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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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die ungewaschnen. ungekannten, halbverhungerter "Lumpenkerls" des Südens
von Westen her über sie hergefallen und hatten sie hilflos, von panischen
Schrecken ergriffen, widerstandslos auseinandergejagt wie Spreu vordem Winde.
Major Peplon von Lech Stab fand mitten im Walde eine Kaffeekanne und
ringsum Tassen aufgestellt. Er schenkte sich ein. aber der Kaffee war so heiß,
daß er ihn nicht trinken konnte.

Der Erfolg dieses Ueberfalls hätte ungeheuer sein können, wenn nicht ein
Unglücksfall eingetreten wäre, welcher fast die Siege einer ganzen Woche auf¬
wog. Die Unionisten kannten hier weder Formation noch Ordnung; Reserven.
Taktik. Organisation. Disposition. Plan, alles war von der wirbelwindartigen
Plötzlichkeit des Ueberfalls weggefegt worden. Der Verlust der Conföderirten
war lächerlich gering. ihr Vordringen wie das einer weißen Sturmwolke in der
Bucht von Neapel gewesen. Die Nacht war hereingebrochen. Gegen acht Uhr
ritt General Jackson mit einigen von seinem Stäbe auf dem Knüppeldamm nach
vorn und etwa ISO Uards über die vordersten Glieder seiner Plänklerkette
hinaus, indem er mit jenen scharfen Augen, die durch die dunkelste Nacht
sehen zu können schienen, nach dem Feinde spähte. Er wendete sein Pferd,
um zurückzureiten, da begrüßt ihn plötzlich eines seiner eignen Regimenter, es
ist eines von Südcarolina, mit einem lebhaften Feuer. Eine Kugel trifft
seinen linken Arm vier Zoll unter der Schulter und zerschmettert ihn bis zum
Ellbogen. Die Wunde ist äußerst schmerzhaft, halb sinkt er vom Pferde,
halb wird er heruntergehobcn. Ein Adjutant jagt zu General Hill zurück,
um ihm zu melden, daß Jackson verwundet sei und an der Straße liege. Hill
sprengt herbei, wirft sich aus dem Sattel, beginnt, von Kummer überwältigt,
den Aermel Jacksons aufzuschneiden, als auf einmal vier berittene Vedetten der
Unionisten erscheinen, auf welche die Stabsoffiziere sofort feuern. Die Vedet¬
ten ziehen sich zurück auf eine starke und raschen Laufs sich nähernde Kette
"monistischer Plänkler. Hill und sein Gefolge haben keine Wahl, als rasch
wieder zu Pferde zu steigen und davon zu jagen. Jackson bleibt liegen wo er
gefallen. Rechts und links von dem verwundeten Löwen rücken die Feinde
vor. Wenige Schritte von ihnen liegt ihr mächtigster Gegner; aber es war nicht
bestimmt, daß Stonewall Jackson von einer unionistischen Kugel sterben oder
als Gefangner in die Hände der Unionisten fallen sollte.

Als Hill zurückritt, wurde er und sein Stab Zielscheibe derselben unseligen
Südcarolinier. Dem General wurde der Stiefel zerschossen. Oberst Crutchfield,
Jacksons Artilleriechef, wurde schwer, wo nicht tödtlich verwundet. Boswell von
Jacksons Stab getödtet. Howard, Hills Ingenieur, vom Pferde geworfen, zwei
oder drei Andere ebenfalls getödtet. Ohne einen Augenblick zu verlieren. ließ
Hill jetzt seine Plänkler. unterstützt von Reserven vorgehen, und die Stelle, wo
Jackson lag. wurde von den Conföderirten wieder genommen. Aber inzwischen


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die ungewaschnen. ungekannten, halbverhungerter „Lumpenkerls" des Südens
von Westen her über sie hergefallen und hatten sie hilflos, von panischen
Schrecken ergriffen, widerstandslos auseinandergejagt wie Spreu vordem Winde.
Major Peplon von Lech Stab fand mitten im Walde eine Kaffeekanne und
ringsum Tassen aufgestellt. Er schenkte sich ein. aber der Kaffee war so heiß,
daß er ihn nicht trinken konnte.

Der Erfolg dieses Ueberfalls hätte ungeheuer sein können, wenn nicht ein
Unglücksfall eingetreten wäre, welcher fast die Siege einer ganzen Woche auf¬
wog. Die Unionisten kannten hier weder Formation noch Ordnung; Reserven.
Taktik. Organisation. Disposition. Plan, alles war von der wirbelwindartigen
Plötzlichkeit des Ueberfalls weggefegt worden. Der Verlust der Conföderirten
war lächerlich gering. ihr Vordringen wie das einer weißen Sturmwolke in der
Bucht von Neapel gewesen. Die Nacht war hereingebrochen. Gegen acht Uhr
ritt General Jackson mit einigen von seinem Stäbe auf dem Knüppeldamm nach
vorn und etwa ISO Uards über die vordersten Glieder seiner Plänklerkette
hinaus, indem er mit jenen scharfen Augen, die durch die dunkelste Nacht
sehen zu können schienen, nach dem Feinde spähte. Er wendete sein Pferd,
um zurückzureiten, da begrüßt ihn plötzlich eines seiner eignen Regimenter, es
ist eines von Südcarolina, mit einem lebhaften Feuer. Eine Kugel trifft
seinen linken Arm vier Zoll unter der Schulter und zerschmettert ihn bis zum
Ellbogen. Die Wunde ist äußerst schmerzhaft, halb sinkt er vom Pferde,
halb wird er heruntergehobcn. Ein Adjutant jagt zu General Hill zurück,
um ihm zu melden, daß Jackson verwundet sei und an der Straße liege. Hill
sprengt herbei, wirft sich aus dem Sattel, beginnt, von Kummer überwältigt,
den Aermel Jacksons aufzuschneiden, als auf einmal vier berittene Vedetten der
Unionisten erscheinen, auf welche die Stabsoffiziere sofort feuern. Die Vedet¬
ten ziehen sich zurück auf eine starke und raschen Laufs sich nähernde Kette
»monistischer Plänkler. Hill und sein Gefolge haben keine Wahl, als rasch
wieder zu Pferde zu steigen und davon zu jagen. Jackson bleibt liegen wo er
gefallen. Rechts und links von dem verwundeten Löwen rücken die Feinde
vor. Wenige Schritte von ihnen liegt ihr mächtigster Gegner; aber es war nicht
bestimmt, daß Stonewall Jackson von einer unionistischen Kugel sterben oder
als Gefangner in die Hände der Unionisten fallen sollte.

Als Hill zurückritt, wurde er und sein Stab Zielscheibe derselben unseligen
Südcarolinier. Dem General wurde der Stiefel zerschossen. Oberst Crutchfield,
Jacksons Artilleriechef, wurde schwer, wo nicht tödtlich verwundet. Boswell von
Jacksons Stab getödtet. Howard, Hills Ingenieur, vom Pferde geworfen, zwei
oder drei Andere ebenfalls getödtet. Ohne einen Augenblick zu verlieren. ließ
Hill jetzt seine Plänkler. unterstützt von Reserven vorgehen, und die Stelle, wo
Jackson lag. wurde von den Conföderirten wieder genommen. Aber inzwischen


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[0503] die ungewaschnen. ungekannten, halbverhungerter „Lumpenkerls" des Südens von Westen her über sie hergefallen und hatten sie hilflos, von panischen Schrecken ergriffen, widerstandslos auseinandergejagt wie Spreu vordem Winde. Major Peplon von Lech Stab fand mitten im Walde eine Kaffeekanne und ringsum Tassen aufgestellt. Er schenkte sich ein. aber der Kaffee war so heiß, daß er ihn nicht trinken konnte. Der Erfolg dieses Ueberfalls hätte ungeheuer sein können, wenn nicht ein Unglücksfall eingetreten wäre, welcher fast die Siege einer ganzen Woche auf¬ wog. Die Unionisten kannten hier weder Formation noch Ordnung; Reserven. Taktik. Organisation. Disposition. Plan, alles war von der wirbelwindartigen Plötzlichkeit des Ueberfalls weggefegt worden. Der Verlust der Conföderirten war lächerlich gering. ihr Vordringen wie das einer weißen Sturmwolke in der Bucht von Neapel gewesen. Die Nacht war hereingebrochen. Gegen acht Uhr ritt General Jackson mit einigen von seinem Stäbe auf dem Knüppeldamm nach vorn und etwa ISO Uards über die vordersten Glieder seiner Plänklerkette hinaus, indem er mit jenen scharfen Augen, die durch die dunkelste Nacht sehen zu können schienen, nach dem Feinde spähte. Er wendete sein Pferd, um zurückzureiten, da begrüßt ihn plötzlich eines seiner eignen Regimenter, es ist eines von Südcarolina, mit einem lebhaften Feuer. Eine Kugel trifft seinen linken Arm vier Zoll unter der Schulter und zerschmettert ihn bis zum Ellbogen. Die Wunde ist äußerst schmerzhaft, halb sinkt er vom Pferde, halb wird er heruntergehobcn. Ein Adjutant jagt zu General Hill zurück, um ihm zu melden, daß Jackson verwundet sei und an der Straße liege. Hill sprengt herbei, wirft sich aus dem Sattel, beginnt, von Kummer überwältigt, den Aermel Jacksons aufzuschneiden, als auf einmal vier berittene Vedetten der Unionisten erscheinen, auf welche die Stabsoffiziere sofort feuern. Die Vedet¬ ten ziehen sich zurück auf eine starke und raschen Laufs sich nähernde Kette »monistischer Plänkler. Hill und sein Gefolge haben keine Wahl, als rasch wieder zu Pferde zu steigen und davon zu jagen. Jackson bleibt liegen wo er gefallen. Rechts und links von dem verwundeten Löwen rücken die Feinde vor. Wenige Schritte von ihnen liegt ihr mächtigster Gegner; aber es war nicht bestimmt, daß Stonewall Jackson von einer unionistischen Kugel sterben oder als Gefangner in die Hände der Unionisten fallen sollte. Als Hill zurückritt, wurde er und sein Stab Zielscheibe derselben unseligen Südcarolinier. Dem General wurde der Stiefel zerschossen. Oberst Crutchfield, Jacksons Artilleriechef, wurde schwer, wo nicht tödtlich verwundet. Boswell von Jacksons Stab getödtet. Howard, Hills Ingenieur, vom Pferde geworfen, zwei oder drei Andere ebenfalls getödtet. Ohne einen Augenblick zu verlieren. ließ Hill jetzt seine Plänkler. unterstützt von Reserven vorgehen, und die Stelle, wo Jackson lag. wurde von den Conföderirten wieder genommen. Aber inzwischen 63*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/503>, abgerufen am 27.09.2024.