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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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eine "zweistimmige Fuge, verfertigt von Ludwig van Beethoven im Alter von elf
Jahren;" Sonate für Mandoline, Duett für zwei Flöten; Duett für Bratsche
und Violoncell mit der scherzhaften Ueberschrift: "Duett mit zwei obligaten'
Augengläsern"; Sonate für Klavier und Flöte; Romanze für Klavier, Flöte
und Fagott mit Ovchcstcrbegleitung; Variationen für zwei Oboen und englisches
Horn über 1^ el äaiem Kr niMv, und wohl noch Einzelnes mehr. Dann sind
noch Skizzen, Entwürfe, unvollendete Bruchstücke aus früher Zeit in ziemlicher
Anzahl, die zum Theil interessanter und lehrreicher als die fertig gewordenen
Jugendarbeiten, aber natürlich zur Herausgabe in einer Gesammtausgabe keines¬
wegs geeignet sind.

Was von jenen zwar vollendeten aber ungedruckt gebliebenen Jugendarbeiten
in eine Ausgabe sämmtlicher Werke aufzunehmen sei, darüber werden die An¬
sichten getheilt sein. Es wird nicht an solchen fehlen, welche alles auszuschließen
wünschen, was nicht dem fertigen Meister angehört, was seinen Ruhm wenig¬
stens bei Unkundigen schmälern, das Bild von ihm, welches allen gegenwärtig
ist, trüben könnte. Dagegen werden andere auf möglichster Vollständigkeit alles
dessen bestehen, was von Beethoven geschrieben und erhalten ist, und das
historische Interesse an den Arbeiten, welche seine Entwickelung und Ausbildung
wenigstens einigermaßen zu charakterisiren geeignet sind, auch neben der ästhe¬
tischen Befriedigung durch reiche und vollkommene Schöpfungen befriedigt wissen
wollen. Vermuthlich wird bei der praktischen Ausführung ein Compromiß nicht
zu vermeiden sein, schon deshalb, weil es fraglich bleibt, ob alle Jugendwerke,
von deren Existenz man weiß, auch zur Veröffentlichung zu erlangen sein werden.
In jedem Falle ist es ein für das Unternehmen günstiger Umstand, daß, wenn
es möglich und thunlich wird, sämmtliche bisher ungedruckte Werke der Samm¬
lung einzuverleiben, der Umfang derselben im Verhältniß zu dem, was gedruckt
vorliegt, nicht so erheblich ist, daß die Ausführung des Ganzen dadurch empfind¬
lich gedrückt werden würde; auf der anderen Seite aber, wenn es nöthig wird,
sich auf eine mäßige Auswahl ungedruckter Stücke zu beschränken, die kunst¬
historische Bedeutung der Ausgabe als Gesammtausgabe nicht in Frage gestellt
oder beeinträchtigt werde. Denn abgesehen von den wenigen, oben bezeichneten
Werken, welche in einer Gesammtausgabe schon aus Achtung für den Namen
des großen Meisters nicht fehlen dürfen, weil sie aus der Zeit seines vollkräfti-
gen Wirkens stammen, werden die übrigen der berechtigten Wißbegierde vor¬
züglich dadurch Befriedigung gewähren, daß sie zur Kenntnißnahme vorliegen,
ohne auf tiefer eingehende Fragen yach dem Bildungsgange des Künstlers den
gewünschten Aufschluß zu geben.

Abgesehen von der Musik zu König Stephan und den bisher nicht ver¬
öffentlichten Eadenzen, die Beethoven selbst zu seinen Klavierconcerten
aufgesetzt hat und die als Beilage zu diesen jetzt erscheinen, werden die ge-


eine „zweistimmige Fuge, verfertigt von Ludwig van Beethoven im Alter von elf
Jahren;" Sonate für Mandoline, Duett für zwei Flöten; Duett für Bratsche
und Violoncell mit der scherzhaften Ueberschrift: „Duett mit zwei obligaten'
Augengläsern"; Sonate für Klavier und Flöte; Romanze für Klavier, Flöte
und Fagott mit Ovchcstcrbegleitung; Variationen für zwei Oboen und englisches
Horn über 1^ el äaiem Kr niMv, und wohl noch Einzelnes mehr. Dann sind
noch Skizzen, Entwürfe, unvollendete Bruchstücke aus früher Zeit in ziemlicher
Anzahl, die zum Theil interessanter und lehrreicher als die fertig gewordenen
Jugendarbeiten, aber natürlich zur Herausgabe in einer Gesammtausgabe keines¬
wegs geeignet sind.

Was von jenen zwar vollendeten aber ungedruckt gebliebenen Jugendarbeiten
in eine Ausgabe sämmtlicher Werke aufzunehmen sei, darüber werden die An¬
sichten getheilt sein. Es wird nicht an solchen fehlen, welche alles auszuschließen
wünschen, was nicht dem fertigen Meister angehört, was seinen Ruhm wenig¬
stens bei Unkundigen schmälern, das Bild von ihm, welches allen gegenwärtig
ist, trüben könnte. Dagegen werden andere auf möglichster Vollständigkeit alles
dessen bestehen, was von Beethoven geschrieben und erhalten ist, und das
historische Interesse an den Arbeiten, welche seine Entwickelung und Ausbildung
wenigstens einigermaßen zu charakterisiren geeignet sind, auch neben der ästhe¬
tischen Befriedigung durch reiche und vollkommene Schöpfungen befriedigt wissen
wollen. Vermuthlich wird bei der praktischen Ausführung ein Compromiß nicht
zu vermeiden sein, schon deshalb, weil es fraglich bleibt, ob alle Jugendwerke,
von deren Existenz man weiß, auch zur Veröffentlichung zu erlangen sein werden.
In jedem Falle ist es ein für das Unternehmen günstiger Umstand, daß, wenn
es möglich und thunlich wird, sämmtliche bisher ungedruckte Werke der Samm¬
lung einzuverleiben, der Umfang derselben im Verhältniß zu dem, was gedruckt
vorliegt, nicht so erheblich ist, daß die Ausführung des Ganzen dadurch empfind¬
lich gedrückt werden würde; auf der anderen Seite aber, wenn es nöthig wird,
sich auf eine mäßige Auswahl ungedruckter Stücke zu beschränken, die kunst¬
historische Bedeutung der Ausgabe als Gesammtausgabe nicht in Frage gestellt
oder beeinträchtigt werde. Denn abgesehen von den wenigen, oben bezeichneten
Werken, welche in einer Gesammtausgabe schon aus Achtung für den Namen
des großen Meisters nicht fehlen dürfen, weil sie aus der Zeit seines vollkräfti-
gen Wirkens stammen, werden die übrigen der berechtigten Wißbegierde vor¬
züglich dadurch Befriedigung gewähren, daß sie zur Kenntnißnahme vorliegen,
ohne auf tiefer eingehende Fragen yach dem Bildungsgange des Künstlers den
gewünschten Aufschluß zu geben.

Abgesehen von der Musik zu König Stephan und den bisher nicht ver¬
öffentlichten Eadenzen, die Beethoven selbst zu seinen Klavierconcerten
aufgesetzt hat und die als Beilage zu diesen jetzt erscheinen, werden die ge-


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[0318] eine „zweistimmige Fuge, verfertigt von Ludwig van Beethoven im Alter von elf Jahren;" Sonate für Mandoline, Duett für zwei Flöten; Duett für Bratsche und Violoncell mit der scherzhaften Ueberschrift: „Duett mit zwei obligaten' Augengläsern"; Sonate für Klavier und Flöte; Romanze für Klavier, Flöte und Fagott mit Ovchcstcrbegleitung; Variationen für zwei Oboen und englisches Horn über 1^ el äaiem Kr niMv, und wohl noch Einzelnes mehr. Dann sind noch Skizzen, Entwürfe, unvollendete Bruchstücke aus früher Zeit in ziemlicher Anzahl, die zum Theil interessanter und lehrreicher als die fertig gewordenen Jugendarbeiten, aber natürlich zur Herausgabe in einer Gesammtausgabe keines¬ wegs geeignet sind. Was von jenen zwar vollendeten aber ungedruckt gebliebenen Jugendarbeiten in eine Ausgabe sämmtlicher Werke aufzunehmen sei, darüber werden die An¬ sichten getheilt sein. Es wird nicht an solchen fehlen, welche alles auszuschließen wünschen, was nicht dem fertigen Meister angehört, was seinen Ruhm wenig¬ stens bei Unkundigen schmälern, das Bild von ihm, welches allen gegenwärtig ist, trüben könnte. Dagegen werden andere auf möglichster Vollständigkeit alles dessen bestehen, was von Beethoven geschrieben und erhalten ist, und das historische Interesse an den Arbeiten, welche seine Entwickelung und Ausbildung wenigstens einigermaßen zu charakterisiren geeignet sind, auch neben der ästhe¬ tischen Befriedigung durch reiche und vollkommene Schöpfungen befriedigt wissen wollen. Vermuthlich wird bei der praktischen Ausführung ein Compromiß nicht zu vermeiden sein, schon deshalb, weil es fraglich bleibt, ob alle Jugendwerke, von deren Existenz man weiß, auch zur Veröffentlichung zu erlangen sein werden. In jedem Falle ist es ein für das Unternehmen günstiger Umstand, daß, wenn es möglich und thunlich wird, sämmtliche bisher ungedruckte Werke der Samm¬ lung einzuverleiben, der Umfang derselben im Verhältniß zu dem, was gedruckt vorliegt, nicht so erheblich ist, daß die Ausführung des Ganzen dadurch empfind¬ lich gedrückt werden würde; auf der anderen Seite aber, wenn es nöthig wird, sich auf eine mäßige Auswahl ungedruckter Stücke zu beschränken, die kunst¬ historische Bedeutung der Ausgabe als Gesammtausgabe nicht in Frage gestellt oder beeinträchtigt werde. Denn abgesehen von den wenigen, oben bezeichneten Werken, welche in einer Gesammtausgabe schon aus Achtung für den Namen des großen Meisters nicht fehlen dürfen, weil sie aus der Zeit seines vollkräfti- gen Wirkens stammen, werden die übrigen der berechtigten Wißbegierde vor¬ züglich dadurch Befriedigung gewähren, daß sie zur Kenntnißnahme vorliegen, ohne auf tiefer eingehende Fragen yach dem Bildungsgange des Künstlers den gewünschten Aufschluß zu geben. Abgesehen von der Musik zu König Stephan und den bisher nicht ver¬ öffentlichten Eadenzen, die Beethoven selbst zu seinen Klavierconcerten aufgesetzt hat und die als Beilage zu diesen jetzt erscheinen, werden die ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/318>, abgerufen am 24.07.2024.