Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sich Herr Consul Gerhardt ins Mittel und erklärte, nur dem eigentlichen Führer
solle gefolgt werden und dos albanesische Gesindel müsse sich hinter den Zug
begeben. -- Nun mußten wir lange über Durhafclder reiten, deren hohes Gras
wir von den Satteln mit den Händen auseinander biegen konnten; endlich er¬
reichten wir das Dörfchen Saka. Dort hatten auch unsere Kameele aus uns
gewartet. Der Ritt durch die Wüste war überstanden und es ging nun steil
über felsiges Terrain bergauf. Das schöne Gebirg von Tigre und Habab lag
vom Monde herrlich erleuchtet vor uns.

Die Maulthiere gingen sicher und gut, die Vegetation wurde reichlicher,
die Mimosen standen hier schon als kleine Bäumchen und die Euphorbien brei¬
teten sich als dichtes Gesträuch, welches am Tage den Hyänen als Schlupf¬
winkel dient. Es war um zwei Uhr der Nacht, als wir das erste Wasser er¬
reichten, eine dunkle Pfütze, worein, wie schlecht es auch war, die Menschen
ihre Trinkbecher tauchten, um die trockene Kehle anzufeuchten, während die Thiere
sich gierig voll tranken. Das schöne Thal, in dem wir von da weiter ritten,
hatte einen parkähnlichen Charakter; die Legetation wurde trotz des trocknen
Bodens ziemlich kräftig; ein herrlicher Kranz von Bergen umschloß uns. Gegen
vier Uhr früh hatten wir einen Felscnkcsscl erreicht, und waren Alle so todtmüde,
daß wir unsere Plaids ausbreiteten, uns auf den weichen Sand legten und
sofort fest einschliefen. Die Thiere waren abgesattelt und wälzten sich neben
uns im Sande, oder suchten nach etwas Gras.

Gegen sechs Uhr weckten uns die heißen Strahlen der Sonne und wir mu߬
ten eine lange Strecke durch den tiefen brennenden Sand reiten oder gehen,
ehe wir an den zweiten Wasserplatz gelangten, wohin auch die Kameele bestellt
waren und der sich in der grottenartigen Felsschlucht von Gabse befindet. Bei
unserer Annäherung an die Felsschlucht gewährten wir eine Schaar von größe¬
ren und kleineren Affen, wohl dreißig an der Zahl, die auf dem Felsen umher-
klettcrten, jedoch sofort bei unserm Anblick die Flucht ergriffen. -- Nach kurzer
Rast bogen wir nun in eine enge Gebirgsschlucht ein und stiegen über Steine
und Geröll durch bormges Gestrüpp steU bergan. Wir fanden viele schöne
Waldblumen in den frischesten Farben, zarte Farrenkrciuter und eine Menge
herrlich duftendes Basilikum, das meilenweit wie Unkraut die Gegend über¬
wuchert. Gar herrlich war ein azaleenähnlicher Baum, dessen schneeweiße
Blumen mit langen gelben Staubfäden einen köstlichen Dust verbreiten. Leider
wußte ihn niemand zu benennen. --

Endlich gegen halb acht Uhr hatten wir die Höhe des Berges erreicht; eine
wundervolle Alpenlandschaft lag in der hellen Morgensonne vor uns ausgebrei¬
tet. Zu unsern Füßen dehnte sich ein anderthalb Stunden breites Wiesenthal und
dahinter erhoben sich in mehrfachen Schichten die freundlichen Hügel von Allee
und die Berge und Hochgebirge von Mensa, Habab und Hamasen. Lange


sich Herr Consul Gerhardt ins Mittel und erklärte, nur dem eigentlichen Führer
solle gefolgt werden und dos albanesische Gesindel müsse sich hinter den Zug
begeben. — Nun mußten wir lange über Durhafclder reiten, deren hohes Gras
wir von den Satteln mit den Händen auseinander biegen konnten; endlich er¬
reichten wir das Dörfchen Saka. Dort hatten auch unsere Kameele aus uns
gewartet. Der Ritt durch die Wüste war überstanden und es ging nun steil
über felsiges Terrain bergauf. Das schöne Gebirg von Tigre und Habab lag
vom Monde herrlich erleuchtet vor uns.

Die Maulthiere gingen sicher und gut, die Vegetation wurde reichlicher,
die Mimosen standen hier schon als kleine Bäumchen und die Euphorbien brei¬
teten sich als dichtes Gesträuch, welches am Tage den Hyänen als Schlupf¬
winkel dient. Es war um zwei Uhr der Nacht, als wir das erste Wasser er¬
reichten, eine dunkle Pfütze, worein, wie schlecht es auch war, die Menschen
ihre Trinkbecher tauchten, um die trockene Kehle anzufeuchten, während die Thiere
sich gierig voll tranken. Das schöne Thal, in dem wir von da weiter ritten,
hatte einen parkähnlichen Charakter; die Legetation wurde trotz des trocknen
Bodens ziemlich kräftig; ein herrlicher Kranz von Bergen umschloß uns. Gegen
vier Uhr früh hatten wir einen Felscnkcsscl erreicht, und waren Alle so todtmüde,
daß wir unsere Plaids ausbreiteten, uns auf den weichen Sand legten und
sofort fest einschliefen. Die Thiere waren abgesattelt und wälzten sich neben
uns im Sande, oder suchten nach etwas Gras.

Gegen sechs Uhr weckten uns die heißen Strahlen der Sonne und wir mu߬
ten eine lange Strecke durch den tiefen brennenden Sand reiten oder gehen,
ehe wir an den zweiten Wasserplatz gelangten, wohin auch die Kameele bestellt
waren und der sich in der grottenartigen Felsschlucht von Gabse befindet. Bei
unserer Annäherung an die Felsschlucht gewährten wir eine Schaar von größe¬
ren und kleineren Affen, wohl dreißig an der Zahl, die auf dem Felsen umher-
klettcrten, jedoch sofort bei unserm Anblick die Flucht ergriffen. — Nach kurzer
Rast bogen wir nun in eine enge Gebirgsschlucht ein und stiegen über Steine
und Geröll durch bormges Gestrüpp steU bergan. Wir fanden viele schöne
Waldblumen in den frischesten Farben, zarte Farrenkrciuter und eine Menge
herrlich duftendes Basilikum, das meilenweit wie Unkraut die Gegend über¬
wuchert. Gar herrlich war ein azaleenähnlicher Baum, dessen schneeweiße
Blumen mit langen gelben Staubfäden einen köstlichen Dust verbreiten. Leider
wußte ihn niemand zu benennen. —

Endlich gegen halb acht Uhr hatten wir die Höhe des Berges erreicht; eine
wundervolle Alpenlandschaft lag in der hellen Morgensonne vor uns ausgebrei¬
tet. Zu unsern Füßen dehnte sich ein anderthalb Stunden breites Wiesenthal und
dahinter erhoben sich in mehrfachen Schichten die freundlichen Hügel von Allee
und die Berge und Hochgebirge von Mensa, Habab und Hamasen. Lange


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0262" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116728"/>
          <p xml:id="ID_782" prev="#ID_781"> sich Herr Consul Gerhardt ins Mittel und erklärte, nur dem eigentlichen Führer<lb/>
solle gefolgt werden und dos albanesische Gesindel müsse sich hinter den Zug<lb/>
begeben. &#x2014; Nun mußten wir lange über Durhafclder reiten, deren hohes Gras<lb/>
wir von den Satteln mit den Händen auseinander biegen konnten; endlich er¬<lb/>
reichten wir das Dörfchen Saka. Dort hatten auch unsere Kameele aus uns<lb/>
gewartet. Der Ritt durch die Wüste war überstanden und es ging nun steil<lb/>
über felsiges Terrain bergauf. Das schöne Gebirg von Tigre und Habab lag<lb/>
vom Monde herrlich erleuchtet vor uns.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_783"> Die Maulthiere gingen sicher und gut, die Vegetation wurde reichlicher,<lb/>
die Mimosen standen hier schon als kleine Bäumchen und die Euphorbien brei¬<lb/>
teten sich als dichtes Gesträuch, welches am Tage den Hyänen als Schlupf¬<lb/>
winkel dient. Es war um zwei Uhr der Nacht, als wir das erste Wasser er¬<lb/>
reichten, eine dunkle Pfütze, worein, wie schlecht es auch war, die Menschen<lb/>
ihre Trinkbecher tauchten, um die trockene Kehle anzufeuchten, während die Thiere<lb/>
sich gierig voll tranken. Das schöne Thal, in dem wir von da weiter ritten,<lb/>
hatte einen parkähnlichen Charakter; die Legetation wurde trotz des trocknen<lb/>
Bodens ziemlich kräftig; ein herrlicher Kranz von Bergen umschloß uns. Gegen<lb/>
vier Uhr früh hatten wir einen Felscnkcsscl erreicht, und waren Alle so todtmüde,<lb/>
daß wir unsere Plaids ausbreiteten, uns auf den weichen Sand legten und<lb/>
sofort fest einschliefen. Die Thiere waren abgesattelt und wälzten sich neben<lb/>
uns im Sande, oder suchten nach etwas Gras.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_784"> Gegen sechs Uhr weckten uns die heißen Strahlen der Sonne und wir mu߬<lb/>
ten eine lange Strecke durch den tiefen brennenden Sand reiten oder gehen,<lb/>
ehe wir an den zweiten Wasserplatz gelangten, wohin auch die Kameele bestellt<lb/>
waren und der sich in der grottenartigen Felsschlucht von Gabse befindet. Bei<lb/>
unserer Annäherung an die Felsschlucht gewährten wir eine Schaar von größe¬<lb/>
ren und kleineren Affen, wohl dreißig an der Zahl, die auf dem Felsen umher-<lb/>
klettcrten, jedoch sofort bei unserm Anblick die Flucht ergriffen. &#x2014; Nach kurzer<lb/>
Rast bogen wir nun in eine enge Gebirgsschlucht ein und stiegen über Steine<lb/>
und Geröll durch bormges Gestrüpp steU bergan. Wir fanden viele schöne<lb/>
Waldblumen in den frischesten Farben, zarte Farrenkrciuter und eine Menge<lb/>
herrlich duftendes Basilikum, das meilenweit wie Unkraut die Gegend über¬<lb/>
wuchert. Gar herrlich war ein azaleenähnlicher Baum, dessen schneeweiße<lb/>
Blumen mit langen gelben Staubfäden einen köstlichen Dust verbreiten. Leider<lb/>
wußte ihn niemand zu benennen. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_785" next="#ID_786"> Endlich gegen halb acht Uhr hatten wir die Höhe des Berges erreicht; eine<lb/>
wundervolle Alpenlandschaft lag in der hellen Morgensonne vor uns ausgebrei¬<lb/>
tet. Zu unsern Füßen dehnte sich ein anderthalb Stunden breites Wiesenthal und<lb/>
dahinter erhoben sich in mehrfachen Schichten die freundlichen Hügel von Allee<lb/>
und die Berge und Hochgebirge von Mensa, Habab und Hamasen. Lange</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0262] sich Herr Consul Gerhardt ins Mittel und erklärte, nur dem eigentlichen Führer solle gefolgt werden und dos albanesische Gesindel müsse sich hinter den Zug begeben. — Nun mußten wir lange über Durhafclder reiten, deren hohes Gras wir von den Satteln mit den Händen auseinander biegen konnten; endlich er¬ reichten wir das Dörfchen Saka. Dort hatten auch unsere Kameele aus uns gewartet. Der Ritt durch die Wüste war überstanden und es ging nun steil über felsiges Terrain bergauf. Das schöne Gebirg von Tigre und Habab lag vom Monde herrlich erleuchtet vor uns. Die Maulthiere gingen sicher und gut, die Vegetation wurde reichlicher, die Mimosen standen hier schon als kleine Bäumchen und die Euphorbien brei¬ teten sich als dichtes Gesträuch, welches am Tage den Hyänen als Schlupf¬ winkel dient. Es war um zwei Uhr der Nacht, als wir das erste Wasser er¬ reichten, eine dunkle Pfütze, worein, wie schlecht es auch war, die Menschen ihre Trinkbecher tauchten, um die trockene Kehle anzufeuchten, während die Thiere sich gierig voll tranken. Das schöne Thal, in dem wir von da weiter ritten, hatte einen parkähnlichen Charakter; die Legetation wurde trotz des trocknen Bodens ziemlich kräftig; ein herrlicher Kranz von Bergen umschloß uns. Gegen vier Uhr früh hatten wir einen Felscnkcsscl erreicht, und waren Alle so todtmüde, daß wir unsere Plaids ausbreiteten, uns auf den weichen Sand legten und sofort fest einschliefen. Die Thiere waren abgesattelt und wälzten sich neben uns im Sande, oder suchten nach etwas Gras. Gegen sechs Uhr weckten uns die heißen Strahlen der Sonne und wir mu߬ ten eine lange Strecke durch den tiefen brennenden Sand reiten oder gehen, ehe wir an den zweiten Wasserplatz gelangten, wohin auch die Kameele bestellt waren und der sich in der grottenartigen Felsschlucht von Gabse befindet. Bei unserer Annäherung an die Felsschlucht gewährten wir eine Schaar von größe¬ ren und kleineren Affen, wohl dreißig an der Zahl, die auf dem Felsen umher- klettcrten, jedoch sofort bei unserm Anblick die Flucht ergriffen. — Nach kurzer Rast bogen wir nun in eine enge Gebirgsschlucht ein und stiegen über Steine und Geröll durch bormges Gestrüpp steU bergan. Wir fanden viele schöne Waldblumen in den frischesten Farben, zarte Farrenkrciuter und eine Menge herrlich duftendes Basilikum, das meilenweit wie Unkraut die Gegend über¬ wuchert. Gar herrlich war ein azaleenähnlicher Baum, dessen schneeweiße Blumen mit langen gelben Staubfäden einen köstlichen Dust verbreiten. Leider wußte ihn niemand zu benennen. — Endlich gegen halb acht Uhr hatten wir die Höhe des Berges erreicht; eine wundervolle Alpenlandschaft lag in der hellen Morgensonne vor uns ausgebrei¬ tet. Zu unsern Füßen dehnte sich ein anderthalb Stunden breites Wiesenthal und dahinter erhoben sich in mehrfachen Schichten die freundlichen Hügel von Allee und die Berge und Hochgebirge von Mensa, Habab und Hamasen. Lange

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/262
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/262>, abgerufen am 24.07.2024.