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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Um die Mittagsstunde besuchten wir das Dannewer?. , Die neueren Be¬
festigungen bestanden in 28 Schanzen, welche eine lange Linie von Bustorf und
Schleswig bis nach Hollingstedt bildeten/ Wir sahen davon die drei nächst-
gelcgnen, darunter die beiden größten, rechts und links von dem Einschnitt im
alten Wall, durch welchen die Eisenbahn nach Schleswig läuft. Sie waren
vortrefflich ausgeführt, mit Gräben, Palissaden und spanischen Reitern sturmfrei
gemacht und mit nett und sauber gebauten strohgedeckten Pulvcrt'eitern versehen,
in denen man noch Massen von Pulver, orange angestrichenen Hohlgeschossen,
Kartätschbüchsen und Kasten voll Zündwürsten fand. Hinter jeder standen mehre
Hütten, in denen die Soldaten auf Strohbündeln geschlafen hatten. Die Schanze
selbst war gewöhnlich mit einem eisernen Vierundachtzigpfündcr und einem Ge¬
schütz von schwächeren Kaliber armirt. Diese Kanonen, jetzt vernagelt, sollen
einst der Schleswig-holsteinischen Armee angehört haben, und so hat man doppelte
Ursache sich zu freuen, daß sie jetzt in deutschen Händen sind. Auch die Be¬
waffnung der dänischen Infanterie stammt zum Theil aus den Vorräthen der
Schleswig-Holsteincr. Es sind Dorngewehre, welche eine ungemein große Spitz¬
kugel schießen. Möge es bald gelingen, auch sie der deutschen Sache zurück¬
zuerobern. Auf Athen ist Gelegenheit dazu.

Die Schanzen bei Bustorf waren nach dem Urtheil von Militärs durch
directen Angriff nicht zu nehmen. Dagegen ist man über die weiter nach Westen
hin gelegnen zweifelhaft, und manche glauben mit Bestimmtheit behaupten zu
können, daß bei Hollingstedt ein Durchbrechen der dänischen Vertheidigungslinic
möglich gewesen wäre. Die Ueberschwcmmungsanstalten vor derselben, die das
Land vor dieser schwächeren Partie der dänischen Werke durch Stauung der
Treene unter Wasser zu setzen bestimmt waren (die Jnundation reichte beiläufig
nur bis Kurburg und eine Verbindung der Rciderau mit dem Seller Noor,
von welcher in diesen Blättern die Rede war, existirte nicht), erwiesen sich dem
Winterfrost gegenüber als völlig unpraktikabel.

Wir besuchten die Schanzen ungehindert durch Wachen. Dieselben wären
aber sehr nothwendig gewesen, nicht so sehr, weil die Fremden, welche sie besich¬
tigten, alles, was fortzuschaffen war. als Andenken zu entführen bestrebt waren
-- ich sah einige der Herren sogar Wischer von Vierundachtzigpfündern und
schwere Bomben wegschleppen -- sondern weil man mit brennenden Pfeifen
und Cigarren in die Pulverkeller ging. Ich selbst machte mich einen Augenblick
dieser Unvorsichtigkeit schuldig, und wurde erst durch einen preußischen Artille¬
risten von der Garde auf die Gefahr hingewiesen. Heute ist denn auch in allen
öffentlichen Vocalen und an den Ecken der Straßen eine dahin gehende Warnung
angeschlagen und durch ausgestellte Posten gesorgt, daß weitere Thorheiten
unterbleiben. (Schluß in nächster Nummer.)




Um die Mittagsstunde besuchten wir das Dannewer?. , Die neueren Be¬
festigungen bestanden in 28 Schanzen, welche eine lange Linie von Bustorf und
Schleswig bis nach Hollingstedt bildeten/ Wir sahen davon die drei nächst-
gelcgnen, darunter die beiden größten, rechts und links von dem Einschnitt im
alten Wall, durch welchen die Eisenbahn nach Schleswig läuft. Sie waren
vortrefflich ausgeführt, mit Gräben, Palissaden und spanischen Reitern sturmfrei
gemacht und mit nett und sauber gebauten strohgedeckten Pulvcrt'eitern versehen,
in denen man noch Massen von Pulver, orange angestrichenen Hohlgeschossen,
Kartätschbüchsen und Kasten voll Zündwürsten fand. Hinter jeder standen mehre
Hütten, in denen die Soldaten auf Strohbündeln geschlafen hatten. Die Schanze
selbst war gewöhnlich mit einem eisernen Vierundachtzigpfündcr und einem Ge¬
schütz von schwächeren Kaliber armirt. Diese Kanonen, jetzt vernagelt, sollen
einst der Schleswig-holsteinischen Armee angehört haben, und so hat man doppelte
Ursache sich zu freuen, daß sie jetzt in deutschen Händen sind. Auch die Be¬
waffnung der dänischen Infanterie stammt zum Theil aus den Vorräthen der
Schleswig-Holsteincr. Es sind Dorngewehre, welche eine ungemein große Spitz¬
kugel schießen. Möge es bald gelingen, auch sie der deutschen Sache zurück¬
zuerobern. Auf Athen ist Gelegenheit dazu.

Die Schanzen bei Bustorf waren nach dem Urtheil von Militärs durch
directen Angriff nicht zu nehmen. Dagegen ist man über die weiter nach Westen
hin gelegnen zweifelhaft, und manche glauben mit Bestimmtheit behaupten zu
können, daß bei Hollingstedt ein Durchbrechen der dänischen Vertheidigungslinic
möglich gewesen wäre. Die Ueberschwcmmungsanstalten vor derselben, die das
Land vor dieser schwächeren Partie der dänischen Werke durch Stauung der
Treene unter Wasser zu setzen bestimmt waren (die Jnundation reichte beiläufig
nur bis Kurburg und eine Verbindung der Rciderau mit dem Seller Noor,
von welcher in diesen Blättern die Rede war, existirte nicht), erwiesen sich dem
Winterfrost gegenüber als völlig unpraktikabel.

Wir besuchten die Schanzen ungehindert durch Wachen. Dieselben wären
aber sehr nothwendig gewesen, nicht so sehr, weil die Fremden, welche sie besich¬
tigten, alles, was fortzuschaffen war. als Andenken zu entführen bestrebt waren
— ich sah einige der Herren sogar Wischer von Vierundachtzigpfündern und
schwere Bomben wegschleppen — sondern weil man mit brennenden Pfeifen
und Cigarren in die Pulverkeller ging. Ich selbst machte mich einen Augenblick
dieser Unvorsichtigkeit schuldig, und wurde erst durch einen preußischen Artille¬
risten von der Garde auf die Gefahr hingewiesen. Heute ist denn auch in allen
öffentlichen Vocalen und an den Ecken der Straßen eine dahin gehende Warnung
angeschlagen und durch ausgestellte Posten gesorgt, daß weitere Thorheiten
unterbleiben. (Schluß in nächster Nummer.)




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[0445] Um die Mittagsstunde besuchten wir das Dannewer?. , Die neueren Be¬ festigungen bestanden in 28 Schanzen, welche eine lange Linie von Bustorf und Schleswig bis nach Hollingstedt bildeten/ Wir sahen davon die drei nächst- gelcgnen, darunter die beiden größten, rechts und links von dem Einschnitt im alten Wall, durch welchen die Eisenbahn nach Schleswig läuft. Sie waren vortrefflich ausgeführt, mit Gräben, Palissaden und spanischen Reitern sturmfrei gemacht und mit nett und sauber gebauten strohgedeckten Pulvcrt'eitern versehen, in denen man noch Massen von Pulver, orange angestrichenen Hohlgeschossen, Kartätschbüchsen und Kasten voll Zündwürsten fand. Hinter jeder standen mehre Hütten, in denen die Soldaten auf Strohbündeln geschlafen hatten. Die Schanze selbst war gewöhnlich mit einem eisernen Vierundachtzigpfündcr und einem Ge¬ schütz von schwächeren Kaliber armirt. Diese Kanonen, jetzt vernagelt, sollen einst der Schleswig-holsteinischen Armee angehört haben, und so hat man doppelte Ursache sich zu freuen, daß sie jetzt in deutschen Händen sind. Auch die Be¬ waffnung der dänischen Infanterie stammt zum Theil aus den Vorräthen der Schleswig-Holsteincr. Es sind Dorngewehre, welche eine ungemein große Spitz¬ kugel schießen. Möge es bald gelingen, auch sie der deutschen Sache zurück¬ zuerobern. Auf Athen ist Gelegenheit dazu. Die Schanzen bei Bustorf waren nach dem Urtheil von Militärs durch directen Angriff nicht zu nehmen. Dagegen ist man über die weiter nach Westen hin gelegnen zweifelhaft, und manche glauben mit Bestimmtheit behaupten zu können, daß bei Hollingstedt ein Durchbrechen der dänischen Vertheidigungslinic möglich gewesen wäre. Die Ueberschwcmmungsanstalten vor derselben, die das Land vor dieser schwächeren Partie der dänischen Werke durch Stauung der Treene unter Wasser zu setzen bestimmt waren (die Jnundation reichte beiläufig nur bis Kurburg und eine Verbindung der Rciderau mit dem Seller Noor, von welcher in diesen Blättern die Rede war, existirte nicht), erwiesen sich dem Winterfrost gegenüber als völlig unpraktikabel. Wir besuchten die Schanzen ungehindert durch Wachen. Dieselben wären aber sehr nothwendig gewesen, nicht so sehr, weil die Fremden, welche sie besich¬ tigten, alles, was fortzuschaffen war. als Andenken zu entführen bestrebt waren — ich sah einige der Herren sogar Wischer von Vierundachtzigpfündern und schwere Bomben wegschleppen — sondern weil man mit brennenden Pfeifen und Cigarren in die Pulverkeller ging. Ich selbst machte mich einen Augenblick dieser Unvorsichtigkeit schuldig, und wurde erst durch einen preußischen Artille¬ risten von der Garde auf die Gefahr hingewiesen. Heute ist denn auch in allen öffentlichen Vocalen und an den Ecken der Straßen eine dahin gehende Warnung angeschlagen und durch ausgestellte Posten gesorgt, daß weitere Thorheiten unterbleiben. (Schluß in nächster Nummer.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/445>, abgerufen am 24.07.2024.