Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.Unglück eines deutsch gesinnten Mannes entschuldigt hatten. Es ist kein Zwei¬ Aehnliche Gründe mögen auch die dankbaren Verehrer Dalbergs abgeschreckt Für uns aber ist aus diesem Briefwechsel zu lernen, welchen gewaltigen Unglück eines deutsch gesinnten Mannes entschuldigt hatten. Es ist kein Zwei¬ Aehnliche Gründe mögen auch die dankbaren Verehrer Dalbergs abgeschreckt Für uns aber ist aus diesem Briefwechsel zu lernen, welchen gewaltigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0097" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188124"/> <p xml:id="ID_306" prev="#ID_305"> Unglück eines deutsch gesinnten Mannes entschuldigt hatten. Es ist kein Zwei¬<lb/> fel, daß die Unzufriedenheit über die Parteinahme Dalbergs für Napoleon<lb/> gerade damals bei Herzog Karl August von Weimar kräftigen Ausdruck ge¬<lb/> wann; denn während Goethe um die Medaille für den Neichserzkanzler sorgte,<lb/> schrieb und verhandelte Karl August im patriotischen Eifer, um eine Vereini¬<lb/> gung deutscher Fürsten gegen Napoleon zusammenzubringen. Man darf deshalb<lb/> annehmen, daß Goethe die Zcitlage für ungeeignet hielt, dem Fürsten eine<lb/> öffentliche Ovation der Deutschen darzubringen und sich dabei zu betheiligen.<lb/> Er hatte in einem seiner früheren Briefe an Lamczan noch die Förderung des<lb/> Unternehmens durch Wilhelm von Humboldt, damals preußischen Minister-<lb/> residenten in Rom vorausgesetzt, aus einem späteren Briefe ist ersichtlich, daß<lb/> er diese Hoffnung nicht mehr hatte, und zwar nach einem Besuche von Frau<lb/> v. Humboldt in Thüringen. In der That war es für einen preußischen Ge¬<lb/> sandten seit dem Sommer 1804 nicht gut möglich, eine Denkmünze auf den<lb/> Neichserzkanzler anfertigen zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_307"> Aehnliche Gründe mögen auch die dankbaren Verehrer Dalbergs abgeschreckt<lb/> haben. Schon Freiherr v. Lamczan deutet in dem letzten Briese vorsichtig auf<lb/> ein Hinderniß hin. Außerdem war die Geldsumme, welche der Eifer der Beam-<lb/> ren vorläufig zusammengebracht hatte, — etwa 160 Thlr. — noch außer allem<lb/> Verhältniß zu den Kosten, welche die Medaille nach Goethes Plan verursacht<lb/> haben würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_308"> Für uns aber ist aus diesem Briefwechsel zu lernen, welchen gewaltigen<lb/> Fortschritt seit jener Zeit Ansprüche, Wohlstand, Kraft des Volkes auch in<lb/> öffentlichen Dankeszeichen gemacht haben. Damals hatten Verehrer eines popu¬<lb/> lären Fürsten fünfzig Ducaten zu einem monumentalen Ehrenzeichen für ihn<lb/> gesammelt, und dieser Betrag wurde von ihnen wie von Goethe als achtungs¬<lb/> werthe Grundlage für ein solches Unternehmen betrachtet. Goethe selbst aber<lb/> hielt die Errichtung einer Statue für ein sehr ungeheures Beginnen, an<lb/> welches nur die Majestäten der Erde denken dürften. Jetzt werden eherne<lb/> Standbilder fast alljährlich durch Beiträge des Volkes, nicht vorzugsweise Fürsten,<lb/> sondern Privatpersonen errichtet. Als vor zwei Jahren einem donner Professor<lb/> bon den dankbaren Deutschen eine Statue beschlossen wurde, floß in tur-<lb/> ^» Wochen eine Summe zusammen, welche den Kostenanschlag des „plastiscy-<lb/> itonischen Monuments" wohl um die Hälfte überstieg.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
Unglück eines deutsch gesinnten Mannes entschuldigt hatten. Es ist kein Zwei¬
fel, daß die Unzufriedenheit über die Parteinahme Dalbergs für Napoleon
gerade damals bei Herzog Karl August von Weimar kräftigen Ausdruck ge¬
wann; denn während Goethe um die Medaille für den Neichserzkanzler sorgte,
schrieb und verhandelte Karl August im patriotischen Eifer, um eine Vereini¬
gung deutscher Fürsten gegen Napoleon zusammenzubringen. Man darf deshalb
annehmen, daß Goethe die Zcitlage für ungeeignet hielt, dem Fürsten eine
öffentliche Ovation der Deutschen darzubringen und sich dabei zu betheiligen.
Er hatte in einem seiner früheren Briefe an Lamczan noch die Förderung des
Unternehmens durch Wilhelm von Humboldt, damals preußischen Minister-
residenten in Rom vorausgesetzt, aus einem späteren Briefe ist ersichtlich, daß
er diese Hoffnung nicht mehr hatte, und zwar nach einem Besuche von Frau
v. Humboldt in Thüringen. In der That war es für einen preußischen Ge¬
sandten seit dem Sommer 1804 nicht gut möglich, eine Denkmünze auf den
Neichserzkanzler anfertigen zu lassen.
Aehnliche Gründe mögen auch die dankbaren Verehrer Dalbergs abgeschreckt
haben. Schon Freiherr v. Lamczan deutet in dem letzten Briese vorsichtig auf
ein Hinderniß hin. Außerdem war die Geldsumme, welche der Eifer der Beam-
ren vorläufig zusammengebracht hatte, — etwa 160 Thlr. — noch außer allem
Verhältniß zu den Kosten, welche die Medaille nach Goethes Plan verursacht
haben würde.
Für uns aber ist aus diesem Briefwechsel zu lernen, welchen gewaltigen
Fortschritt seit jener Zeit Ansprüche, Wohlstand, Kraft des Volkes auch in
öffentlichen Dankeszeichen gemacht haben. Damals hatten Verehrer eines popu¬
lären Fürsten fünfzig Ducaten zu einem monumentalen Ehrenzeichen für ihn
gesammelt, und dieser Betrag wurde von ihnen wie von Goethe als achtungs¬
werthe Grundlage für ein solches Unternehmen betrachtet. Goethe selbst aber
hielt die Errichtung einer Statue für ein sehr ungeheures Beginnen, an
welches nur die Majestäten der Erde denken dürften. Jetzt werden eherne
Standbilder fast alljährlich durch Beiträge des Volkes, nicht vorzugsweise Fürsten,
sondern Privatpersonen errichtet. Als vor zwei Jahren einem donner Professor
bon den dankbaren Deutschen eine Statue beschlossen wurde, floß in tur-
^» Wochen eine Summe zusammen, welche den Kostenanschlag des „plastiscy-
itonischen Monuments" wohl um die Hälfte überstieg.
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