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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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ständen an dem in der Proklamation vom 23, März 1848 betretenen Wege,
das heißt an dem Wege zu einer constitutionelle" Verfassung, festgehalten
werden solle, offenbar in den völligen Ruhestand versetzt. Das Wert der Ver¬
fassungsrcform, für dessen Wiederaufnahme Herr v. Schröter seinen Namen
verpfändet hatte, bleibt seitdem auch principiell von der Sorge der Herren
Minister ausgeschlossen, und man beschränkt sich darauf, ohne irgend einen
Gedanken, als den der möglichsten Abwehr jeder politischen Fortbildung, in
dem bureaukratischen Fahrwasser vorwärts zu treiben. Aus den höheren
Stellen der Verwaltung hat man diejenigen Elemente, welche durch Intelligenz
und Rechtssinn hervorragten, aber eben dadurch für den mechanischen Hand¬
langerdienst unbequem waren, nach und nach ausgeschieden, und nur servile
Naturen und mittelmäßige Köpfe, die entweder in ihrer adligen Geburt oder
in ihrer Theilnahme an chnMchen Vereinen oder in ihrer Verwendbarkeit als
Arbeitsmaschinen ihren Empfehlungsbrief hatten, beibehalten und in erledigte
Stellen einrücken lassen. So wurden anfangs Karsten und neuerdings Prosch
als Negieruugsräthe verabschiedet, obgleich beide noch rüstige Arbeitskräfte
waren, was der Erstere durch seine auf die mecklenburgische Verfassungssache
bezügliche Schrisu "Gedruckte und ungedruckte Zeitungsartikel" (Berlin 1859,
1862, 2 Hefte), der Letztere durch mehre Werte über die mecklenburgische Steuer¬
reform, die in den Jahren 1860 und 1861 den Refvrmplan der Negierung
einer vernichtenden Kritik unterzogen, bewiesen hat. Eben diese Schriften
wurden für Prosch der Anlaß zu seiner Versetzung in den Ruhestand.

Es versteht sich von selbst, daß das Restaurationsministerium nach dein
Sturz des Staatsgrundgesetzes und der unter Anwendung von thätlicher Ge¬
walt gegen die legitimen Vertreter des Volks erfolgten Wiederherstellung der
Feudalverfassung es eine seiner ersten Sorgen sein ließ, die während der con-
stitutionellen Zeit eingedrungenen freiheitlichen Gesetze und Einrichtungen z"
vernichten und in ihr Gegentheil zu verwandeln. Es blieb dabei unbeachtet,
daß der Schiedsspruch, welche Autorität auch immer ihm beigelegt werden mochte,
doch nur die Nechtsgiltigkeit des Staatsgrundgesetzes vom 10. October 1849
zum Gegenstand hatte, den Großherzog also nicht nöthigte noch ermächtigte,
solche Gesetze und Einrichtungen außer Wirksamkeit zu setzen, welche von dem
Fortbestande des Staaisgrundgcsctzes unabhängig waren, und dadurch mit
ausdrücklichen, am 23. März 1848 gegebenen und am 15. April 1850 wieder¬
holten Zusicherungen in Widerspruch zu treten. Die Reihe dieser Acte eröffnete
die Aushebung des Neichsgesetzcs vom 27. December 1848, betreffend die
Grundrechte des deutschen Volkes, am 5. October 1850. Es erfolgte dann
am 27. Januar 1851 eine Verordnung, durch welche Versammlungen und
Vereine zu politischen Zwecken von ministerieller Genehmigung abhängig ge¬
macht wurden, am 26. Februar 1851 die Aushebung des Gesetzes zum


ständen an dem in der Proklamation vom 23, März 1848 betretenen Wege,
das heißt an dem Wege zu einer constitutionelle» Verfassung, festgehalten
werden solle, offenbar in den völligen Ruhestand versetzt. Das Wert der Ver¬
fassungsrcform, für dessen Wiederaufnahme Herr v. Schröter seinen Namen
verpfändet hatte, bleibt seitdem auch principiell von der Sorge der Herren
Minister ausgeschlossen, und man beschränkt sich darauf, ohne irgend einen
Gedanken, als den der möglichsten Abwehr jeder politischen Fortbildung, in
dem bureaukratischen Fahrwasser vorwärts zu treiben. Aus den höheren
Stellen der Verwaltung hat man diejenigen Elemente, welche durch Intelligenz
und Rechtssinn hervorragten, aber eben dadurch für den mechanischen Hand¬
langerdienst unbequem waren, nach und nach ausgeschieden, und nur servile
Naturen und mittelmäßige Köpfe, die entweder in ihrer adligen Geburt oder
in ihrer Theilnahme an chnMchen Vereinen oder in ihrer Verwendbarkeit als
Arbeitsmaschinen ihren Empfehlungsbrief hatten, beibehalten und in erledigte
Stellen einrücken lassen. So wurden anfangs Karsten und neuerdings Prosch
als Negieruugsräthe verabschiedet, obgleich beide noch rüstige Arbeitskräfte
waren, was der Erstere durch seine auf die mecklenburgische Verfassungssache
bezügliche Schrisu „Gedruckte und ungedruckte Zeitungsartikel" (Berlin 1859,
1862, 2 Hefte), der Letztere durch mehre Werte über die mecklenburgische Steuer¬
reform, die in den Jahren 1860 und 1861 den Refvrmplan der Negierung
einer vernichtenden Kritik unterzogen, bewiesen hat. Eben diese Schriften
wurden für Prosch der Anlaß zu seiner Versetzung in den Ruhestand.

Es versteht sich von selbst, daß das Restaurationsministerium nach dein
Sturz des Staatsgrundgesetzes und der unter Anwendung von thätlicher Ge¬
walt gegen die legitimen Vertreter des Volks erfolgten Wiederherstellung der
Feudalverfassung es eine seiner ersten Sorgen sein ließ, die während der con-
stitutionellen Zeit eingedrungenen freiheitlichen Gesetze und Einrichtungen z»
vernichten und in ihr Gegentheil zu verwandeln. Es blieb dabei unbeachtet,
daß der Schiedsspruch, welche Autorität auch immer ihm beigelegt werden mochte,
doch nur die Nechtsgiltigkeit des Staatsgrundgesetzes vom 10. October 1849
zum Gegenstand hatte, den Großherzog also nicht nöthigte noch ermächtigte,
solche Gesetze und Einrichtungen außer Wirksamkeit zu setzen, welche von dem
Fortbestande des Staaisgrundgcsctzes unabhängig waren, und dadurch mit
ausdrücklichen, am 23. März 1848 gegebenen und am 15. April 1850 wieder¬
holten Zusicherungen in Widerspruch zu treten. Die Reihe dieser Acte eröffnete
die Aushebung des Neichsgesetzcs vom 27. December 1848, betreffend die
Grundrechte des deutschen Volkes, am 5. October 1850. Es erfolgte dann
am 27. Januar 1851 eine Verordnung, durch welche Versammlungen und
Vereine zu politischen Zwecken von ministerieller Genehmigung abhängig ge¬
macht wurden, am 26. Februar 1851 die Aushebung des Gesetzes zum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/302>, abgerufen am 20.10.2024.