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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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erer hatten sicher drei bis vier solcher Schnürtaue, der Vierzigdecker des Pto-
lemäus Philadelphus zwölf. Die Dreidecker der Athener zerfielen übrigens in
Schnellsegler, die nicht mehr Marinesoidaten an Nord hatten, als zur Ver¬
theidigung des Schiffes erforderlich waren, und in Soldatentransportschiffe, die
zur Versendung von Truppen dienten. Letztere zeigten sich wohl im Kampfe un¬
behilflicher, und so kam es wahrscheinlich, daß vor dem peloponnesischen Krieg
die Aihener mit 44 Schiffen über 70 samische siegten, von denen 20 Landsol¬
daten führten. Die Schiffssolbaten werden von den Matrosen streng geschieden,
und nur selten kam es vor, daß sie, wie in der früheren Zeit, zugleich die
Ruder handhabten. Thucydides vergißt nicht zu erwähnen, bah die tausend
Schwerbewaffneten, die wahrend des peloponnesischen Kriegs unter Paasch
gegen Mitylene entsendet wurden, zugleich den Dienst als Ruderer versahen,
und spater läßt er auch den Lacedämoniern von Alcibiades einen darauf bezüg¬
lichen Rath ertheilen. Da nun die gewöhnliche Bemannung einer schnell¬
fahrenden Triere auf zweihundert Mann geschätzt wird, so können kaum dreißig
Mann die militärische Besatzung gebildet haben. Demosthenes rechnet in der
ersten Philippika zwanzig Minen (Z, hundert Drachmen, ir sechs Obolen) monat¬
lichen Sold (ohne Verpflegungsgeld) auf ein Schiff, woraus sich für Matrosen und
Soldaten gleichmäßig zwei Obolen auf den Tag ergeben, oder ebensoviel, als die
Landsoldaten ohne das Kostgeld erhielten. Bei der sicilischen Expedition bekamen
die Matrosen im Ganzen täglich sechs Obolen. Ebensoviel hatte Lysander später
von Cyrus dem Jüngern vertragsmäßig verlangt. Dieser wollte aber anfangs
nur dreißig Minen für jedes Schiff monatlich oder drei Obolen für den Mann
täglich zahlen (was wieder auf eine Bemannung von zweihundert Mann deutet)
und verstand sich endlich zu vier Obolen. Pferoetransportschifsc wurden zuerst
unter Perikles aus alten Kriegsschiffen gebaut, nachdem sie von den Persern
bereits früher angewandt worden waren. Außerdem hatte jede Flotte kleinere
Kriegsschaluppen und Avisschiffe, die wegen ihrer Schnelligkeit "Nenner" ge¬
nannt wurden. Zur Beförderung von Festgesandtschaften, Depeschen, öffentlichen
Geldern und Beamten hatte die ätherische Regierung noch zwei besondere
Staatsschiffe, die fortwährend segelfertig lagen, Paraios und Salaminia. An
die Stelle der letzteren trat zu Alexanders Zeit die Ammvnias und später
kamen die Antigonis und Demetrias noch hinzu. Auf diesen Schiffen bestand
die Mannschaft aus lauter freien Bürgern, die täglich vier Obolen Sold erhielte".

Vor der Größe und Schwere aber aller Schiffe der Trierenperiode bekommt
man keinen sonderlichen Respect, wenn man hört, daß sie nicht nur, wie
früher, ans Land gezogen wurden, wenn man sie nicht brauchte, sondern daß
auch oft ganze Flotten über Landengen weggeschoben worden sind. Mehrmals
geschah dies über den Isthmus von Korinth, der an der schmalsten Stelle eine
deutsche Meile breit ist, und die Maschinen, deren man sich bediente, bestanden


erer hatten sicher drei bis vier solcher Schnürtaue, der Vierzigdecker des Pto-
lemäus Philadelphus zwölf. Die Dreidecker der Athener zerfielen übrigens in
Schnellsegler, die nicht mehr Marinesoidaten an Nord hatten, als zur Ver¬
theidigung des Schiffes erforderlich waren, und in Soldatentransportschiffe, die
zur Versendung von Truppen dienten. Letztere zeigten sich wohl im Kampfe un¬
behilflicher, und so kam es wahrscheinlich, daß vor dem peloponnesischen Krieg
die Aihener mit 44 Schiffen über 70 samische siegten, von denen 20 Landsol¬
daten führten. Die Schiffssolbaten werden von den Matrosen streng geschieden,
und nur selten kam es vor, daß sie, wie in der früheren Zeit, zugleich die
Ruder handhabten. Thucydides vergißt nicht zu erwähnen, bah die tausend
Schwerbewaffneten, die wahrend des peloponnesischen Kriegs unter Paasch
gegen Mitylene entsendet wurden, zugleich den Dienst als Ruderer versahen,
und spater läßt er auch den Lacedämoniern von Alcibiades einen darauf bezüg¬
lichen Rath ertheilen. Da nun die gewöhnliche Bemannung einer schnell¬
fahrenden Triere auf zweihundert Mann geschätzt wird, so können kaum dreißig
Mann die militärische Besatzung gebildet haben. Demosthenes rechnet in der
ersten Philippika zwanzig Minen (Z, hundert Drachmen, ir sechs Obolen) monat¬
lichen Sold (ohne Verpflegungsgeld) auf ein Schiff, woraus sich für Matrosen und
Soldaten gleichmäßig zwei Obolen auf den Tag ergeben, oder ebensoviel, als die
Landsoldaten ohne das Kostgeld erhielten. Bei der sicilischen Expedition bekamen
die Matrosen im Ganzen täglich sechs Obolen. Ebensoviel hatte Lysander später
von Cyrus dem Jüngern vertragsmäßig verlangt. Dieser wollte aber anfangs
nur dreißig Minen für jedes Schiff monatlich oder drei Obolen für den Mann
täglich zahlen (was wieder auf eine Bemannung von zweihundert Mann deutet)
und verstand sich endlich zu vier Obolen. Pferoetransportschifsc wurden zuerst
unter Perikles aus alten Kriegsschiffen gebaut, nachdem sie von den Persern
bereits früher angewandt worden waren. Außerdem hatte jede Flotte kleinere
Kriegsschaluppen und Avisschiffe, die wegen ihrer Schnelligkeit „Nenner" ge¬
nannt wurden. Zur Beförderung von Festgesandtschaften, Depeschen, öffentlichen
Geldern und Beamten hatte die ätherische Regierung noch zwei besondere
Staatsschiffe, die fortwährend segelfertig lagen, Paraios und Salaminia. An
die Stelle der letzteren trat zu Alexanders Zeit die Ammvnias und später
kamen die Antigonis und Demetrias noch hinzu. Auf diesen Schiffen bestand
die Mannschaft aus lauter freien Bürgern, die täglich vier Obolen Sold erhielte».

Vor der Größe und Schwere aber aller Schiffe der Trierenperiode bekommt
man keinen sonderlichen Respect, wenn man hört, daß sie nicht nur, wie
früher, ans Land gezogen wurden, wenn man sie nicht brauchte, sondern daß
auch oft ganze Flotten über Landengen weggeschoben worden sind. Mehrmals
geschah dies über den Isthmus von Korinth, der an der schmalsten Stelle eine
deutsche Meile breit ist, und die Maschinen, deren man sich bediente, bestanden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/30>, abgerufen am 27.09.2024.