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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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ungleich größere Anzahl pessimistischer hat der Erfolg widerlegt. Man muß, wie
gesagt, Zeuge hiervon gewesen sein, um die ganze Unkritik des Korrespondenten zu
ermessen, wenn er aus der bereits seit jenem Abende fest geschlossenen Majorität des
Consistoriums vier der ihm vielleicht zufällig bekannteren Namen herausgreift und
ihnen ein kurzes Lob spendet, das sie für sich allein in Anspruch zu nehmen weit
entfernt sein werden -- um dann vier andre ihnen gegenüberzustellen und in aller
Breite als solche auszumalen, die sich "ängstlich, schlimmer, äußerst servil" betragen
oder die sogar hätten schwören "wollen". Da die Verhandlungen im Schooße des
Consistoriums selbstverständlich geheim bleiben, so haben auch nur ganz allgemeine
Vorstellungen von der Parteistellung Einzelner in der Eidcsfrage in das Publicum
dringen können. Und wer ja hat schwören wollen, wird es wohl auch seinen
Kollegen nicht anvertraut haben! Es ist daher ganz willkürlich, Censuren zu er¬
theilen, wie der Correspondent gethan hat, und frivol, diese Censuren für die Be¬
urtheilung des'Verhaltens Einzelner nach der Ankunft der Bundestruppen auszubeuten.

Da der Korrespondent in Bezug auf die Aengstlichkeit des damaligen Rectors
so gut Bescheid weiß, so kann ihm die ebenso notorische Gutmüthigkeit des von
früher her um das Land wohlverdienten Mannes schwerlich unbekannt geblieben sein,
deren billige Erwägung ihn Hütte abhalten sollen, den angedeuteten Verhandlungen
mit einigen außerordentlichen Professoren über die Eidesleistung ein gehässiges Motiv
unterzuschieben. Ferner, woher weiß denn der Correspondent, daß der Toast, in
welchem ein Schleswiger ander rechten Stelle an Jdstedt erinnerte, nicht vom Herzen
kam? Und was geht ihn, noch mehr aber, was geht es die Leser der grünen
Blüttcr an, ob ein geborner Preuße an einem Tage, wo alles flaggte, eine große
oder eine kleine deutsche Fahne heraussteckte? ob er persönlich zur Neujahrscvur er¬
schien oder seine Karte schickte? --




Wir bemerken hierzu, daß wir Ursache hatten, den Verfasser des Artikels in
Ur. 3 für wohl unterrichtet zu halten, und daß nun, wo dies theilweise wider¬
legt ist, ein Anderer, dem volles Vertrauen gebührt, nach den Herzogthümern als
Berichterstatter abgehen wird.

Was die Berichtigung in Betreff der Bundcscommissare betrifft, so halten wir
es nicht für leichtsinnig, zu sagen, sie seien "bei Scheel-Plessen in Altona" ein-
quartirt; denn das hieß durchaus nicht nothwendig, sie wären in Scheel-Plesscns
Hause abgestiegen.

Daß man an Kein Ausdruck "Classe" Anstoß nimmt, sich gar darüber ent¬
rüstet, ist uns absolut unbegreiflich. Kaufleute bilden eine Classe, Handwerker bilden
eine Classe, Beamte bilden eine Classe. Wir sind überzeugt, daß der Herr Ver¬
fasser obiger Zuschrift irren würde, wenn er annähme, daß Professoren eine vor¬
nehmere Bezeichnung wünschen.

Viel begreiflicher dürfte unbefangenen Lesern des Artikels gewesen sein, daß
der Korrespondent nur vier von den älteren Herren namhaft machte und sich hin¬
sichtlich der übrigen mit den Worten "die große Mehrzahl" begnügte. Oder sollte
er etwa das ganze Verzeichniß der ordentlichen Professoren mit Ausnahme der vier
zweifelhaft Gewesenen abschreiben?


ungleich größere Anzahl pessimistischer hat der Erfolg widerlegt. Man muß, wie
gesagt, Zeuge hiervon gewesen sein, um die ganze Unkritik des Korrespondenten zu
ermessen, wenn er aus der bereits seit jenem Abende fest geschlossenen Majorität des
Consistoriums vier der ihm vielleicht zufällig bekannteren Namen herausgreift und
ihnen ein kurzes Lob spendet, das sie für sich allein in Anspruch zu nehmen weit
entfernt sein werden — um dann vier andre ihnen gegenüberzustellen und in aller
Breite als solche auszumalen, die sich „ängstlich, schlimmer, äußerst servil" betragen
oder die sogar hätten schwören „wollen". Da die Verhandlungen im Schooße des
Consistoriums selbstverständlich geheim bleiben, so haben auch nur ganz allgemeine
Vorstellungen von der Parteistellung Einzelner in der Eidcsfrage in das Publicum
dringen können. Und wer ja hat schwören wollen, wird es wohl auch seinen
Kollegen nicht anvertraut haben! Es ist daher ganz willkürlich, Censuren zu er¬
theilen, wie der Correspondent gethan hat, und frivol, diese Censuren für die Be¬
urtheilung des'Verhaltens Einzelner nach der Ankunft der Bundestruppen auszubeuten.

Da der Korrespondent in Bezug auf die Aengstlichkeit des damaligen Rectors
so gut Bescheid weiß, so kann ihm die ebenso notorische Gutmüthigkeit des von
früher her um das Land wohlverdienten Mannes schwerlich unbekannt geblieben sein,
deren billige Erwägung ihn Hütte abhalten sollen, den angedeuteten Verhandlungen
mit einigen außerordentlichen Professoren über die Eidesleistung ein gehässiges Motiv
unterzuschieben. Ferner, woher weiß denn der Correspondent, daß der Toast, in
welchem ein Schleswiger ander rechten Stelle an Jdstedt erinnerte, nicht vom Herzen
kam? Und was geht ihn, noch mehr aber, was geht es die Leser der grünen
Blüttcr an, ob ein geborner Preuße an einem Tage, wo alles flaggte, eine große
oder eine kleine deutsche Fahne heraussteckte? ob er persönlich zur Neujahrscvur er¬
schien oder seine Karte schickte? —




Wir bemerken hierzu, daß wir Ursache hatten, den Verfasser des Artikels in
Ur. 3 für wohl unterrichtet zu halten, und daß nun, wo dies theilweise wider¬
legt ist, ein Anderer, dem volles Vertrauen gebührt, nach den Herzogthümern als
Berichterstatter abgehen wird.

Was die Berichtigung in Betreff der Bundcscommissare betrifft, so halten wir
es nicht für leichtsinnig, zu sagen, sie seien „bei Scheel-Plessen in Altona" ein-
quartirt; denn das hieß durchaus nicht nothwendig, sie wären in Scheel-Plesscns
Hause abgestiegen.

Daß man an Kein Ausdruck „Classe" Anstoß nimmt, sich gar darüber ent¬
rüstet, ist uns absolut unbegreiflich. Kaufleute bilden eine Classe, Handwerker bilden
eine Classe, Beamte bilden eine Classe. Wir sind überzeugt, daß der Herr Ver¬
fasser obiger Zuschrift irren würde, wenn er annähme, daß Professoren eine vor¬
nehmere Bezeichnung wünschen.

Viel begreiflicher dürfte unbefangenen Lesern des Artikels gewesen sein, daß
der Korrespondent nur vier von den älteren Herren namhaft machte und sich hin¬
sichtlich der übrigen mit den Worten „die große Mehrzahl" begnügte. Oder sollte
er etwa das ganze Verzeichniß der ordentlichen Professoren mit Ausnahme der vier
zweifelhaft Gewesenen abschreiben?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/209>, abgerufen am 24.07.2024.