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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Coburg-Gotha herbeigezogen waren, mit ein. Die ruhige Tapferkeit der Mann¬
schaften, die durch den Major Jungmann und den Unteroffizier Preußer,
den Commandanten der kleineren Batterie, in unübertrefflicher Weise angefeuert
wurden, vereinigte sich hier mit einem wunderbaren Glück, um einen jener
Erfolge geringer Streitkräfte über eine ungeheure Uebermacht herbeizuführen,
wie sie uns selbst in Kämpfen fremdester Zeiten und Völker mit einer so
mächtigen Theilnahme zu erfüllen pflegen. Nach einem Tage angestrengtester
Arbeit und höchster Spannung hatte (d. 5. April) Abends 6 Uhr die Gesion
und der Christian der Achte die Flagge gestrichen, der letztere schon unrettbar
vom Brand ergriffen; Abends 8V- Uhr flog er auf, leider in sein Verderben
den wackeren Preußer mit hineinreißcnd, der die Ausschiffung der kriegs-
gefangenen Bemannung geleitet hatte. Zwei der prachtvollsten Schiffe seiner
Marine, 1154 Mann an Todten und Gefangenen hatte Dänemark eingebüßt;
auf Schleswig-holsteinischer Seite gab es 4 Todte und 10--20 Verwundete, und
mit diesem geringen Verluste war eine Erhebung der Gemüther ohne Gleichen
gewonnen.

Auch der Landkrieg aber bot in seinem Wiederanfang Erfreuliches dar.
Die Reichstruppen drängten die Dänen aus dem Sundewitt, bis sie dieselben
am 13. April durch Erstürmung der düppeler Schanzen ganz von dem Fest¬
lande nach der Insel Athen hinübertrieben. Unterdeß folgte Bonin mit den
Schleswig-Hvlsteinern dem dänischen Corps, welches, von Norden in Schles¬
wig-eingedrungen, sich jetzt vor >hin zurückzog, bis an die jütländische Grenze
und noch über sie hinaus. Am 20. April bemächtigte er sich in glücklichem
Kampfe der Stadt Kolding; ungleich bedeutender war die Schlacht, durchweiche
er sich, am 23. April, in der eingenommenen Stellung behauptete/ 17.000
Dänen führten hier mit großer Hartnäckigkeit den Angriff auf 10,000 Schleswig-
Hvlsteiner aus; die letzteren bestanden den Angriff auf das glänzendste und
der Feind sah sich, seine Absicht aufgebend, zum Rückzüge genöthigt.

Man erkannte hier, was mit den vorhandenen Mitteln ein fester Entschluß
zu vollziehen im Stande sei; bald aber erkannte man auch wieder, wo ein sol¬
cher Entschluß nicht gesucht werden dürfe. Das deutsche Rcichsministerium,
Heinrich v. Gagern an der Spitze, ließ es zwar diesmal für den Befehlshaber
der Reichsarmee nicht an Weisungen zu kräftigem Borgehen fehlen und nahm
auch für die Fnedcnsunterhandlungen die früher zugestandene Grundlage der
Selbständigkeit Schleswigs zurück. War ferner der preußische Antheil an der
aufgestellten Armee diesmal ein bei weitem geringerer als im vorigen Jahre,
so war auch jetzt nicht so, wie damals, Leitung von- Krieg und Verhandlung
in die Hände der preußischen Regierung gegeben. Aber leider gingen ja Cen-
tralgewalt und Nationalversammlung eben in diesen Tagen mit starken Schrit¬
ten ihrem Verfalle entgegen; und das hatte denn doch die Rücksicht auf Preu-


Coburg-Gotha herbeigezogen waren, mit ein. Die ruhige Tapferkeit der Mann¬
schaften, die durch den Major Jungmann und den Unteroffizier Preußer,
den Commandanten der kleineren Batterie, in unübertrefflicher Weise angefeuert
wurden, vereinigte sich hier mit einem wunderbaren Glück, um einen jener
Erfolge geringer Streitkräfte über eine ungeheure Uebermacht herbeizuführen,
wie sie uns selbst in Kämpfen fremdester Zeiten und Völker mit einer so
mächtigen Theilnahme zu erfüllen pflegen. Nach einem Tage angestrengtester
Arbeit und höchster Spannung hatte (d. 5. April) Abends 6 Uhr die Gesion
und der Christian der Achte die Flagge gestrichen, der letztere schon unrettbar
vom Brand ergriffen; Abends 8V- Uhr flog er auf, leider in sein Verderben
den wackeren Preußer mit hineinreißcnd, der die Ausschiffung der kriegs-
gefangenen Bemannung geleitet hatte. Zwei der prachtvollsten Schiffe seiner
Marine, 1154 Mann an Todten und Gefangenen hatte Dänemark eingebüßt;
auf Schleswig-holsteinischer Seite gab es 4 Todte und 10—20 Verwundete, und
mit diesem geringen Verluste war eine Erhebung der Gemüther ohne Gleichen
gewonnen.

Auch der Landkrieg aber bot in seinem Wiederanfang Erfreuliches dar.
Die Reichstruppen drängten die Dänen aus dem Sundewitt, bis sie dieselben
am 13. April durch Erstürmung der düppeler Schanzen ganz von dem Fest¬
lande nach der Insel Athen hinübertrieben. Unterdeß folgte Bonin mit den
Schleswig-Hvlsteinern dem dänischen Corps, welches, von Norden in Schles¬
wig-eingedrungen, sich jetzt vor >hin zurückzog, bis an die jütländische Grenze
und noch über sie hinaus. Am 20. April bemächtigte er sich in glücklichem
Kampfe der Stadt Kolding; ungleich bedeutender war die Schlacht, durchweiche
er sich, am 23. April, in der eingenommenen Stellung behauptete/ 17.000
Dänen führten hier mit großer Hartnäckigkeit den Angriff auf 10,000 Schleswig-
Hvlsteiner aus; die letzteren bestanden den Angriff auf das glänzendste und
der Feind sah sich, seine Absicht aufgebend, zum Rückzüge genöthigt.

Man erkannte hier, was mit den vorhandenen Mitteln ein fester Entschluß
zu vollziehen im Stande sei; bald aber erkannte man auch wieder, wo ein sol¬
cher Entschluß nicht gesucht werden dürfe. Das deutsche Rcichsministerium,
Heinrich v. Gagern an der Spitze, ließ es zwar diesmal für den Befehlshaber
der Reichsarmee nicht an Weisungen zu kräftigem Borgehen fehlen und nahm
auch für die Fnedcnsunterhandlungen die früher zugestandene Grundlage der
Selbständigkeit Schleswigs zurück. War ferner der preußische Antheil an der
aufgestellten Armee diesmal ein bei weitem geringerer als im vorigen Jahre,
so war auch jetzt nicht so, wie damals, Leitung von- Krieg und Verhandlung
in die Hände der preußischen Regierung gegeben. Aber leider gingen ja Cen-
tralgewalt und Nationalversammlung eben in diesen Tagen mit starken Schrit¬
ten ihrem Verfalle entgegen; und das hatte denn doch die Rücksicht auf Preu-


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[0234] Coburg-Gotha herbeigezogen waren, mit ein. Die ruhige Tapferkeit der Mann¬ schaften, die durch den Major Jungmann und den Unteroffizier Preußer, den Commandanten der kleineren Batterie, in unübertrefflicher Weise angefeuert wurden, vereinigte sich hier mit einem wunderbaren Glück, um einen jener Erfolge geringer Streitkräfte über eine ungeheure Uebermacht herbeizuführen, wie sie uns selbst in Kämpfen fremdester Zeiten und Völker mit einer so mächtigen Theilnahme zu erfüllen pflegen. Nach einem Tage angestrengtester Arbeit und höchster Spannung hatte (d. 5. April) Abends 6 Uhr die Gesion und der Christian der Achte die Flagge gestrichen, der letztere schon unrettbar vom Brand ergriffen; Abends 8V- Uhr flog er auf, leider in sein Verderben den wackeren Preußer mit hineinreißcnd, der die Ausschiffung der kriegs- gefangenen Bemannung geleitet hatte. Zwei der prachtvollsten Schiffe seiner Marine, 1154 Mann an Todten und Gefangenen hatte Dänemark eingebüßt; auf Schleswig-holsteinischer Seite gab es 4 Todte und 10—20 Verwundete, und mit diesem geringen Verluste war eine Erhebung der Gemüther ohne Gleichen gewonnen. Auch der Landkrieg aber bot in seinem Wiederanfang Erfreuliches dar. Die Reichstruppen drängten die Dänen aus dem Sundewitt, bis sie dieselben am 13. April durch Erstürmung der düppeler Schanzen ganz von dem Fest¬ lande nach der Insel Athen hinübertrieben. Unterdeß folgte Bonin mit den Schleswig-Hvlsteinern dem dänischen Corps, welches, von Norden in Schles¬ wig-eingedrungen, sich jetzt vor >hin zurückzog, bis an die jütländische Grenze und noch über sie hinaus. Am 20. April bemächtigte er sich in glücklichem Kampfe der Stadt Kolding; ungleich bedeutender war die Schlacht, durchweiche er sich, am 23. April, in der eingenommenen Stellung behauptete/ 17.000 Dänen führten hier mit großer Hartnäckigkeit den Angriff auf 10,000 Schleswig- Hvlsteiner aus; die letzteren bestanden den Angriff auf das glänzendste und der Feind sah sich, seine Absicht aufgebend, zum Rückzüge genöthigt. Man erkannte hier, was mit den vorhandenen Mitteln ein fester Entschluß zu vollziehen im Stande sei; bald aber erkannte man auch wieder, wo ein sol¬ cher Entschluß nicht gesucht werden dürfe. Das deutsche Rcichsministerium, Heinrich v. Gagern an der Spitze, ließ es zwar diesmal für den Befehlshaber der Reichsarmee nicht an Weisungen zu kräftigem Borgehen fehlen und nahm auch für die Fnedcnsunterhandlungen die früher zugestandene Grundlage der Selbständigkeit Schleswigs zurück. War ferner der preußische Antheil an der aufgestellten Armee diesmal ein bei weitem geringerer als im vorigen Jahre, so war auch jetzt nicht so, wie damals, Leitung von- Krieg und Verhandlung in die Hände der preußischen Regierung gegeben. Aber leider gingen ja Cen- tralgewalt und Nationalversammlung eben in diesen Tagen mit starken Schrit¬ ten ihrem Verfalle entgegen; und das hatte denn doch die Rücksicht auf Preu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/234>, abgerufen am 24.07.2024.