Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.adligen Club seine Partie L'hombre spielte oder Stadtneuigkeiten besprach. Diese hatte nun nichts Angelegentlicheres zu thun, als die Aufgabe von adligen Club seine Partie L'hombre spielte oder Stadtneuigkeiten besprach. Diese hatte nun nichts Angelegentlicheres zu thun, als die Aufgabe von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0259" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188286"/> <p xml:id="ID_823" prev="#ID_822"> adligen Club seine Partie L'hombre spielte oder Stadtneuigkeiten besprach.<lb/> Seiner religiösen Denkweise nach huldigte er dem Rationalismus vulgaris,<lb/> und ward dabei von einer großen Todesfurcht beherrscht, die ihn namentlich<lb/> in Zeiten von Epidemien arg plagte. Im Jahre 1848 befolgte er, gleich<lb/> vielen seines Gleichen, die Politik, sich lange Zeit ganz still zu verhalten, da<lb/> ja sonst der richtige Cours leicht hätte verfehlt werden können. Später, im<lb/> September des Jahres 1848, hielt er es für zeitgemäß, sich dem constitutionellen<lb/> Vereine in Schwerin anzuschließen und von dieser Position aus eine Schwen¬<lb/> kung nach links oder nach rechts, je nach Umständen, sich vorbehaltend, dem<lb/> weiteren Laufe der Dinge zu folgen. Indessen veranlaßte ihn ein kleiner red¬<lb/> nerischer Unfall, der ihn in einer der ersten Versammlungen traf, sich bald wieder<lb/> von dem Vereine zurückzuziehen. Er wollte nämlich über einen auf der Tages¬<lb/> ordnung stehenden Gegenstand, die Gemeindeordnung, einen wohlvorbereiteten<lb/> längeren Vortrag halten, blieb aber bald in diesem Unternehmen stecken und<lb/> mußte unvollendeter Sache von der Rednerbühne abtreten, was für die Zuhö¬<lb/> rer wie für ihn selbst eine recht peinliche Scene war. Seitdem gab er den<lb/> Constitutionalismus auf und schloß sich an die Männer an, welche als Gegner<lb/> des constitutionellen Wesens auf dem Kampfplatz erschienen. Wie der Consti-<lb/> tutionclle, so war plötzlich und ohne einen Tag von Damaskus auch der Na¬<lb/> tionalist in ihm untergegangen, und er tauchte jetzt als orthodox-lutherischer<lb/> Dirigent der Kirchencommission hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_824" next="#ID_825"> Diese hatte nun nichts Angelegentlicheres zu thun, als die Aufgabe von<lb/> sich abzuschütteln, welche ihr zugewiesen war, und man kann nicht behaupten,<lb/> daß es sehr künstliche Wege waren, welche sie zu diesem Zwecke einschlug.<lb/> Statt einer Landessynode wurden der Oberappellationsrath v. Schröter und<lb/> der Professor Krabbe nebst etwa zwanzig andern von Kliefoth ausgewählten<lb/> Personen nach Schwerin berufen. Diese Versammlung, welcher der Name<lb/> „Kirchenconferenz" beigelegt ward, stand so sehr unter der Leitung der Kirchen¬<lb/> commission, von welcher sie berufen war, daß selbst die Bildung der Abthei¬<lb/> lungen und die Wahl der Berichterstatter dieser Abtheilungen unter der be¬<lb/> stimmenden Einwirkung jener Commission erfolgten. Schröter und Krabbe<lb/> waren die Berichterstatter. Was sie vorschlugen, wurde von der sogenannten<lb/> Kirchenconferenz unbedingt sanctionirt. Das Ergebniß war, daß die Conferenz<lb/> der Commission den von dieser gewünschten Unrath ertheilte, ihren Auftrag<lb/> nicht auszuführen, sondern vor allen Dingen dafür Sorge zu tragen, daß an¬<lb/> statt des provisorischen Organs für die Leitung der Kirche eine ständige Be¬<lb/> hörde als Organ der landesherrlichen Kirchengewalt geschaffen würde. Es hielt<lb/> nicht schwer, die Genehmigung des Großherzogs für diesen Plan, dessen Trag¬<lb/> weite man ihm verheimlichte, zu gewinnen. Im December 1849 ward die<lb/> Kirchencommission aufgelöst und ein „Oberkirchenrath" eingesetzt, dessen thcvlo-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0259]
adligen Club seine Partie L'hombre spielte oder Stadtneuigkeiten besprach.
Seiner religiösen Denkweise nach huldigte er dem Rationalismus vulgaris,
und ward dabei von einer großen Todesfurcht beherrscht, die ihn namentlich
in Zeiten von Epidemien arg plagte. Im Jahre 1848 befolgte er, gleich
vielen seines Gleichen, die Politik, sich lange Zeit ganz still zu verhalten, da
ja sonst der richtige Cours leicht hätte verfehlt werden können. Später, im
September des Jahres 1848, hielt er es für zeitgemäß, sich dem constitutionellen
Vereine in Schwerin anzuschließen und von dieser Position aus eine Schwen¬
kung nach links oder nach rechts, je nach Umständen, sich vorbehaltend, dem
weiteren Laufe der Dinge zu folgen. Indessen veranlaßte ihn ein kleiner red¬
nerischer Unfall, der ihn in einer der ersten Versammlungen traf, sich bald wieder
von dem Vereine zurückzuziehen. Er wollte nämlich über einen auf der Tages¬
ordnung stehenden Gegenstand, die Gemeindeordnung, einen wohlvorbereiteten
längeren Vortrag halten, blieb aber bald in diesem Unternehmen stecken und
mußte unvollendeter Sache von der Rednerbühne abtreten, was für die Zuhö¬
rer wie für ihn selbst eine recht peinliche Scene war. Seitdem gab er den
Constitutionalismus auf und schloß sich an die Männer an, welche als Gegner
des constitutionellen Wesens auf dem Kampfplatz erschienen. Wie der Consti-
tutionclle, so war plötzlich und ohne einen Tag von Damaskus auch der Na¬
tionalist in ihm untergegangen, und er tauchte jetzt als orthodox-lutherischer
Dirigent der Kirchencommission hervor.
Diese hatte nun nichts Angelegentlicheres zu thun, als die Aufgabe von
sich abzuschütteln, welche ihr zugewiesen war, und man kann nicht behaupten,
daß es sehr künstliche Wege waren, welche sie zu diesem Zwecke einschlug.
Statt einer Landessynode wurden der Oberappellationsrath v. Schröter und
der Professor Krabbe nebst etwa zwanzig andern von Kliefoth ausgewählten
Personen nach Schwerin berufen. Diese Versammlung, welcher der Name
„Kirchenconferenz" beigelegt ward, stand so sehr unter der Leitung der Kirchen¬
commission, von welcher sie berufen war, daß selbst die Bildung der Abthei¬
lungen und die Wahl der Berichterstatter dieser Abtheilungen unter der be¬
stimmenden Einwirkung jener Commission erfolgten. Schröter und Krabbe
waren die Berichterstatter. Was sie vorschlugen, wurde von der sogenannten
Kirchenconferenz unbedingt sanctionirt. Das Ergebniß war, daß die Conferenz
der Commission den von dieser gewünschten Unrath ertheilte, ihren Auftrag
nicht auszuführen, sondern vor allen Dingen dafür Sorge zu tragen, daß an¬
statt des provisorischen Organs für die Leitung der Kirche eine ständige Be¬
hörde als Organ der landesherrlichen Kirchengewalt geschaffen würde. Es hielt
nicht schwer, die Genehmigung des Großherzogs für diesen Plan, dessen Trag¬
weite man ihm verheimlichte, zu gewinnen. Im December 1849 ward die
Kirchencommission aufgelöst und ein „Oberkirchenrath" eingesetzt, dessen thcvlo-
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