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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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der Trierer besetzt werden konnten. Daß aber im Ganzen, besonders bei
der Kriegsmarine die Haupttriebkraft des Schiffes in die Ruder gelegt
wurde, zeigt sich aus der nur beiläufigen Benutzung des Windes und An¬
wendung der Segel, wodurch die griechisch-römische Sitte Aehnlichkeit mit
der modernen Dampfschifffahrt bekommt. Gewöhnlich hatten die Trierer und
auch noch größere Fahrzeuge zwei Mastbäume, deren jeder gewöhnlich nur
aus einem Baumstamme bestand. Der Hauptmast stand in der Mitte, der
Fockmast dem Vordertheile näher. Die Segel hatten Wohl meist viereckige
Form und waren der Dauerhaftigkeit wegen gitterartig mit Stricken durchnäbt.
Das dreieckige, sogenannte lateinische Segel, scheint viel späteren Ursprungs
zu sein und ist vielleicht nur als Obersegel früher in Anwendung gekommen,
wie sie allerdings schon die Griechen über den großen Segeln führten. Stand
aber eine Schlacht in Aussicht, so wurden im ganzen Alterthum die großen
Segel des Hauptmastes als Hindernisse herabgenommen, ja zuweilen irgendwo
auf dem Lande zurückgelassen. Es wird z. B. von Xenophon erwähnt, daß
dies Alcibiades that, bevor er den Admiral Mindaros verfolgte. Der Athener
Koror nahm sogar nach der Niederlage seiner Landsleute die großen Segel
von Lysanders Flotte in Lampsakvs weg, und auch Jphikrates ließ vor seiner
Fahrt nach Korfu die Hauptsegcl in Athen zurück und benutzte die Focksegcl
selbst bei günstigem Winde wenig, weil es ihm darum zu thun war, seine
Matrosen im Rudern zu üben und zu kräftigen. Auch der Hauptmast blieb in
der Schlacht niedergelassen; denn Xenophon erzählt ferner, daß Jphikrates, wenn
er unterwegs landete, die Masten wieder aufrichten und von den Mastkörben
Ausschau halten ließ. Das kleine Segel des Vordermasies dagegen zog
man im Gefechte auf, um zu fliehen oder zu verfolgen. Livius veranschau¬
licht dies am besten in der Seeschlacht bei Korykus im Jahr 191 v. Chr-

"AIs der römische Feldherr die Schiffe des Antiochus nahen sah," schreibt
er, "ließ er die Segel einziehen, die Masten herablassen, das Takelwerk zu-
sammcnreffen und erwartetete die folgenden Schiffe. Schon waren ungefähr
dreißig im Ansegeln, mit welchen er, um dem linken feindlichen Flügel zu be¬
gegnen, mit aufgezogenen Focksegeln die hohe See zu gewinnen beschloß."

Der feindliche Feldherr Polyxenidcs versucht dann mit Hilfe derselben
Segel zu entkommen. Auch Appian erzählt von dem Ausgange einer See¬
schlacht zwischen Pompejus und Octavian: "Cäsars Sckiffe wurden genommen
oder verbrannt; ein Theil zog die kleinen Segel auf und fuhr davon nach
Italien." Eine interessante Stelle Senecas über die Handhabung der Segel
überhaupt lautet- "Nur den alexandrinischen Postschiffen ist es erlaubt (in der
Nähe des Landes) das Obersegel (Bramsegel) aufzuspannen, welches auf hohem
Meere alle Schiffe haben. Denn nichts unterstützt so die Fahrt als der oberste
Theil der Segel; von dort her wird das Schiff am meisten angetrieben. So oft


der Trierer besetzt werden konnten. Daß aber im Ganzen, besonders bei
der Kriegsmarine die Haupttriebkraft des Schiffes in die Ruder gelegt
wurde, zeigt sich aus der nur beiläufigen Benutzung des Windes und An¬
wendung der Segel, wodurch die griechisch-römische Sitte Aehnlichkeit mit
der modernen Dampfschifffahrt bekommt. Gewöhnlich hatten die Trierer und
auch noch größere Fahrzeuge zwei Mastbäume, deren jeder gewöhnlich nur
aus einem Baumstamme bestand. Der Hauptmast stand in der Mitte, der
Fockmast dem Vordertheile näher. Die Segel hatten Wohl meist viereckige
Form und waren der Dauerhaftigkeit wegen gitterartig mit Stricken durchnäbt.
Das dreieckige, sogenannte lateinische Segel, scheint viel späteren Ursprungs
zu sein und ist vielleicht nur als Obersegel früher in Anwendung gekommen,
wie sie allerdings schon die Griechen über den großen Segeln führten. Stand
aber eine Schlacht in Aussicht, so wurden im ganzen Alterthum die großen
Segel des Hauptmastes als Hindernisse herabgenommen, ja zuweilen irgendwo
auf dem Lande zurückgelassen. Es wird z. B. von Xenophon erwähnt, daß
dies Alcibiades that, bevor er den Admiral Mindaros verfolgte. Der Athener
Koror nahm sogar nach der Niederlage seiner Landsleute die großen Segel
von Lysanders Flotte in Lampsakvs weg, und auch Jphikrates ließ vor seiner
Fahrt nach Korfu die Hauptsegcl in Athen zurück und benutzte die Focksegcl
selbst bei günstigem Winde wenig, weil es ihm darum zu thun war, seine
Matrosen im Rudern zu üben und zu kräftigen. Auch der Hauptmast blieb in
der Schlacht niedergelassen; denn Xenophon erzählt ferner, daß Jphikrates, wenn
er unterwegs landete, die Masten wieder aufrichten und von den Mastkörben
Ausschau halten ließ. Das kleine Segel des Vordermasies dagegen zog
man im Gefechte auf, um zu fliehen oder zu verfolgen. Livius veranschau¬
licht dies am besten in der Seeschlacht bei Korykus im Jahr 191 v. Chr-

„AIs der römische Feldherr die Schiffe des Antiochus nahen sah," schreibt
er, „ließ er die Segel einziehen, die Masten herablassen, das Takelwerk zu-
sammcnreffen und erwartetete die folgenden Schiffe. Schon waren ungefähr
dreißig im Ansegeln, mit welchen er, um dem linken feindlichen Flügel zu be¬
gegnen, mit aufgezogenen Focksegeln die hohe See zu gewinnen beschloß."

Der feindliche Feldherr Polyxenidcs versucht dann mit Hilfe derselben
Segel zu entkommen. Auch Appian erzählt von dem Ausgange einer See¬
schlacht zwischen Pompejus und Octavian: „Cäsars Sckiffe wurden genommen
oder verbrannt; ein Theil zog die kleinen Segel auf und fuhr davon nach
Italien." Eine interessante Stelle Senecas über die Handhabung der Segel
überhaupt lautet- „Nur den alexandrinischen Postschiffen ist es erlaubt (in der
Nähe des Landes) das Obersegel (Bramsegel) aufzuspannen, welches auf hohem
Meere alle Schiffe haben. Denn nichts unterstützt so die Fahrt als der oberste
Theil der Segel; von dort her wird das Schiff am meisten angetrieben. So oft


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[0026] der Trierer besetzt werden konnten. Daß aber im Ganzen, besonders bei der Kriegsmarine die Haupttriebkraft des Schiffes in die Ruder gelegt wurde, zeigt sich aus der nur beiläufigen Benutzung des Windes und An¬ wendung der Segel, wodurch die griechisch-römische Sitte Aehnlichkeit mit der modernen Dampfschifffahrt bekommt. Gewöhnlich hatten die Trierer und auch noch größere Fahrzeuge zwei Mastbäume, deren jeder gewöhnlich nur aus einem Baumstamme bestand. Der Hauptmast stand in der Mitte, der Fockmast dem Vordertheile näher. Die Segel hatten Wohl meist viereckige Form und waren der Dauerhaftigkeit wegen gitterartig mit Stricken durchnäbt. Das dreieckige, sogenannte lateinische Segel, scheint viel späteren Ursprungs zu sein und ist vielleicht nur als Obersegel früher in Anwendung gekommen, wie sie allerdings schon die Griechen über den großen Segeln führten. Stand aber eine Schlacht in Aussicht, so wurden im ganzen Alterthum die großen Segel des Hauptmastes als Hindernisse herabgenommen, ja zuweilen irgendwo auf dem Lande zurückgelassen. Es wird z. B. von Xenophon erwähnt, daß dies Alcibiades that, bevor er den Admiral Mindaros verfolgte. Der Athener Koror nahm sogar nach der Niederlage seiner Landsleute die großen Segel von Lysanders Flotte in Lampsakvs weg, und auch Jphikrates ließ vor seiner Fahrt nach Korfu die Hauptsegcl in Athen zurück und benutzte die Focksegcl selbst bei günstigem Winde wenig, weil es ihm darum zu thun war, seine Matrosen im Rudern zu üben und zu kräftigen. Auch der Hauptmast blieb in der Schlacht niedergelassen; denn Xenophon erzählt ferner, daß Jphikrates, wenn er unterwegs landete, die Masten wieder aufrichten und von den Mastkörben Ausschau halten ließ. Das kleine Segel des Vordermasies dagegen zog man im Gefechte auf, um zu fliehen oder zu verfolgen. Livius veranschau¬ licht dies am besten in der Seeschlacht bei Korykus im Jahr 191 v. Chr- „AIs der römische Feldherr die Schiffe des Antiochus nahen sah," schreibt er, „ließ er die Segel einziehen, die Masten herablassen, das Takelwerk zu- sammcnreffen und erwartetete die folgenden Schiffe. Schon waren ungefähr dreißig im Ansegeln, mit welchen er, um dem linken feindlichen Flügel zu be¬ gegnen, mit aufgezogenen Focksegeln die hohe See zu gewinnen beschloß." Der feindliche Feldherr Polyxenidcs versucht dann mit Hilfe derselben Segel zu entkommen. Auch Appian erzählt von dem Ausgange einer See¬ schlacht zwischen Pompejus und Octavian: „Cäsars Sckiffe wurden genommen oder verbrannt; ein Theil zog die kleinen Segel auf und fuhr davon nach Italien." Eine interessante Stelle Senecas über die Handhabung der Segel überhaupt lautet- „Nur den alexandrinischen Postschiffen ist es erlaubt (in der Nähe des Landes) das Obersegel (Bramsegel) aufzuspannen, welches auf hohem Meere alle Schiffe haben. Denn nichts unterstützt so die Fahrt als der oberste Theil der Segel; von dort her wird das Schiff am meisten angetrieben. So oft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/26>, abgerufen am 27.09.2024.