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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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düngen des Jahres 1848 in der öffentlichen Meinung erniedrigen und mit
Schmach bedecken. Auch war es Wohl darauf abgesehen, Moritz Wiggers durch
die Wirkung der ihm auferlegten Zuchthausqualen für alle Zeit vom Schau-
Platze politischer Thätigkeit zu entfernen. Zugleich ward die erduldete Zucht¬
hausstrafe, auf Anregung des Herrn v. Schröter, von der Justizkanzlei zu Ro¬
stock als Grund benutzt, um Moritz Wiggers im disciplinarischen Wege aus
seiner berufsmäßigen Thätigkeit als Advocat und Notar herauszusetzen. Der
Minister aber hat mit allen diesen Bemühungen das Gegentheil von dem
herbeigeführt, was er beabsichtigte: die Männer, welche er als seine politischen
Gegner verfolgte, sind aus dieser Verfolgung mit ungebeugtem Muth und un¬
verletzter Ehre hervorgegangen, und die Maßregeln, welche auf die Unterdrückung
der Gegner berechnet waren, haben ihre Spitze gegen die Regierung gekehrt,
welche sie anordnete. Sie hätte ihre Tendenzen nicht deutlicher enthüllen können,
als dies durch ihr Verhalten zu dem rvstvcker Hochverrathsprvceß geschehen ist.

Der Criminaldircctor Volte, welcher als Belohnung seiner Dienste schon
im Jahre 18L6 eine Gehaltszulage von 300 Thlr. erhielt, ist neuerdings mit
dem vollen Gehalt von 2400 Thlr. als Pension auf sein Ansuchen in den
Ruhestand versetzt worden. Ein Dankschreiben, welches er in Folge dieser
Pcnsionsbewilligung an die Landtagsversammlung erließ, vervollständigt sein
von Julius Wiggers gezeichnetes Charakterbild noch durch einen neuen interessanten
Zug und wird daher den hier gegebenen kurzen Rückblick auf den Hochverraths-
proceß angemessen abschließen. Das Schreiben lautet:


"Hohe Landtagsversammlung!

"Nicht ohne Sorge konnte ich der Entscheidung entgegensehen über den
Wunsch, den ich in Hinsicht meiner Pensionirung auszusprechen mir erlaubt
hatte; denn er war ein sehr bedeutender, ein ungewöhnlicher, und für mich
wichtig genug.

Da. noch in dieser Stimmung, gestern Abend 9^2 Uhr, ward mir von
gütigen Freunden vom Landtage her die Kunde des gestrigen huldreichen Be¬
schlusses! Meine hohe Erregung, diesen Uebergang von Sorge zur innigsten
Freude kann ich nicht beschreiben.

Und einstimmig unter den gütcvollsten Aeußerungen ist er erfolgt.

Einen mir ertheilten Ehrcnbrief nannte ich in meiner Danksagung vom
1. Dec. 1856 den einstimmigen hohen Landtagsbeschluß, der damals meinen
Gehalt um 300 Thlr. erhöhete; ein erneuerter Ehrenbrief in noch höherem Maße
ist der jetzige, eine Urkunde für meine ganze Dienstlaufbahn, öffentlich mir
ertheilt von den alten ehrwürdigen Landständen Mecklenburgs; -- mich erhebend
über manche wehe Erkaltung, die besonders seit den letzten Jahren ich in Be¬
zug auf meine öffentliche Stellung zu tragen hatte.

Und nun kann ich ohne Sorge auch in finanzieller Hinsicht fortleben, so


düngen des Jahres 1848 in der öffentlichen Meinung erniedrigen und mit
Schmach bedecken. Auch war es Wohl darauf abgesehen, Moritz Wiggers durch
die Wirkung der ihm auferlegten Zuchthausqualen für alle Zeit vom Schau-
Platze politischer Thätigkeit zu entfernen. Zugleich ward die erduldete Zucht¬
hausstrafe, auf Anregung des Herrn v. Schröter, von der Justizkanzlei zu Ro¬
stock als Grund benutzt, um Moritz Wiggers im disciplinarischen Wege aus
seiner berufsmäßigen Thätigkeit als Advocat und Notar herauszusetzen. Der
Minister aber hat mit allen diesen Bemühungen das Gegentheil von dem
herbeigeführt, was er beabsichtigte: die Männer, welche er als seine politischen
Gegner verfolgte, sind aus dieser Verfolgung mit ungebeugtem Muth und un¬
verletzter Ehre hervorgegangen, und die Maßregeln, welche auf die Unterdrückung
der Gegner berechnet waren, haben ihre Spitze gegen die Regierung gekehrt,
welche sie anordnete. Sie hätte ihre Tendenzen nicht deutlicher enthüllen können,
als dies durch ihr Verhalten zu dem rvstvcker Hochverrathsprvceß geschehen ist.

Der Criminaldircctor Volte, welcher als Belohnung seiner Dienste schon
im Jahre 18L6 eine Gehaltszulage von 300 Thlr. erhielt, ist neuerdings mit
dem vollen Gehalt von 2400 Thlr. als Pension auf sein Ansuchen in den
Ruhestand versetzt worden. Ein Dankschreiben, welches er in Folge dieser
Pcnsionsbewilligung an die Landtagsversammlung erließ, vervollständigt sein
von Julius Wiggers gezeichnetes Charakterbild noch durch einen neuen interessanten
Zug und wird daher den hier gegebenen kurzen Rückblick auf den Hochverraths-
proceß angemessen abschließen. Das Schreiben lautet:


„Hohe Landtagsversammlung!

„Nicht ohne Sorge konnte ich der Entscheidung entgegensehen über den
Wunsch, den ich in Hinsicht meiner Pensionirung auszusprechen mir erlaubt
hatte; denn er war ein sehr bedeutender, ein ungewöhnlicher, und für mich
wichtig genug.

Da. noch in dieser Stimmung, gestern Abend 9^2 Uhr, ward mir von
gütigen Freunden vom Landtage her die Kunde des gestrigen huldreichen Be¬
schlusses! Meine hohe Erregung, diesen Uebergang von Sorge zur innigsten
Freude kann ich nicht beschreiben.

Und einstimmig unter den gütcvollsten Aeußerungen ist er erfolgt.

Einen mir ertheilten Ehrcnbrief nannte ich in meiner Danksagung vom
1. Dec. 1856 den einstimmigen hohen Landtagsbeschluß, der damals meinen
Gehalt um 300 Thlr. erhöhete; ein erneuerter Ehrenbrief in noch höherem Maße
ist der jetzige, eine Urkunde für meine ganze Dienstlaufbahn, öffentlich mir
ertheilt von den alten ehrwürdigen Landständen Mecklenburgs; — mich erhebend
über manche wehe Erkaltung, die besonders seit den letzten Jahren ich in Be¬
zug auf meine öffentliche Stellung zu tragen hatte.

Und nun kann ich ohne Sorge auch in finanzieller Hinsicht fortleben, so


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[0348] düngen des Jahres 1848 in der öffentlichen Meinung erniedrigen und mit Schmach bedecken. Auch war es Wohl darauf abgesehen, Moritz Wiggers durch die Wirkung der ihm auferlegten Zuchthausqualen für alle Zeit vom Schau- Platze politischer Thätigkeit zu entfernen. Zugleich ward die erduldete Zucht¬ hausstrafe, auf Anregung des Herrn v. Schröter, von der Justizkanzlei zu Ro¬ stock als Grund benutzt, um Moritz Wiggers im disciplinarischen Wege aus seiner berufsmäßigen Thätigkeit als Advocat und Notar herauszusetzen. Der Minister aber hat mit allen diesen Bemühungen das Gegentheil von dem herbeigeführt, was er beabsichtigte: die Männer, welche er als seine politischen Gegner verfolgte, sind aus dieser Verfolgung mit ungebeugtem Muth und un¬ verletzter Ehre hervorgegangen, und die Maßregeln, welche auf die Unterdrückung der Gegner berechnet waren, haben ihre Spitze gegen die Regierung gekehrt, welche sie anordnete. Sie hätte ihre Tendenzen nicht deutlicher enthüllen können, als dies durch ihr Verhalten zu dem rvstvcker Hochverrathsprvceß geschehen ist. Der Criminaldircctor Volte, welcher als Belohnung seiner Dienste schon im Jahre 18L6 eine Gehaltszulage von 300 Thlr. erhielt, ist neuerdings mit dem vollen Gehalt von 2400 Thlr. als Pension auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt worden. Ein Dankschreiben, welches er in Folge dieser Pcnsionsbewilligung an die Landtagsversammlung erließ, vervollständigt sein von Julius Wiggers gezeichnetes Charakterbild noch durch einen neuen interessanten Zug und wird daher den hier gegebenen kurzen Rückblick auf den Hochverraths- proceß angemessen abschließen. Das Schreiben lautet: „Hohe Landtagsversammlung! „Nicht ohne Sorge konnte ich der Entscheidung entgegensehen über den Wunsch, den ich in Hinsicht meiner Pensionirung auszusprechen mir erlaubt hatte; denn er war ein sehr bedeutender, ein ungewöhnlicher, und für mich wichtig genug. Da. noch in dieser Stimmung, gestern Abend 9^2 Uhr, ward mir von gütigen Freunden vom Landtage her die Kunde des gestrigen huldreichen Be¬ schlusses! Meine hohe Erregung, diesen Uebergang von Sorge zur innigsten Freude kann ich nicht beschreiben. Und einstimmig unter den gütcvollsten Aeußerungen ist er erfolgt. Einen mir ertheilten Ehrcnbrief nannte ich in meiner Danksagung vom 1. Dec. 1856 den einstimmigen hohen Landtagsbeschluß, der damals meinen Gehalt um 300 Thlr. erhöhete; ein erneuerter Ehrenbrief in noch höherem Maße ist der jetzige, eine Urkunde für meine ganze Dienstlaufbahn, öffentlich mir ertheilt von den alten ehrwürdigen Landständen Mecklenburgs; — mich erhebend über manche wehe Erkaltung, die besonders seit den letzten Jahren ich in Be¬ zug auf meine öffentliche Stellung zu tragen hatte. Und nun kann ich ohne Sorge auch in finanzieller Hinsicht fortleben, so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/348>, abgerufen am 27.09.2024.