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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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nun, ihr Speisen von zehnerlei Art!" und Alles, was sie befahl, kam sogleich
herbei.

Als sie abgegessen hatten, nahm der Königssohn heimlich einen Löffel weg
und steckte ihn in seinen Stiefel, Wie sie aber von der Tafel aufstanden, rief die
Hauswirthin zu seinem großen Schrecken: "Sage mir, Tisch, ob dudeln ganzes
Tischzeug hast?" Der antwortete: "ja!" "Sagt mir, ihr Löffel, ob ihr noch
alle tafelt!" Die aber sagten: "ja, bis auf einen!" und dieser rief: "ich stecke
in dem Stiefel des Gastes." Die Wirthin aber that, als habe sie es nicht
gehört, und fragte abermals: "hört, ihr Löffel, seid ihr noch alle da?" Da
warf der Prinz den Löffel heimlich weg und wurde dabei ganz roth. Sie aber
nef: "warum wirst du denn roth? ich habe wohl gemerkt, was du gethan hast,
doch du brauchst dich nicht zu fürchten; denn ich bin deine Frau, und so und
so ist es mir ergangen."

Da herzten und küßten sie sich, und jedes erzählte dem andern Alles, was
sich mit ihm seit ihrer Trennung zugetragen. Darauf befahl die Königin ihrem
ganzen Schlosse, sich nach der Hauptstadt ihres Gemahles auf den Weg zu
machen, und sogleich fing das an. nach jener Gegend hinzurücken. Als die
Leute in der Stadt hörten, daß ein großes Schloß herzuwanderc, liefen sie Alle
heraus, um dies mit anzusehn, und als dasselbe endlich stille stand und der
Königssohn mit seiner verlorenen Gemahlin heraustrat, entstand ein ungeheurer
Jubel, und sogleich begannen große Festlichkeiten, um ihre Rückkehr zu feiern.
Der Königssohn aber ließ die beiden Schwestern seiner Frau kommen und hieb
sie mit eigener Hand in Stücke und lebte von nun an glücklich und zufrieden
mit seiner Frau.




Die Partcibctveqnng der letzten Wochen.

Das Verbot der Wochenschrift des Nationalvereins und der Süddeutschen
Zeitung in Preußen hat, wie viel man auch von der Energie des gegenwärtigen
Ministeriums erwarten konnte, doch ungewöhnliches Aussetzn hervorgebracht. Die
Wochenschrift des Nationalvercins ist die Zeitschrift, weiche von den Gegnern
Preußens in Deutschland seit dem Tage ihres ersten Erscheinens als feindlich
betrachtet und als ein Blatt der preußischen Partei befehdet worden ist; die


nun, ihr Speisen von zehnerlei Art!" und Alles, was sie befahl, kam sogleich
herbei.

Als sie abgegessen hatten, nahm der Königssohn heimlich einen Löffel weg
und steckte ihn in seinen Stiefel, Wie sie aber von der Tafel aufstanden, rief die
Hauswirthin zu seinem großen Schrecken: „Sage mir, Tisch, ob dudeln ganzes
Tischzeug hast?" Der antwortete: „ja!" „Sagt mir, ihr Löffel, ob ihr noch
alle tafelt!" Die aber sagten: „ja, bis auf einen!" und dieser rief: „ich stecke
in dem Stiefel des Gastes." Die Wirthin aber that, als habe sie es nicht
gehört, und fragte abermals: „hört, ihr Löffel, seid ihr noch alle da?" Da
warf der Prinz den Löffel heimlich weg und wurde dabei ganz roth. Sie aber
nef: „warum wirst du denn roth? ich habe wohl gemerkt, was du gethan hast,
doch du brauchst dich nicht zu fürchten; denn ich bin deine Frau, und so und
so ist es mir ergangen."

Da herzten und küßten sie sich, und jedes erzählte dem andern Alles, was
sich mit ihm seit ihrer Trennung zugetragen. Darauf befahl die Königin ihrem
ganzen Schlosse, sich nach der Hauptstadt ihres Gemahles auf den Weg zu
machen, und sogleich fing das an. nach jener Gegend hinzurücken. Als die
Leute in der Stadt hörten, daß ein großes Schloß herzuwanderc, liefen sie Alle
heraus, um dies mit anzusehn, und als dasselbe endlich stille stand und der
Königssohn mit seiner verlorenen Gemahlin heraustrat, entstand ein ungeheurer
Jubel, und sogleich begannen große Festlichkeiten, um ihre Rückkehr zu feiern.
Der Königssohn aber ließ die beiden Schwestern seiner Frau kommen und hieb
sie mit eigener Hand in Stücke und lebte von nun an glücklich und zufrieden
mit seiner Frau.




Die Partcibctveqnng der letzten Wochen.

Das Verbot der Wochenschrift des Nationalvereins und der Süddeutschen
Zeitung in Preußen hat, wie viel man auch von der Energie des gegenwärtigen
Ministeriums erwarten konnte, doch ungewöhnliches Aussetzn hervorgebracht. Die
Wochenschrift des Nationalvercins ist die Zeitschrift, weiche von den Gegnern
Preußens in Deutschland seit dem Tage ihres ersten Erscheinens als feindlich
betrachtet und als ein Blatt der preußischen Partei befehdet worden ist; die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/153>, abgerufen am 27.09.2024.