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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Die Verhältnisse wurden in der That immer günstiger. Ein neuer Helfer
wuchs den Dänen heran an Oestreich. Aus tiefster Zerrüttung erhob sich dasselbe
eben damals zu stolzesten Machtäußerungen. Dies Oestreich, selber aus so
mannichfachen Nationalitäten zusammengesetzt, hatte bisher keine Veranlassung
gefunden, der nationalen Erhebung der Herzogthümer sonderliche Sympathien
zu beweisen. Für sich keinerlei Vortheil in einer Betheiligung an jenen nord¬
deutschen Dingen findend, hatte es in der Betreibung derselben jedenfalls ein
vorwiegend preußisches Interesse erblickt, welches zu fördern nicht in Oestreichs
Aufgabe liegen könne. Selbst in den Tagen des allgemeinen Sturms hatte sich
das bewährt; im Frühling 1848 war sowohl in Frankfurt, als in Wien die Ab¬
neigung Oestreichs, sich auf die deutsche Feindseligkeit gegen Dänemark einzulassen,
zu beobachten gewesen, und nie hatte in dem ausgebrochenen Kriege Oestreich
einen Grund gesunden, seinen Gesandten aus Kopenhagen abzuberufen. Eben¬
sowenig fand es denn auch, als im Jahre 18S0 für seine Politik der Streit
mit Preußen um die Gestaltung der deutschen Verhältnisse ganz in den Vorder¬
grund trat, in dem national-deutschen Charakter der von Preußen vertretenen
Sache ein Hinderniß, dem Gegner Preußens die Hand zu reichen. Wichtiger
als die Freundschaft dieses Gegners selbst war dabei die Gunst, deren sich die
Sache desselben nun einmal unter den europäischen Mächten zu erfreuen hatte;
indem Preußens Stellung in der Schleswig-holsteinischen Sacke für diese Mächte
fort und fort ein Gegenstand des Verdrusses war, leistete eine Gefälligkeit
gegen Dänemark dem ehrgeizigen Leiter der östreichischen Politik, dem Fürsten
v. Schwarzenberg, die bequemsten Dienste, Oestreichs europäische Position gegen
Preußen zu verbessern. Am deutlichsten trat dies zu Tage, als, durch die be¬
rufene Note vom 26. April 18S0, die östreichische Regierung im stärksten Gegensatze
zu den preußischen Unionsplanen und unter dem lebhaftesten Proteste der preußi¬
schen Regierung, zur Wiederherstellung des Bundestages vcrschritt. Der dänische
König half sofort diesen Bundestag stärken, indem er ihn anerkannte und, für
Holstein, mit seinem Gesandten beschickte; dafür war denn Oestreich freundlich
genug zu vergessen, daß seit dem März 1848 an dem alten Bundestag, daß
ferner unter den Bevollmächtigten, die den Reichsverweser umgaben, kein Abge¬
ordneter des dänischen Königs, sondern Abgeordnete der obersten Behörden, die
nacheinander an der Spitze der kämpfenden Herzogthümer gestanden. das Bundes¬
land Holstein vertreten hatten, wie denn auch noch nach dem Abtreten des
Reichsverwesers, beider sogenannten Centralcommission, auf Preußens Betrieb
kein Gesandter des dänischen Königs zugelassen worden war. Die Bedeutung
der jetzigen Zulassung ergiebt sich hieraus von selbst; die Bundesversammlung
von 18S0 leitete damit die Verurtheilung einer Erhebung ein, welche von der
Bundesversammlung des Jahres 1848 gutgeheißen, .aufrechterhalten, und fast
von allen Regierungen Deutschlands unterstützt worden war! Dänemark aber


Die Verhältnisse wurden in der That immer günstiger. Ein neuer Helfer
wuchs den Dänen heran an Oestreich. Aus tiefster Zerrüttung erhob sich dasselbe
eben damals zu stolzesten Machtäußerungen. Dies Oestreich, selber aus so
mannichfachen Nationalitäten zusammengesetzt, hatte bisher keine Veranlassung
gefunden, der nationalen Erhebung der Herzogthümer sonderliche Sympathien
zu beweisen. Für sich keinerlei Vortheil in einer Betheiligung an jenen nord¬
deutschen Dingen findend, hatte es in der Betreibung derselben jedenfalls ein
vorwiegend preußisches Interesse erblickt, welches zu fördern nicht in Oestreichs
Aufgabe liegen könne. Selbst in den Tagen des allgemeinen Sturms hatte sich
das bewährt; im Frühling 1848 war sowohl in Frankfurt, als in Wien die Ab¬
neigung Oestreichs, sich auf die deutsche Feindseligkeit gegen Dänemark einzulassen,
zu beobachten gewesen, und nie hatte in dem ausgebrochenen Kriege Oestreich
einen Grund gesunden, seinen Gesandten aus Kopenhagen abzuberufen. Eben¬
sowenig fand es denn auch, als im Jahre 18S0 für seine Politik der Streit
mit Preußen um die Gestaltung der deutschen Verhältnisse ganz in den Vorder¬
grund trat, in dem national-deutschen Charakter der von Preußen vertretenen
Sache ein Hinderniß, dem Gegner Preußens die Hand zu reichen. Wichtiger
als die Freundschaft dieses Gegners selbst war dabei die Gunst, deren sich die
Sache desselben nun einmal unter den europäischen Mächten zu erfreuen hatte;
indem Preußens Stellung in der Schleswig-holsteinischen Sacke für diese Mächte
fort und fort ein Gegenstand des Verdrusses war, leistete eine Gefälligkeit
gegen Dänemark dem ehrgeizigen Leiter der östreichischen Politik, dem Fürsten
v. Schwarzenberg, die bequemsten Dienste, Oestreichs europäische Position gegen
Preußen zu verbessern. Am deutlichsten trat dies zu Tage, als, durch die be¬
rufene Note vom 26. April 18S0, die östreichische Regierung im stärksten Gegensatze
zu den preußischen Unionsplanen und unter dem lebhaftesten Proteste der preußi¬
schen Regierung, zur Wiederherstellung des Bundestages vcrschritt. Der dänische
König half sofort diesen Bundestag stärken, indem er ihn anerkannte und, für
Holstein, mit seinem Gesandten beschickte; dafür war denn Oestreich freundlich
genug zu vergessen, daß seit dem März 1848 an dem alten Bundestag, daß
ferner unter den Bevollmächtigten, die den Reichsverweser umgaben, kein Abge¬
ordneter des dänischen Königs, sondern Abgeordnete der obersten Behörden, die
nacheinander an der Spitze der kämpfenden Herzogthümer gestanden. das Bundes¬
land Holstein vertreten hatten, wie denn auch noch nach dem Abtreten des
Reichsverwesers, beider sogenannten Centralcommission, auf Preußens Betrieb
kein Gesandter des dänischen Königs zugelassen worden war. Die Bedeutung
der jetzigen Zulassung ergiebt sich hieraus von selbst; die Bundesversammlung
von 18S0 leitete damit die Verurtheilung einer Erhebung ein, welche von der
Bundesversammlung des Jahres 1848 gutgeheißen, .aufrechterhalten, und fast
von allen Regierungen Deutschlands unterstützt worden war! Dänemark aber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/276>, abgerufen am 24.07.2024.