancherlei abthun lehren, was weder ziert noch nützt. Er wird zugeknöpfte Herzen auf¬ gehen lassen und zeigen, daß sie einen guten soliden Kern haben. Er wird die Bureaukratie im Heere auf das Nothwendigste beschränken, hier Junker zum Menschen machen, dort Gamaschenknöpfer und Exercierplatzpcdantcn auf das allein Praktische hinweisen. Auch das leichte Geschütz der Presse wird allmälig die ihm gebührende Beachtung neben Zündnadelflinten und gezognen Kanonen finden. Es ist mancherlei Gutes verrostet, mancher Vortheil noch unbenutzt, aber die Erfahrung wird lehren, die freiere Luft über Vorurtheile hinauswachsen lassen. So schwer Vieles zu bessern scheint, es muß uns doch gelingen, hier im Felde und daheim. Sela! Das administrative Personal der östreichischen Armee. 3. Es würde überhaupt schwer sein, nur die Namen aller seit den letzten zehn bis zwölf Jahren für verschiedene unbedeutende Dienstzweige neu errichteten Branchen in einem Athem herzusagen. Die Summen, welche diese nichtswürdigen Tände¬ leien bereits verschlungen haben, übersteigen fast alle Begriffe! — Sonderbar genug begeht man bei einem großen Theile der Linientruppen gerade den entgegengesetzten Fehler. Denn dort möchte man am liebsten lauter Universalsoldaten heranbilden, die Artilleristen im Jnfanteriedienst, die Infanterie im Pionnierwesen und in der Geschützbedienung, und Kürassiere und Mineure im Jägerdienst unterrichten. Und so wie hier das Resultat keineswegs glänzend ist und Soldaten heran¬ gebildet werden, welche in gar keinem Fache gründlich geübt sind: so ist auch bei dem entgegengesetzten Verfahren, bei welchem für jeden einzelnen Dienst¬ zweig, oder gar für jede einzelne Dienstverrichtung besondere Individuen ver¬ wendet werden sollen, wenig Gutes zu erwarten. In manchen Fällen, nament¬ lich wo die Wissenschaften ins Spiel gezogen werden, würde die Sache wenigstens insofern einigen Sinn haben, als die Betreffenden sich mit allem Eifer und Erfolg auf einen Gegenstand verlegen und sich zu tüchtigen Specialisten heranbilden könnten. Dann aber müßte die Auswahl der Individuen eine sorgfältige sein und auf deren Neigung und Befähigung Rücksicht genommen werden, was aber leider nur in sehr unvollkommener Weise geschieht. Ist der zu besetzende

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/475>, abgerufen am 24.07.2024.