Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.treter des mecklenburgischen Volkes mit seinem Landesherrn vereinbart worden, treter des mecklenburgischen Volkes mit seinem Landesherrn vereinbart worden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187589"/> <p xml:id="ID_372" prev="#ID_371" next="#ID_373"> treter des mecklenburgischen Volkes mit seinem Landesherrn vereinbart worden,<lb/> wurde von Diesem, von seinem Ministerium und vom ganzen Lande mit Freu¬<lb/> den begrüßt. Mit Ausnahme der wenigen rennenden Mitglieder der Ritterschaft,<lb/> welche das Aeußerste versuchten, um von den Zugeständnissen der alten Land¬<lb/> stände entbunden zu werden, war die ganze Bevölkerung von der Ueberzeugung<lb/> durchdrungen, daß die Vereinbarung des Staatsgrundgesetzes und erfolgte Auf¬<lb/> lösung der Ritter- und Landschaft auf völlig legalem Wege erfolgt sei. Wenn<lb/> nun durch die Cvmprvmißinstanz die rennenden Mitglieder der Ritterschaft mit<lb/> auswärtiger Hülfe es dahin zu bringen gewußt, daß unser allverehrter Landes¬<lb/> herr die gegebene Verfassung zurücknehmen mußte, so kann das Recht des<lb/> mecklenburgischen Volkes nicht alterirt worden sein. Dasselbe hat seine Zustim¬<lb/> mung nicht dazu gegeben, und besteht sein auf die gegebenen Versicherungen<lb/> und Landtagsbeschlüsse sich stützendes Recht fort. — Die traurigen Folgen jener<lb/> Cvmpromißinstanz hat das mecklenburgische Volt seitdem bis zum Ueber¬<lb/> maß empfunden. Die steigende und überhandnehmende Auswanderung, der<lb/> Verfall der Seestädte, die steigende Verarmung der Landstädte, die Vermin¬<lb/> derung der Ehen, die erschreckliche Vermehrung der unehelichen' Geburten und<lb/> des Verbrechens der Kindestödtung, die Theuerung der Lebensmittel und der<lb/> Mangel an Zufuhr der nothwendigsten Lebensbedürfnisse auf den Märkten<lb/> unserer Städte, und vieles Andere bezeugen dies zur Genüge. Hätten wir<lb/> unser Staatsgrundgesetz behalten, so wäre alles dies anders geworden. Dem<lb/> Arbeiter wäre damit die Möglichkeit gegeben, im Lande Grund und Boden<lb/> als Eigenthum zu erwerben und die Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu<lb/> erringen, die er hier vermißt und in Amerika findet. Der Bauer wäre freier<lb/> Besitzer seiner Hufe geworden, und hätte unbekümmert um guteherrliche Ein¬<lb/> flüsse, Kündigung und Abmeierung seinen eignen Grund und Boden bewirth¬<lb/> schaften tonnen. Das Recht der Theilvarkeit des großen Grundbesitzes hätte<lb/> die Verkleinerung der größeren Güter ermöglicht und vielen kleinen Capitalien,<lb/> die jetzt nach den benachbarten Ländern auswandern und dem Lande Millionen<lb/> an Capital entziehen, Gelegenheit gegeben, sich im Lande selbst anzusiedeln.<lb/> Dadurch und durch die Abtretung des Dvmanium wären die Mittel gegeben<lb/> zur Wiedererstehung des uns so. nothwendigen Mittelstandes. — Unsere Hand,<lb/> werter konnten dadurch die Vielheit bemittelter Kunden. erlangen, deren Mangel<lb/> hauptsächlich mit der Grund ihrer traurigen Lage ist. Der zahlreiche Mittel¬<lb/> stand auf dem Lande ist es, der in den kleinen Städten seinen Absatz sucht<lb/> und deren Erzeugnisse tauft. — Die Creirung der Gemeinden, die Abschaffung der<lb/> Patrimonialgerichte würde einem allgemein gefühlten Bedürfnisse entsprochen<lb/> haben. Mit der Aufhebung des Adels als Stand würde das Land, von dem<lb/> süßem Gegner seiner freiheitlichen Entwickelung befreit sein. — Das sind<lb/> außer vielem Andern die großen Vortheile, die uns die Einführung des Staats-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
treter des mecklenburgischen Volkes mit seinem Landesherrn vereinbart worden,
wurde von Diesem, von seinem Ministerium und vom ganzen Lande mit Freu¬
den begrüßt. Mit Ausnahme der wenigen rennenden Mitglieder der Ritterschaft,
welche das Aeußerste versuchten, um von den Zugeständnissen der alten Land¬
stände entbunden zu werden, war die ganze Bevölkerung von der Ueberzeugung
durchdrungen, daß die Vereinbarung des Staatsgrundgesetzes und erfolgte Auf¬
lösung der Ritter- und Landschaft auf völlig legalem Wege erfolgt sei. Wenn
nun durch die Cvmprvmißinstanz die rennenden Mitglieder der Ritterschaft mit
auswärtiger Hülfe es dahin zu bringen gewußt, daß unser allverehrter Landes¬
herr die gegebene Verfassung zurücknehmen mußte, so kann das Recht des
mecklenburgischen Volkes nicht alterirt worden sein. Dasselbe hat seine Zustim¬
mung nicht dazu gegeben, und besteht sein auf die gegebenen Versicherungen
und Landtagsbeschlüsse sich stützendes Recht fort. — Die traurigen Folgen jener
Cvmpromißinstanz hat das mecklenburgische Volt seitdem bis zum Ueber¬
maß empfunden. Die steigende und überhandnehmende Auswanderung, der
Verfall der Seestädte, die steigende Verarmung der Landstädte, die Vermin¬
derung der Ehen, die erschreckliche Vermehrung der unehelichen' Geburten und
des Verbrechens der Kindestödtung, die Theuerung der Lebensmittel und der
Mangel an Zufuhr der nothwendigsten Lebensbedürfnisse auf den Märkten
unserer Städte, und vieles Andere bezeugen dies zur Genüge. Hätten wir
unser Staatsgrundgesetz behalten, so wäre alles dies anders geworden. Dem
Arbeiter wäre damit die Möglichkeit gegeben, im Lande Grund und Boden
als Eigenthum zu erwerben und die Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu
erringen, die er hier vermißt und in Amerika findet. Der Bauer wäre freier
Besitzer seiner Hufe geworden, und hätte unbekümmert um guteherrliche Ein¬
flüsse, Kündigung und Abmeierung seinen eignen Grund und Boden bewirth¬
schaften tonnen. Das Recht der Theilvarkeit des großen Grundbesitzes hätte
die Verkleinerung der größeren Güter ermöglicht und vielen kleinen Capitalien,
die jetzt nach den benachbarten Ländern auswandern und dem Lande Millionen
an Capital entziehen, Gelegenheit gegeben, sich im Lande selbst anzusiedeln.
Dadurch und durch die Abtretung des Dvmanium wären die Mittel gegeben
zur Wiedererstehung des uns so. nothwendigen Mittelstandes. — Unsere Hand,
werter konnten dadurch die Vielheit bemittelter Kunden. erlangen, deren Mangel
hauptsächlich mit der Grund ihrer traurigen Lage ist. Der zahlreiche Mittel¬
stand auf dem Lande ist es, der in den kleinen Städten seinen Absatz sucht
und deren Erzeugnisse tauft. — Die Creirung der Gemeinden, die Abschaffung der
Patrimonialgerichte würde einem allgemein gefühlten Bedürfnisse entsprochen
haben. Mit der Aufhebung des Adels als Stand würde das Land, von dem
süßem Gegner seiner freiheitlichen Entwickelung befreit sein. — Das sind
außer vielem Andern die großen Vortheile, die uns die Einführung des Staats-
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