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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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Preis der Zustimmung der Mitglieder des dubliner Parlaments, andrerseits
siel die Hauptfrage, die Emancipation der Katholiken zu Boden, und als Pitt
Mei Jahre darauf sich gedrungen fühlte, dennoch Erleichterungen für die
Katholiken zu beantragen, stürzte dies sein Ministerium, weil die Bigotterie des
Königs nichts davon hören wollte, man hatte ihm eingeflüstert, es sei
Segen seinen Königseid.

So konnte Pitt kaum den Vers der Aeneide anwenden, mit dem er seine
große Rede über die Union schloß -- paribus legibus. Inviowö Mut.es alteruu,
in toeÄLi-g, mittut,; aber er konnte allerdings in derselben Rede sagen, daß bei
den gegenwärtigen außerordentlichen Zuständen das zu gewähren gefährlich sei,
Was er früher selbst gewünscht. "Diese Frage (die Emancipation) werde früher
oder später discutirt werden und zwar mit weit größerer Sicherheit in einem
Vereinigten Gesammtpariament als in getrennten Versammlungen. Aber auch
die Aufhebung der Testacea für die protestantischen Dissenter mußte Pud auf¬
geben, obwohl er lebhast dafür war und dieselben zu seinen wärmsten Freun¬
den gehörten, weil die Bischöfe im Oberhause sich jeder Aenderung heftig
widersetzten. Später änderte Pitt auch hier seine Ansicht und widersetzte sich
aufs entschiedenste jedem Versuch, an der Testacte zu rütteln.

Der großen Maßregel, die Wilberforce zur Ausgabe seines Lebens gemacht
hatte, der Aufhebung des Sklavenhandels, war Pitt warm zugethan, er brachte
sie zuerst vor das Unterhaus und war mit Fox, Burke und Andern darin einig,
aber trotz seiner Unterstützung machte die Sache keine Fortschritte, der Kanzler
Lord Thurlow und der König waren ihr ungünstig, das Interesse Liverpools-
das bei dem Menschenhandel vorzüglich interessirt war, fand Vertreter bei den
Lords, und selbst im Unterhause war der Antrag auf Abschaffung nur mit
der Klausel "allmälig" durchzusetzen. Erst drei Jahre nach Pitts Tode war
die große Maßregel endgiltig beschlossen.

Waren es bei diesen Fragen wesentlich Hindernisse persönlicher und Partei
wteressen. welche Pitts Absichten vereitelten, so fiel Pitts freisinnige Handels¬
politik durch die auswärtige Politik. Die erstere war wesentlich auf den fran-
Mschen Handelsvertrag gestützt und war nicht durchzuführen, als der Krieg
gegenseitige Einfuhrverbote hervorrief. Aber nicht nur die Grundsätze gab er
"uf, wegen deren Verbreitung er Adam Smith 1792 so laut gepriesen, sondern
^ ging trotz der dringenden und klaren Auseinandersetzungen von Lord Gren-
Ville vollständig in das Labyrinth der Korngesetze, welche so großes Elend
über die untern Volksclassen Englands gebracht haben und erst 1842 sielen.

Durch den Krieg mit Frankreich wurden auch Pitts Absichten vereitelt die
öffentliche Schuld abzutragen, aber es lag seinem ganzen Plane des Tilgungs-
stammes ein principieller Fehler zu Grunde. Unter Karl dem Ersten hielt das
Parlament eine Schuld von 800,000 Psd. Se. für unerträglich, heute ist die Schuld


Preis der Zustimmung der Mitglieder des dubliner Parlaments, andrerseits
siel die Hauptfrage, die Emancipation der Katholiken zu Boden, und als Pitt
Mei Jahre darauf sich gedrungen fühlte, dennoch Erleichterungen für die
Katholiken zu beantragen, stürzte dies sein Ministerium, weil die Bigotterie des
Königs nichts davon hören wollte, man hatte ihm eingeflüstert, es sei
Segen seinen Königseid.

So konnte Pitt kaum den Vers der Aeneide anwenden, mit dem er seine
große Rede über die Union schloß — paribus legibus. Inviowö Mut.es alteruu,
in toeÄLi-g, mittut,; aber er konnte allerdings in derselben Rede sagen, daß bei
den gegenwärtigen außerordentlichen Zuständen das zu gewähren gefährlich sei,
Was er früher selbst gewünscht. „Diese Frage (die Emancipation) werde früher
oder später discutirt werden und zwar mit weit größerer Sicherheit in einem
Vereinigten Gesammtpariament als in getrennten Versammlungen. Aber auch
die Aufhebung der Testacea für die protestantischen Dissenter mußte Pud auf¬
geben, obwohl er lebhast dafür war und dieselben zu seinen wärmsten Freun¬
den gehörten, weil die Bischöfe im Oberhause sich jeder Aenderung heftig
widersetzten. Später änderte Pitt auch hier seine Ansicht und widersetzte sich
aufs entschiedenste jedem Versuch, an der Testacte zu rütteln.

Der großen Maßregel, die Wilberforce zur Ausgabe seines Lebens gemacht
hatte, der Aufhebung des Sklavenhandels, war Pitt warm zugethan, er brachte
sie zuerst vor das Unterhaus und war mit Fox, Burke und Andern darin einig,
aber trotz seiner Unterstützung machte die Sache keine Fortschritte, der Kanzler
Lord Thurlow und der König waren ihr ungünstig, das Interesse Liverpools-
das bei dem Menschenhandel vorzüglich interessirt war, fand Vertreter bei den
Lords, und selbst im Unterhause war der Antrag auf Abschaffung nur mit
der Klausel „allmälig" durchzusetzen. Erst drei Jahre nach Pitts Tode war
die große Maßregel endgiltig beschlossen.

Waren es bei diesen Fragen wesentlich Hindernisse persönlicher und Partei
wteressen. welche Pitts Absichten vereitelten, so fiel Pitts freisinnige Handels¬
politik durch die auswärtige Politik. Die erstere war wesentlich auf den fran-
Mschen Handelsvertrag gestützt und war nicht durchzuführen, als der Krieg
gegenseitige Einfuhrverbote hervorrief. Aber nicht nur die Grundsätze gab er
"uf, wegen deren Verbreitung er Adam Smith 1792 so laut gepriesen, sondern
^ ging trotz der dringenden und klaren Auseinandersetzungen von Lord Gren-
Ville vollständig in das Labyrinth der Korngesetze, welche so großes Elend
über die untern Volksclassen Englands gebracht haben und erst 1842 sielen.

Durch den Krieg mit Frankreich wurden auch Pitts Absichten vereitelt die
öffentliche Schuld abzutragen, aber es lag seinem ganzen Plane des Tilgungs-
stammes ein principieller Fehler zu Grunde. Unter Karl dem Ersten hielt das
Parlament eine Schuld von 800,000 Psd. Se. für unerträglich, heute ist die Schuld


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/59>, abgerufen am 28.09.2024.