Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.bei der allgemeinen Aufregung jener Zeit, ohne Anerkennung des neuerlich Schon aus dem Erzählten erhellt nun zur Genüge Eines. Etwas von bei der allgemeinen Aufregung jener Zeit, ohne Anerkennung des neuerlich Schon aus dem Erzählten erhellt nun zur Genüge Eines. Etwas von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116694"/> <p xml:id="ID_644" prev="#ID_643"> bei der allgemeinen Aufregung jener Zeit, ohne Anerkennung des neuerlich<lb/> Entstandenen gar nicht daran denken, irgend eine wirkliche Kraft im Lande zu<lb/> gewinnen. Aber freilich, das Staatsgrundgcsetz war erst nach dem preußisch¬<lb/> dänischen Abschluß des Stillstandes errichtet, während doch in der Zeit des Still¬<lb/> standes, einem Artikel des Vertrags zufolge, die gesetzgebende Gewalt in den<lb/> Herzogtümern ruhen sollte. Die fünf Männer mußten sich zu einer bedingungs¬<lb/> losen Annahme entschließen; über ihren Willen und ihre Absichten ließen sie<lb/> dennoch keinen Zweifel. Sobald sie dann am 22. October, durch die Landes-<lb/> . Versammlung als „gemeinschaftliche Regierung" anerkannt, an die Stelle der<lb/> provisorischen Negierung getreten waren, erklärten sie fast alle Gesetze und Ver¬<lb/> ordnungen dieser letztem und, unter gewissen Beschränkungen, auch das Staats-<lb/> grundgcsctz für giltig. Sie geriethen darüber nicht blos mit der dänischen Re¬<lb/> gierung in einen Zwist, der endlich dahin führte, daß die letztere die „gemein¬<lb/> schaftliche Regierung" nicht mehr als zu Recht bestehend anerkannte, sondern<lb/> eine Zeit lang ließ sich selbst der Commissär der Centralgewalt in dieser Frage<lb/> für den Standpunkt der Dänen einnehmen. Einer viel offenbareren, und zu¬<lb/> gleich viel weniger durch zwingende Umstände begründeten Verletzung des<lb/> Waffenstillstandes machten sich indeß gleichzeitig die Dänen schuldig. Alsen und<lb/> die nahe dabei gelegene Insel Arröe mit einer gewissen Zahl ihrer Truppen<lb/> während des Stillstandes besetzt zu lassen, war ihnen durch eine besondere Be¬<lb/> stimmung des Vertrages gestattet; von ihnen aber wurden die beiden Inseln<lb/> auch der Civilgcwalt der gemeinschaftlichen Regierung, welcher sie als Bestand¬<lb/> theile von Schleswig nach den allgemeinen Anordnungen des Waffenstillstands<lb/> unterzuordnen waren, vorenthalten. Nach einiger Zeit verstärkten sie auch die<lb/> Besatzung auf Alsen über das im Vertrage festgesetzte Maß; ja. von Jüt-<lb/> land her wurde im nördlichen Schleswig gewühlt, um unter den dortigen dä¬<lb/> nisch redenden Bauern einen Aufstand gegen die „gemeinschaftliche Negierung"<lb/> zu Wege zu bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_645" next="#ID_646"> Schon aus dem Erzählten erhellt nun zur Genüge Eines. Etwas von<lb/> dem Geist, der in dem angeseheneren Theile der Schleswig-holsteinischen Be¬<lb/> völkerung der allgemein verbreitete war, lebte auch M den Mitgliedern der<lb/> gemeinschaftlichen Regierung. Diese Negierung trug, ihrer Zusammensetzung<lb/> und ihrer Gesinnung nach,' ein hochconservatives Gepräge, und was etwa von<lb/> demokratischen Regungen sich allzulaut machte, wurde von ihr mit Entschieden¬<lb/> heit zum Schweigen gebracht; zu einem Werkzeuge dänischer Anmaßungen indeß<lb/> sich herzugeben, war am wenigsten der Präsident, der streng aristokratische Graf<lb/> Reventlow-Jersbeck, gesonnen. Freilich aber, mit voller Energie den schleswig-<lb/> holsteunschen Gesichtspunkt herauszukehren, konnte denn doch eine Behörde,<lb/> welche nicht ganz ohne Mitwirkung der dänischen Regierung zu Stande ge¬<lb/> kommen, schwerlich geeignet sein. Trotz der Verletzungen des Waffenstillstandes</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0228]
bei der allgemeinen Aufregung jener Zeit, ohne Anerkennung des neuerlich
Entstandenen gar nicht daran denken, irgend eine wirkliche Kraft im Lande zu
gewinnen. Aber freilich, das Staatsgrundgcsetz war erst nach dem preußisch¬
dänischen Abschluß des Stillstandes errichtet, während doch in der Zeit des Still¬
standes, einem Artikel des Vertrags zufolge, die gesetzgebende Gewalt in den
Herzogtümern ruhen sollte. Die fünf Männer mußten sich zu einer bedingungs¬
losen Annahme entschließen; über ihren Willen und ihre Absichten ließen sie
dennoch keinen Zweifel. Sobald sie dann am 22. October, durch die Landes-
. Versammlung als „gemeinschaftliche Regierung" anerkannt, an die Stelle der
provisorischen Negierung getreten waren, erklärten sie fast alle Gesetze und Ver¬
ordnungen dieser letztem und, unter gewissen Beschränkungen, auch das Staats-
grundgcsctz für giltig. Sie geriethen darüber nicht blos mit der dänischen Re¬
gierung in einen Zwist, der endlich dahin führte, daß die letztere die „gemein¬
schaftliche Regierung" nicht mehr als zu Recht bestehend anerkannte, sondern
eine Zeit lang ließ sich selbst der Commissär der Centralgewalt in dieser Frage
für den Standpunkt der Dänen einnehmen. Einer viel offenbareren, und zu¬
gleich viel weniger durch zwingende Umstände begründeten Verletzung des
Waffenstillstandes machten sich indeß gleichzeitig die Dänen schuldig. Alsen und
die nahe dabei gelegene Insel Arröe mit einer gewissen Zahl ihrer Truppen
während des Stillstandes besetzt zu lassen, war ihnen durch eine besondere Be¬
stimmung des Vertrages gestattet; von ihnen aber wurden die beiden Inseln
auch der Civilgcwalt der gemeinschaftlichen Regierung, welcher sie als Bestand¬
theile von Schleswig nach den allgemeinen Anordnungen des Waffenstillstands
unterzuordnen waren, vorenthalten. Nach einiger Zeit verstärkten sie auch die
Besatzung auf Alsen über das im Vertrage festgesetzte Maß; ja. von Jüt-
land her wurde im nördlichen Schleswig gewühlt, um unter den dortigen dä¬
nisch redenden Bauern einen Aufstand gegen die „gemeinschaftliche Negierung"
zu Wege zu bringen.
Schon aus dem Erzählten erhellt nun zur Genüge Eines. Etwas von
dem Geist, der in dem angeseheneren Theile der Schleswig-holsteinischen Be¬
völkerung der allgemein verbreitete war, lebte auch M den Mitgliedern der
gemeinschaftlichen Regierung. Diese Negierung trug, ihrer Zusammensetzung
und ihrer Gesinnung nach,' ein hochconservatives Gepräge, und was etwa von
demokratischen Regungen sich allzulaut machte, wurde von ihr mit Entschieden¬
heit zum Schweigen gebracht; zu einem Werkzeuge dänischer Anmaßungen indeß
sich herzugeben, war am wenigsten der Präsident, der streng aristokratische Graf
Reventlow-Jersbeck, gesonnen. Freilich aber, mit voller Energie den schleswig-
holsteunschen Gesichtspunkt herauszukehren, konnte denn doch eine Behörde,
welche nicht ganz ohne Mitwirkung der dänischen Regierung zu Stande ge¬
kommen, schwerlich geeignet sein. Trotz der Verletzungen des Waffenstillstandes
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