Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

bestens fünfzig Procent. Mit der Eröffnung von Osaka ändert sich dies voll¬
ständig, Nangasaki wird zum bloßen Kohlenhafen werden, Jokuhama sehr viel
einbüßen, Jeddo mit seiner seichten Rhede für Ein- und Ausfuhr nur noch sehr
wenig benutzt werden. Die durchgreifende Umwandlung der commerziellen
Verhältnisse Japans, welche die Eröffnung des Hafens von Osaka zur Folge
haben muß, wird von der Negierung nicht verkannt, und da dieselbe auch ihre
bedenkliche Seite hat, so ging daraus der Wunsch nach Aufschub des Eröffnungs¬
termins hervor, der bei den Vcrtragsmächten durch die obengedachte Gesandt¬
schaft angebracht wurde. Jene haben nur in einen Aufschub von zwei Jahren
gewilligt, und die Gesandten wurden bestraft, weil sie nicht mehr durchgesetzt
hatten.

Daß das Eindringen fremder Elemente in das ausländischen Einflüssen
seit 1638 hermetisch verschlossene Land für letzteres mancherlei Unbequemlich¬
keiten haben und namentlich der Negierung Verlegenheiten bereiten, ja endlich
eine vollständige Umgestaltung der bisherigen Verhältnisse hervorrufen würde,
konnte von Anfang an keinem Einsichtigen verborgen bleiben. Mußte dies von
jedem der ostasiatischen Reiche erwartet werden, welche mit Europa in Verkehr
traten, so kamen in Japan Verhältnisse hinzu, welche von vornherein Keime
zu Mißhelligkeiten und Zerwürfnissen enthielten, und dahin gehörten zunächst
die Münzverhältniffe.

Als die westlichen Nationen, zuerst bekanntlich die Amerikaner, jenen Ver¬
kehr anzubahnen begannen, besaß Japan ein ganz eigenthümliches Münzsystem,
welches von den Grundzügen unsrer Münzsysteme vollständig abwich. Es hatte
Goldmünzen, die einen viel niedrigeren, und Silbermünzen, die einen viel hö¬
heren Curs hatten, als ihr Metallwerth nach unsern Begriffen betrug. Der
Metallwerth des Kobang, der oblongen Goldmünze des Landes, war 6 Tha¬
ler 17 Silbergroschen, sein Curs dem Silber gegenüber aber nur 4V^ Thaler.
Der Metallwerth des länglich viereckigen Jtzebu, der Silbermünze, nach wel¬
cher hauptsächlich gerechnet wird, betrug dagegen ungefähr Is Silbergroschen,
sein Verhältniß zum Kobang und ebenso das Verhältniß aller größeren Silber¬
münzen, wie des Nibu (-- 2 Jtzebu) das Sauvo (-- 3 Jtzebu) und des Niu
(4 Jtzebu) war der Art, daß der Kobang bei Handelsgeschäften eben nur
den obigen Curswerth hatte. Wie seltsam uns dies vorkommen mag, hatte
es doch in Japan keine Unbequemlichkeiten, so lange die Regierung, die sich
im ausschließlichen Besitze der Silberbergwerke befindet, kein ausländisches Sil¬
ber in das Land kommen ließ. Mit Eröffnung der Häfen aber trat eine heil¬
lose Verwirrung ein. Sowohl der amerikanische als der englische Vertrag mit
dem Tellur enthielt die Bestimmung, daß alles ausländische Geld in Japan
gemäß seinem Gewicht im Verhältniß zum Gewicht der entsprechenden japani¬
schen Geldmünzen in Japan Curs haben sollte, und die japanische Negierung


bestens fünfzig Procent. Mit der Eröffnung von Osaka ändert sich dies voll¬
ständig, Nangasaki wird zum bloßen Kohlenhafen werden, Jokuhama sehr viel
einbüßen, Jeddo mit seiner seichten Rhede für Ein- und Ausfuhr nur noch sehr
wenig benutzt werden. Die durchgreifende Umwandlung der commerziellen
Verhältnisse Japans, welche die Eröffnung des Hafens von Osaka zur Folge
haben muß, wird von der Negierung nicht verkannt, und da dieselbe auch ihre
bedenkliche Seite hat, so ging daraus der Wunsch nach Aufschub des Eröffnungs¬
termins hervor, der bei den Vcrtragsmächten durch die obengedachte Gesandt¬
schaft angebracht wurde. Jene haben nur in einen Aufschub von zwei Jahren
gewilligt, und die Gesandten wurden bestraft, weil sie nicht mehr durchgesetzt
hatten.

Daß das Eindringen fremder Elemente in das ausländischen Einflüssen
seit 1638 hermetisch verschlossene Land für letzteres mancherlei Unbequemlich¬
keiten haben und namentlich der Negierung Verlegenheiten bereiten, ja endlich
eine vollständige Umgestaltung der bisherigen Verhältnisse hervorrufen würde,
konnte von Anfang an keinem Einsichtigen verborgen bleiben. Mußte dies von
jedem der ostasiatischen Reiche erwartet werden, welche mit Europa in Verkehr
traten, so kamen in Japan Verhältnisse hinzu, welche von vornherein Keime
zu Mißhelligkeiten und Zerwürfnissen enthielten, und dahin gehörten zunächst
die Münzverhältniffe.

Als die westlichen Nationen, zuerst bekanntlich die Amerikaner, jenen Ver¬
kehr anzubahnen begannen, besaß Japan ein ganz eigenthümliches Münzsystem,
welches von den Grundzügen unsrer Münzsysteme vollständig abwich. Es hatte
Goldmünzen, die einen viel niedrigeren, und Silbermünzen, die einen viel hö¬
heren Curs hatten, als ihr Metallwerth nach unsern Begriffen betrug. Der
Metallwerth des Kobang, der oblongen Goldmünze des Landes, war 6 Tha¬
ler 17 Silbergroschen, sein Curs dem Silber gegenüber aber nur 4V^ Thaler.
Der Metallwerth des länglich viereckigen Jtzebu, der Silbermünze, nach wel¬
cher hauptsächlich gerechnet wird, betrug dagegen ungefähr Is Silbergroschen,
sein Verhältniß zum Kobang und ebenso das Verhältniß aller größeren Silber¬
münzen, wie des Nibu (— 2 Jtzebu) das Sauvo (— 3 Jtzebu) und des Niu
(4 Jtzebu) war der Art, daß der Kobang bei Handelsgeschäften eben nur
den obigen Curswerth hatte. Wie seltsam uns dies vorkommen mag, hatte
es doch in Japan keine Unbequemlichkeiten, so lange die Regierung, die sich
im ausschließlichen Besitze der Silberbergwerke befindet, kein ausländisches Sil¬
ber in das Land kommen ließ. Mit Eröffnung der Häfen aber trat eine heil¬
lose Verwirrung ein. Sowohl der amerikanische als der englische Vertrag mit
dem Tellur enthielt die Bestimmung, daß alles ausländische Geld in Japan
gemäß seinem Gewicht im Verhältniß zum Gewicht der entsprechenden japani¬
schen Geldmünzen in Japan Curs haben sollte, und die japanische Negierung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0270" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188297"/>
          <p xml:id="ID_857" prev="#ID_856"> bestens fünfzig Procent. Mit der Eröffnung von Osaka ändert sich dies voll¬<lb/>
ständig, Nangasaki wird zum bloßen Kohlenhafen werden, Jokuhama sehr viel<lb/>
einbüßen, Jeddo mit seiner seichten Rhede für Ein- und Ausfuhr nur noch sehr<lb/>
wenig benutzt werden. Die durchgreifende Umwandlung der commerziellen<lb/>
Verhältnisse Japans, welche die Eröffnung des Hafens von Osaka zur Folge<lb/>
haben muß, wird von der Negierung nicht verkannt, und da dieselbe auch ihre<lb/>
bedenkliche Seite hat, so ging daraus der Wunsch nach Aufschub des Eröffnungs¬<lb/>
termins hervor, der bei den Vcrtragsmächten durch die obengedachte Gesandt¬<lb/>
schaft angebracht wurde. Jene haben nur in einen Aufschub von zwei Jahren<lb/>
gewilligt, und die Gesandten wurden bestraft, weil sie nicht mehr durchgesetzt<lb/>
hatten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_858"> Daß das Eindringen fremder Elemente in das ausländischen Einflüssen<lb/>
seit 1638 hermetisch verschlossene Land für letzteres mancherlei Unbequemlich¬<lb/>
keiten haben und namentlich der Negierung Verlegenheiten bereiten, ja endlich<lb/>
eine vollständige Umgestaltung der bisherigen Verhältnisse hervorrufen würde,<lb/>
konnte von Anfang an keinem Einsichtigen verborgen bleiben. Mußte dies von<lb/>
jedem der ostasiatischen Reiche erwartet werden, welche mit Europa in Verkehr<lb/>
traten, so kamen in Japan Verhältnisse hinzu, welche von vornherein Keime<lb/>
zu Mißhelligkeiten und Zerwürfnissen enthielten, und dahin gehörten zunächst<lb/>
die Münzverhältniffe.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_859" next="#ID_860"> Als die westlichen Nationen, zuerst bekanntlich die Amerikaner, jenen Ver¬<lb/>
kehr anzubahnen begannen, besaß Japan ein ganz eigenthümliches Münzsystem,<lb/>
welches von den Grundzügen unsrer Münzsysteme vollständig abwich.  Es hatte<lb/>
Goldmünzen, die einen viel niedrigeren, und Silbermünzen, die einen viel hö¬<lb/>
heren Curs hatten, als ihr Metallwerth nach unsern Begriffen betrug. Der<lb/>
Metallwerth des Kobang, der oblongen Goldmünze des Landes, war 6 Tha¬<lb/>
ler 17 Silbergroschen, sein Curs dem Silber gegenüber aber nur 4V^ Thaler.<lb/>
Der Metallwerth des länglich viereckigen Jtzebu, der Silbermünze, nach wel¬<lb/>
cher hauptsächlich gerechnet wird, betrug dagegen ungefähr Is Silbergroschen,<lb/>
sein Verhältniß zum Kobang und ebenso das Verhältniß aller größeren Silber¬<lb/>
münzen, wie des Nibu (&#x2014; 2 Jtzebu) das Sauvo (&#x2014; 3 Jtzebu) und des Niu<lb/>
(4 Jtzebu) war der Art, daß der Kobang bei Handelsgeschäften eben nur<lb/>
den obigen Curswerth hatte.  Wie seltsam uns dies vorkommen mag, hatte<lb/>
es doch in Japan keine Unbequemlichkeiten, so lange die Regierung, die sich<lb/>
im ausschließlichen Besitze der Silberbergwerke befindet, kein ausländisches Sil¬<lb/>
ber in das Land kommen ließ. Mit Eröffnung der Häfen aber trat eine heil¬<lb/>
lose Verwirrung ein. Sowohl der amerikanische als der englische Vertrag mit<lb/>
dem Tellur enthielt die Bestimmung, daß alles ausländische Geld in Japan<lb/>
gemäß seinem Gewicht im Verhältniß zum Gewicht der entsprechenden japani¬<lb/>
schen Geldmünzen in Japan Curs haben sollte, und die japanische Negierung</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0270] bestens fünfzig Procent. Mit der Eröffnung von Osaka ändert sich dies voll¬ ständig, Nangasaki wird zum bloßen Kohlenhafen werden, Jokuhama sehr viel einbüßen, Jeddo mit seiner seichten Rhede für Ein- und Ausfuhr nur noch sehr wenig benutzt werden. Die durchgreifende Umwandlung der commerziellen Verhältnisse Japans, welche die Eröffnung des Hafens von Osaka zur Folge haben muß, wird von der Negierung nicht verkannt, und da dieselbe auch ihre bedenkliche Seite hat, so ging daraus der Wunsch nach Aufschub des Eröffnungs¬ termins hervor, der bei den Vcrtragsmächten durch die obengedachte Gesandt¬ schaft angebracht wurde. Jene haben nur in einen Aufschub von zwei Jahren gewilligt, und die Gesandten wurden bestraft, weil sie nicht mehr durchgesetzt hatten. Daß das Eindringen fremder Elemente in das ausländischen Einflüssen seit 1638 hermetisch verschlossene Land für letzteres mancherlei Unbequemlich¬ keiten haben und namentlich der Negierung Verlegenheiten bereiten, ja endlich eine vollständige Umgestaltung der bisherigen Verhältnisse hervorrufen würde, konnte von Anfang an keinem Einsichtigen verborgen bleiben. Mußte dies von jedem der ostasiatischen Reiche erwartet werden, welche mit Europa in Verkehr traten, so kamen in Japan Verhältnisse hinzu, welche von vornherein Keime zu Mißhelligkeiten und Zerwürfnissen enthielten, und dahin gehörten zunächst die Münzverhältniffe. Als die westlichen Nationen, zuerst bekanntlich die Amerikaner, jenen Ver¬ kehr anzubahnen begannen, besaß Japan ein ganz eigenthümliches Münzsystem, welches von den Grundzügen unsrer Münzsysteme vollständig abwich. Es hatte Goldmünzen, die einen viel niedrigeren, und Silbermünzen, die einen viel hö¬ heren Curs hatten, als ihr Metallwerth nach unsern Begriffen betrug. Der Metallwerth des Kobang, der oblongen Goldmünze des Landes, war 6 Tha¬ ler 17 Silbergroschen, sein Curs dem Silber gegenüber aber nur 4V^ Thaler. Der Metallwerth des länglich viereckigen Jtzebu, der Silbermünze, nach wel¬ cher hauptsächlich gerechnet wird, betrug dagegen ungefähr Is Silbergroschen, sein Verhältniß zum Kobang und ebenso das Verhältniß aller größeren Silber¬ münzen, wie des Nibu (— 2 Jtzebu) das Sauvo (— 3 Jtzebu) und des Niu (4 Jtzebu) war der Art, daß der Kobang bei Handelsgeschäften eben nur den obigen Curswerth hatte. Wie seltsam uns dies vorkommen mag, hatte es doch in Japan keine Unbequemlichkeiten, so lange die Regierung, die sich im ausschließlichen Besitze der Silberbergwerke befindet, kein ausländisches Sil¬ ber in das Land kommen ließ. Mit Eröffnung der Häfen aber trat eine heil¬ lose Verwirrung ein. Sowohl der amerikanische als der englische Vertrag mit dem Tellur enthielt die Bestimmung, daß alles ausländische Geld in Japan gemäß seinem Gewicht im Verhältniß zum Gewicht der entsprechenden japani¬ schen Geldmünzen in Japan Curs haben sollte, und die japanische Negierung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/270
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/270>, abgerufen am 28.09.2024.